„Wir bleiben heute hier und feiern“, erklärte Ibrahim seinen sechs Glaubenskriegern. „Ali und Faruk schlachten sofort einen fetten jungen Hammel. Josip startet die Grillglut. Inzwischen bespringt ihr anderen drei reihum die Mutter. Die ist noch im gebärfähigen Alter. Ich schätze sie auf 30. Der Junge mag 14, das Mädchen 12 Sommer gesehen haben. Danach nichts mehr. Demnach kann es der Alte nicht mehr. Die Frau wird euch dankbar sein, mal wieder richtige Männer zu erleben. Macht sicher, dass wir sie geschwängert zurück lassen. Wenn wir wieder mal vorbei kommen, muss was Neues zum Mitnehmen da sein! Wenn ihr nicht mehr könnt, bratet ihr draußen den Hammel am Spieß. Ali, Faruk und Josip unterhalten dann die Frau und belustigen sie weiter. Wenn die ihre Kraft verschossen haben, kommt ab und zu einer von euch zurück. Ihr bedient das Weib weiter, auch die Nacht hindurch, bis keiner mehr einen hoch kriegt – verstanden Männer? Und missversteht mich bitte richtig! Wem das nicht zusagt, der darf sich draußen bei den Ziegen und Schafen bedienen!“
Grölendes Gelächter löste die letzte noch vorhandene Spannung. Er hatte seine Truppe im Griff. Kein Wunder, dass der Kaid ihn zum Anführer der Razzia ernannt hatte. Johlend und schmutzige Witze reißend machten sich seine Männer an die zugewiesenen Aufgaben.
Kurz blökte der Hammel, dann zappelte er mit durchgeschnittener Kehle Blut und Leben aus. Auch die Frau schrie nur kurz und wehrte sich, dann schrie sie nur noch, und dann auch das nicht mehr. Sie ergab sich den Männern, die sie mit überlegener Kraft auf ihr Lager zwangen, und sie für die folgenden 24 Stunden nackt und gebrauchsbereit darauf festbanden. Direkt neben ihrem Mann, der nun für 24 Stunden Hass triefend ihre Peiniger verfluchte. Die lachten belustigt und sorgten dafür, dass der machtlose gedemütigt genau dem Geschehen folgen konnte. Sie bestiegen seine Frau, grinsten ihn an, während sie aktiv waren, und zeigten ihm ab und zu übermütig ihre Zungen. Jeder gab sich besondere Mühe, dem Mann lauthals den Lusterfolg ins Gesicht zu stöhnen.
Jan stieg als erster von ihr herunter, steckte seinen Schlaffi ins Gewand, beugte sich nach Südosten und rief „Allahu akbar – dank sei Allah für diese gnädige Gabe!“ Das war eher Blasphemie, und war als ironischer Spaß gemeint. Eine Veräppelung seine islamischen Gefährten. Er hing eisern seinen slawischen Göttern an und verehrte noch immer Svarog. Nach Jans kultureller Ausprägung war nur sein Slawengott der echte Herr der Schöpfung. Flugs stellte er sich für den nächsten Durchgang hinten an.
Die anderen folgten reihum Jans Beispiel.
Den ganzen Tag, und auch die folgende Nacht hindurch wurde die nun Gebändigte und an ihr Lager Gefesselte, in Abständen erneut bezwungen und benutzt. Von ihren aus dem Haus entfernten Kindern bekam nur Seline etwas mit. Brutal gefesselt lagen sie abseits in der Scheune. Das Mädchen holten sie mehrfach zum Kochen. Sie lief und hing an der Leine, die Jan selbst dann nicht los ließ, wenn er ihre Mutter bestieg. So wie der hilflose Ehemann musste dann auch Seline das alles miterleben und zusehen. Ihr Vater wand sich, ebenso gefesselt wie seine Frau, neben ihr in hilflosem Zorn. Seine wütenden baskischen Verfluchungen verstanden die Krieger des Islam zwar nicht, ihren Sinn schon. Sie grinsten, lachten und verhöhnten den Gedemütigten, bis er schließlich heiser verstummte. Nun erklangen nur noch das schmerzbedingte Schluchzen von Tochter und Mutter, und die Lustschreie der Männer. Und ein um das andere Mal bedankten sie sich bei Allah, der ihnen einen so vergnüglichen Zeitvertreib als Gottesdienst gebot.
Ibrahim saß draußen am Feuer, über dessen Glut der Hammel schmorte. Er sah etwas bedrückt in die Flammen. Nachträglich kam ihm die Ahnung, dass auch er mit Feuer spielte. Eine Razzia war immer ein absolut nüchterner, ökonomisch bedingter Raubzug. Teil der Daseinserhaltung und der Versorgung mit Lebensmitteln. Lustvoll durchgeführt zur Erlangung von Sklaven, von Besitzgütern und von geraubten Tieren. Blitzschnell und überraschend zuschlagen! Die Anweisung für die Anfangsphase hatte er beherzigt. Am Ort des Überfalles zu verbleiben galt als Fehler. Er rechtfertigte sich vor sich selbst damit, dass er Jan kaum anders hätte unter Kontrolle bringen können. Jetzt hatte er dafür die Sorge am Hals, dass andere Basken den Überfall bemerkten. Das konnte denen die Möglichkeit in die Hand geben, seine kleine Räuberbande zu vernichten. Selbst wenn ihnen die Flucht gelingen sollte, der ökonomische Sinn der Razzia, die Beute war nicht zu sichern.
Seine Untergebenen ließ er unaufgeklärt. Es schien ihm wenig ratsam, die fröhlich hingegeben Werkelnden auch zu beunruhigen. Er selbst verharrte in einem Zustand höchster Wachsamkeit. Unauffällig kreiste sein Blick durch das Tal. Nichts zu entdecken. Der Tag verlief ohne Zwischenfälle. Blieb noch die Nacht. Für den raschen Abmarsch ließ er Vorsichtshalber die gesamte Beute einsacken, abpacken und unter dem Vordach an der Außenwand des Hauses ablegen. Die mitzunehmende Tierherde stand abends mitnahmebereit im Pferch.
Für die dunklen Stunden ordnete er Einzelwachen an. Ablösung stündlich. Stationiert im Schattendunkel der Scheune. Der fast volle Mond und eine sternklare Nacht erlaubten einige Sicht. Wichtiger war das Hören. Die wichtigste Wache nahm er selbst ein. Die gefährliche Stunde, ungefähr ab 03:00 Uhr, die Stunde der Razzia. Zu dieser Zeit hatte er selbst gestern zugeschlagen. Auch die ging ohne Störung vorüber. Er blieb, bis sich der erste Lichtstreif am östlichen Nachthimmel zeigte. Dann weckte er und befahl das Verladen der Beute und den Abmarsch.
***
3. Kapitel: Rückzug
Im ersten Frühlicht beugte sich der Anführer naserümpfend über den noch immer zum Paket verschnürten Bauern. Der lag stinkend in seinen Fäkalien, gleichzeitig von ohnmächtiger Wut und dem Ekel über seine beschämende Situation geschüttelt. Der Kaid sprach genügend Euskaldun. Es folgte eine zynische Verabschiedung:
„Wie schön, dass du an deinen Baskengöttern fest hältst, Ungläubiger! Die befehlen euch ja das Teilen mit den Bedürftigen. Wir haben selbstlos zu deinem Heil beigetragen. Du hast ausgiebig deine Frau mit uns geteilt. Ebenso deine Herde und deine Ernte. Dafür bekommst du sicher einen besonderen Platz in eurem Heidenparadies. Vielleicht aber wäre es klüger, wenn du dich fortan zu Allah bekennst, und dich dem Schutz unseres Emirs in Saragossa unterstellst. Als einem Gläubigen erlaubt dir Allah fortan, deine ungläubigen und heidnischen Stammesnachbarn auszunehmen, sie und ihre Familien zu versklaven. So kannst du dir wiederholen, was du heute mit uns geteilt hast. Wenn aber nicht, dann seid hübsch fleißig. Seid fruchtbar und vermehret euch. Wie das geht, haben wir ja dir und deinem Weibe nun beigebracht. Baue den Rest deiner Herde wieder auf, den wir dir lassen. Spann dein Weib vor den Pflug und bespringe sie weiterhin emsig, und nicht nur immer deine Schafe, wie das bei euch ja so üblich sein soll! Wenn wir das nächste Mal zu Besuch kommen, darfst du uns wieder gefällig sein und mit uns teilen!“
Brüllendes Gelächter seiner Männer folgte dem Hohn. Sie prüften noch einmal die Fesseln des Paares auf Haltbarkeit. Vorzeitige Befreiung konnte ihnen Verfolger auf den Hals bringen. Mit Beute beladen, war der Rückweg nur langsam und unter beschwerlichen Umständen zu bewerkstelligen. Umsichtig gab der Kaid seiner letzten Anordnungen. Der Frau fesselten sie Füße und die rechte Hand fast unlösbar aneinander. Es sollte möglichst viele Stunden dauern, bis sie diese durchgenagt hatte. Von den Ausschreitungen, dem Mangel an Nahrung und Trunk geschwächt, war sie kaum dazu in der Lage. Das sicherte ihnen einen weiten Vorsprung.
Im Eilmarsch, so rasch, wie die hemmende Beute es erlaubte, und ohne Rast und Ruhepause zog die kleine Karawane das Tal hinunter. Der Rückmarsch durch das feindliche Gebiet der Bergmenschen war der gefährlichste Teil einer Razzia.
Voraus führte Faruk die beiden Esel. Jeder trug zwei prallgefüllte Säcke Korn auf dem Rücken. An ihre Schwänze war, mit einem Strick um einen Vorderlauf, je eines der fetten Schweine angebunden. Darüber hatte es erneut Streit gegeben. Seine Männer weigerten sich erst, die unreinen Tiere mitzunehmen. Erst als er ihnen den Sinn begreifbar gemacht hatte, akzeptierten sie widerwillig die zusätzliche Last. Beute war das Ziel, und die Schweine konnte man für einen ordentlichen Preis an Ungläubige verkaufen.
Es war eine lästige und bockende Begleitung. Immerhin erwiesen sich die Esel als hilfreich. Wollten die