Die Pferdelords 03 - Die Barbaren des Dünenlandes. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750221437
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Der

      Bug war oben gerundet und wirkte eher stumpf und massig, nach unten

      hingegen lief er in einer langen Spitze aus, die mit dickem Eisenblech

      beschlagen war: Ein Rammsporn, der sich unter Wasser in den Rumpf eines

      feindlichen Schiffes bohren und ihn zertrümmern konnte.

      Die zwei Masten des Jagdschiffes ragten so hoch auf, wie dessen Rumpf

      lang war. Es hatte eine Besegelung, wie sie für die elfischen Schiffe typisch

      war, auch wenn sie sich als nicht so effektiv erwies. Die Masten waren nach

      vorne und hinten durch ein dickes Tau gesichert, welches vom Bug des

      Schiffes über die Masten hinweg zum Heck führte. An den Seiten der Masten

      führten keilförmige Leinenstränge zum Schiffsrumpf hinunter. Sie sorgten für

      seitliche Stabilität. Die Segel waren, wie auch der tödliche Rammsporn,

      tiefrot gefärbt und zeigten die jeweiligen Symbole der Korsarenstämme.

      »Wie ist er bewaffnet?«, fragte Lotaras neugierig.

      »Neben dem Rammsporn haben die großen Schiffe Katapulte und

      Pfeilschleudern. Mit den Katapulten werfen sie Steine oder Metallstücke, um

      die Segel des Gegners zu beschädigen oder sein Ruder zu treffen. Mit den

      Pfeilschleudern verschießen sie übergroße Pfeile, an die Leinen gebunden

      sind.« Rodas spuckte aus und blickte grimmig zum Korsarenschiff hinüber.

      »Treffen die Pfeile den Rumpf eines anderen Schiffes und verhaken sich

      darin, lassen sich die Gefährte so nah aneinander heranziehen, dass die

      Bastarde übersetzen und die Besatzung erschlagen können. Das ist ihnen

      lieber, als ein Schiff zu versenken, Bruder des Waldes, auch wenn sie keine

      Skrupel haben, dies notfalls zu tun. Aber die Segler stellen eine wertvolle

      Beute dar und noch mehr das, was sie in ihren Laderäumen mit sich tragen.

      Korsaren lieben Schiffe, Beute und Weiber, und zwar genau in dieser

      Reihenfolge.«

      Lotaras blickte unwillkürlich auf das Deck hinunter, wo seine Schwester

      Leoryn noch immer neben dem Kapitän und seinem Steuermann stand. Rodas

      spürte Lotaras’ Sorge und schaute ihn aufmunternd an. »Die bekommen uns

      nicht. Das hier ist die ›Sturmschwinge‹, Bruder des Waldes, ein Pfeilschiff.«

      Es sah auch ganz danach aus, als sei die Sorglosigkeit der Besatzung

      gerechtfertigt. Das Schiff der Schwarzen Korsaren bewegte sich fast parallel

      zu ihnen und begann langsam zurückzufallen. Es war offensichtlich, dass die

      Korsaren das Elfenschiff nicht einholen konnten.

      Doch dann stieß Rodas einen leisen Fluch aus und blickte mit

      zusammengekniffenen Augen auf das Deck hinunter. »Zweites Jagdschiff

      voraus! Will uns den Weg abschneiden!«

      Auch Lotaras sah nun den hinzugekommenen Zweimaster, der sich jedoch

      ein gutes Stück vor der »Sturmschwinge« und seitlich zu ihr versetzt befand.

      Selbst ihm, als einem mit dem Meer nicht vertrauten Elfen, wurde sofort klar,

      dass von diesem zweiten Schiff Gefahr ausging. Gischt sprühte an dessen Bug

      auf und verriet, dass es mit hoher Geschwindigkeit fuhr.

      »Es will uns den Weg abschneiden und uns zur Küste treiben«, knurrte

      Kapitän Herolas grimmig. »Unsere brave ›Sturmschwinge‹ wird fliegen

      müssen, um das zu verhindern. Aber wir werden zwischen dem Bastard und

      der Küste hindurchschlüpfen.«

      Gendrion stemmte die Füße aufs Deck und korrigierte die Lage des

      Ruders. »Das wird sie, Kapitän. Sie wird fliegen.«

      Es würde ein knappes Rennen werden, das erkannte selbst Lotaras, denn

      Gendrion blickte mit grimmiger Miene auf das prall gefüllte Segel der

      »Sturmschwinge«. Vielleicht wünschte er sich nun neben dem zusätzlichen

      Satz Stimmbänder, den er offensichtlich besaß, auch ein paar zusätzliche

      Lungen, um die Segel mit etwas mehr Wind füllen zu können. »Holt die

      Leinen straff, ihr Brüder der See«, brüllte der Steuermann. »Lasst die

      ›Sturmschwinge‹ fliegen!«

      Das Pfeilschiff war wirklich schnell. Auch an seinem Bug wurde nun

      Gischt aufgeworfen, und Wasser sprühte in feinem Nebel über das Vorschiff.

      Lotaras war unsicher, ob er oben auf der Aussichtsplattform bleiben sollte, die

      ihm immer wackliger erschien. Zugleich hatte er von hier jedoch einen

      faszinierenden Überblick über die Ereignisse. Oder besser einen

      erschreckenden, denn das zweite Jagdschiff der Korsaren kam beständig

      näher, während das erste immer weiter zurückfiel.

      Da hörte Lotaras auf einmal einen hallenden Schlag und fuhr zusammen.

      Zuerst glaubte er, der aufrüttelnde Laut sei durch das sich nähernde

      Korsarenschiff ausgelöst worden, aber Rodas wies zum fernen Horizont, wo

      Meer und Himmel ineinander zu verschwimmen schienen. »Jetzt wirst du

      bald beide Hände für dich brauchen, Bruder des Waldes. Der von Gendrion

      prophezeite Sturm kommt auf.«

      Am fernen Horizont verdunkelte sich der Himmel, und seine Farbe

      verwandelte sich von einem strahlenden Blau über ein helles Grau rasend

      schnell in ein tiefes Schwarz. Erneut ertönte der hallende Schlag, und nun sah

      Lotaras auch einen gewaltigen Blitz über das Firmament zucken, dem ein

      weiterer folgte. Der Wind wurde nun spürbar stärker, und trotz aller Neugier

      erschien es Lotaras angebracht, wieder das Deck des Schiffes aufzusuchen.

      Rodas Blick war keineswegs geringschätzig, als er Lotaras zunickte. »Denke

      daran, Bruder des Waldes, jetzt gilt für euch Waldbewohner: zwei Hände für

      euch selbst.«

      »Und ihr See-Elfen?«

      Rodas lachte. »Eine für die ›Sturmschwinge‹ und eine für uns. Wer sonst

      soll den Pfeil übers Wasser führen?«

      Plötzlich war der Sturm mit unerwarteter Heftigkeit da.

      Lotaras war von seiner Gewalt überwältigt und begriff, warum Rodas ihm

      geraten hatte, nurmehr seine beiden Hände für sich selbst zu gebrauchen. Der

      Wind