Vier Tage. Erich Puedo. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Erich Puedo
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752907322
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und Shorts über ihrem Bikini und das T-Shirt ist von ihren Haaren und ihrem Bikini schon ein bisschen nass. Junge, Junge. Die anderen Surftouristen und Einheimischen in der Bar tun alle so, als wäre nichts. Bin ich der einzige, dessen Welt gerade stehen bleibt bei dem Auftritt von Nina? Und jetzt nicht hinstarren. Tu’ einfach so, als würdest du dich brillant mit Nassar und der namenlosen Schwedin unterhalten. Hauptsache nicht auf ihr nasses T-Shirt starren. Und sowieso nicht starren. Einfach mit den beiden unterhalten und nicht rübergucken. Was macht sie denn? Sie geht an uns vorbei. Sieht sie uns nicht? Soll ich was sagen? Sieht sie uns wirklich nicht? Also offiziell sehe ich sie auf jeden Fall mal nicht. Einfach weiter unterhalten. Am besten noch ein kleiner Witz, damit es so aussieht als hätten wir hier richtig Spaß. Ah, sie geht zur Bar und bestellt sich etwas. Nicht starren. Hat sie uns denn nun gesehen? So schwer ist das ja wohl nicht. Hier sind ja nicht mehr als 50 Menschen auf der Wiese und an der Bar zusammen. Holger, nicht starren. Sie hat sich umgedreht. Sie hat einen Mojito. Sie kommt zu uns. Einfach weiterreden. Nicht starren!

      Und sie kommt genau richtig. Nassar steht mit dem Rücken zu ihr und flirtet mit der Schwedin. Sie muss also gleich mit mir reden. Nicht so debil lächeln jetzt. Immer locker bleiben.

      »Hi.«

       »Hi und Prost.«

      »Prost.«

       »Du, entschuldige wegen eben.«

      »Entschuldige was?«

       »Na, wie ich mich gerade am Strand benommen habe.«

      »Häh? Wie denn?«

       »Na wie so ein kleines Kind zu Weihnachten oder wie so eine Schickse, die sich gerade ihr vierzehntes Gucci-Handtäschchen gekauft hat. Ich hasse es, wenn ich so überdreht bin.«

      »Ich fand es süß.«

       »Ich bin nicht süß, du Macho. Ich bin eine lässige Kiterbraut.«

      »Na, das ging schnell.«

       »Was ging schnell?«

      »Na die Transformation zur Kiterbraut.«

       »Na klar. Und es war sooooo geil... Aber ich sage nichts mehr.«

      »Nun hab’ dich mal nicht so. Es ist geil. Das darf auch mal ausgesprochen werden.«

       »Wie war er denn, dein Tag?«

      »Sensationell. Superwind. Ich war richtig lange auf dem Wasser. Habe stundenlang den gleichen Trick geübt und einfach nicht hinbekommen. Aber trotzdem ein sensationeller Tag.«

       »Hast du jeden Tag noch Spaß?«

      »Wenn der Wind so ist wie heute, dann könnte ich den Rest meines Lebens nichts anderes machen.«

       »Und wenn der Wind nicht so ist wie heute.«

      »Dann macht es meistens auch noch Spaß.«

       »Aber nur noch meistens.«

      »Na wenn gar kein Wind mehr ist, kann man ja immer noch hier rumhängen. Ist ja nicht so hässlich hier.«

       »Ich glaube, das ist einer der schönsten Orte, an dem ich je war.«

      »Bei mir das gleiche.«

       »Kommst du morgen wieder mit mir hier her?«

      Ich gehe mit dir überall hin.

      »Ich bin jeden Tag hier. Hast du morgen Kiteschule gebucht?«

       »Klar, die ganze Woche!«

      »Na dann, auf eine gemeinsame Woche am Strand.«

       »Prost. Was für ein poetischer Trinkspruch.«

      »Nicht schlecht oder? Und das bei dieser kitschigen Kulisse.«

       »Ja, genau. Prost.«

      »Auch ein schöner Trinkspruch.«

       »Kitebräute, brauchen keine coolen Trinksprüche, wir sind einfach cool.«

      »Seit wann seid ihr Bräute noch mal Kitebräute.«

       »Seit heute. Und nur, weil du ein paar Tage früher diesen Ort entdeckt hast, brauchst du nicht denken, du wärst etwas besseres. Wir sind hier so eine Kitesurferfamilie weißt du. Wir... «

      »Du Nina, sag’ mal, was hältst du davon, wenn wir morgen gegen 11:00 mit dem Kurs weitermachen und heute Abend...«

      Nassar... Verschwinde!

      »Hey Holger, are you coming to town with us tonight?«

      Die Schwedin. Was will sie denn von mir? Verdammt, eine Doppelintervention. Erst quatscht Nassar Nina an und stiehlt mir meine Gesprächspartnerin. Und jetzt muss ich auch noch Small Talk mit der namenlosen Schwedin machen. Woher weiß sie eigentlich meinen Namen. Und warum will sie unbedingt jetzt mit mir reden, es lief doch gerade mit Nina. Wie heißt sie denn? Eigentlich interessiert es mich null. Aber ich kann sie ja mal fragen. Dann sieht es wenigstens so aus, als wäre ich ein geselliger Typ...

      Eigentlich ja ganz nett, die Schwedin. Verdammt, den Namen habe ich direkt wieder vergessen. Sie ist sogar einigermaßen lustig, aber jetzt hätte ich gerne mal Nina zurück. Ich hole einfach mal vier neue Mojitos und dann wird sich das Small Talk-Karussell schon wieder drehen.

      »Oh, neue Drinks.«

       »Danke, Holger!«

      »Thanks and Cheers.

      »Prost.«

      »Prost.«

       »Prost.«

      Scheiße, schlechter hätte es nicht laufen können. Die Gesprächskonstellation ist genau die selbe. Jetzt einfach nicht anmerken lassen, dass ich enttäuscht bin. Ist doch die normalste Sache der Welt. Einfach weiter mit der namenlosen Schwedin reden. Mann, bin ich ein geselliger und lustiger Typ. Ich bin völlig entspannt... ich kann zumindest so tun. Jetzt einfach nur nicht ständig zu ihr rüberstarren. Einfach so tun, als würde ich mich ganz hervorragend mit der Schwedin unterhalten. Ganz einfach. Schaut Nina denn mal zu mir? Nicht rüberstarren! Nicht rüberstarren. Einfach nicht rüberstarren. Alles wird gut.

      Gut, dann eben der nächste Versuch.

      »Bin gleich wieder da.«

      Ich gehe auf’s Klo und danach muss ich die Schwedin einfach loswerden.

       »Ha! Dich kenn’ ich.«

      Nina! Sie kommt von der Frauentoilette. Nach mir losgegangen, aber gleichzeitig fertig. Keine Ahnung, wie Frauen das machen. Wahrscheinlich die fehlende Prostata. Aber muss ja kein Nachteil sein.

      »Setzen wir uns an den Strand?«

       »Und die anderen?«

      »Die Schwedin langweilt mich.«

       »Ja, ich weiß. Bei der ist nicht viel zu holen, außer dass sie eben Schwedin ist.«

      »Nein, nein. Es ist mir völlig egal, dass sie nicht gut aussieht. Sie ist einfach langweilig.«

      Ein bisschen hart das Urteil. Nicht gelogen, aber hart. Aber in der Not und zum Wohle der Gesprächspartnerwahl ist ein bisschen Übertreibung durchaus vertretbar, finde ich.

       »Und du denkst, ein Gespräch mit mir allein am Strand wäre spannender?«

      »Vielleicht. Lass’ es uns mal ausprobieren.«

       »Du Charmeur. Na dann los.«

      Sie nimmt den Weg, der hinter der Bar zum Strand geht, da kann uns keiner sehen. Hat sie entschieden, dass wir hier lang gehen, oder war ich das? Schwer zu sagen, wenn man nebeneinander