Die Pferdelords 06 - Die Paladine der toten Stadt. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750222038
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ihn und nahm Becher und eine

      Karaffe heraus. Während Elodarion auf einem anderen Stuhl Platz nahm,

      schenkte Tasmund ihnen allen ein. Garodem sah angespannt zu, wie Jalan an

      die große Karte trat, die an der linken Wand hing.

      Durch die großen Klarsteinscheiben der Fenster fiel helles Licht herein und

      hob jede Einzelheit der Karte hervor. Diese zeigte die Marken des

      Pferdevolkes und die angrenzenden Länder und war weitaus genauer und mit

      deutlich mehr Details versehen als die üblichen Karten der Menschen.

      Jalan-olud-Deshay trat nahe an die Karte heran, betrachtete sie eine Weile

      schweigend und nahm geistesabwesend den Becher entgegen, den Tasmund

      ihm hinstreckte. Als der Freund und Berater Garodems zurücktrat und sich

      neben den Pferdefürsten stellte, räusperte sich der Elf, wandte sich um und

      sah die Menschen ernst an.

      »Dies ist unsere Welt, meine menschlichen Freunde, und sie ist im

      Wandel, so wie alles im Wandel ist. Die Häuser der Elfen haben das

      Menschengeschlecht für lange Zeit begleitet. Vieles, was unsere Augen

      sahen, hat uns nicht gefallen. Euer kurzlebiges Wesen ist von Habgier und

      Machtstreben bestimmt; Ihr achtet zu wenig auf das, was die Natur Euch im

      Übermaß schenkt, und schätzt es nicht; Ihr vermehrt Euch und verbreitet

      Euch über das Land. Vom Standpunkt eines elfischen Wesens aus besehen,

      gibt es nur weniges, was für Euch spricht.«

      Garodems Augen verengten sich, und Tasmunds Blick nahm einen

      drohenden Ausdruck an. Doch Jalan hob beschwichtigend eine Hand und

      lächelte sanft. »Ich will Euch nicht beleidigen, meine Freunde. Es gibt

      natürlich auch Dinge, die ich an Euch schätze, denn sonst würde ich Euch

      nicht meine Freunde nennen. Wir Elfen sind mit solchen Bekundungen sehr

      sparsam, das wisst Ihr.«

      »Das ist wahr«, stimmte Garodem zu, und die beiden Pferdelords

      entspannten sich wieder. »Aber Ihr scheint nicht gerade eine hohe Meinung

      von uns Menschen zu haben, Freund Jalan.«

      »Ich bedaure das. Wir Elfen sprechen die Dinge aus, wie sie sind.« Jalan

      lachte freundlich. »Oder wenigstens, wie sie uns erscheinen. Falschheit und

      Lüge liegen uns fern. Ich war lange Zeit ein Gegner des Bundes zwischen

      Menschen und Elfen. Manches Eurer Reiche habe ich zerfallen sehen – nicht

      etwa bezwungen von einem äußeren Feind, sondern zersetzt durch Hass und

      Missgunst untereinander. Als der Schwarze Lord sich erhob, traten die

      elfischen Häuser an die Seite der Menschen, um den gemeinsamen Feind zu

      bezwingen. Heute weiß ich, dass diese Entscheidung richtig war. Es gibt

      Menschen, an deren Seite man dem Tod unbekümmert entgegentritt. Ihr,

      Garodem, und Ihr, Tasmund, gehört dazu.«

      »Und Nedeam?« Garodems Stimme war leise.

      Jalan-olud-Deshay zögerte mit der Antwort. »Das wird sich rasch

      erweisen, Garodem, Fürst der Hochmark. Nein, stellt nun keine Frage. Nur

      Marnalf kann darüber entscheiden.«

      »Was, bei den Finsteren Abgründen, geht hier vor?«, fragte Tasmund

      grimmig. »Nedeam ist der Erste Schwertmann der Mark. Ein wahrer und

      aufrechter Pferdelord. Das hat er oft genug bewiesen.« Tasmunds Stimme

      wurde kalt. »Unter anderem auch im Kampf um Euer Haus, Herr Elf.«

      »Ich kann den Zorn in Euch spüren, Pferdemensch Tasmund.« Jalan löste

      sich von der Karte und trat auf Tasmund zu, wobei er die offenen

      Handflächen zeigte als Zeichen des Friedens. »Doch zürnt mir nicht, Hoher

      Herr Tasmund. Ich trage keine Schuld an dem Schicksal, das Eurem Volk

      bestimmt ist.«

      »Seht es mir nach, Ihr Hohen Herren«, stieß nun Garodem hervor. »Ich bin

      ein einfacher Krieger und an offene Worte gewöhnt. Sprecht gerade heraus,

      was vor sich geht. Gilt Euer Besuch meinem Ersten Schwertmann oder der

      Mark?«

      »Ich will es Euch erklären, so gut ich kann.« Jalan nahm die Karaffe vom

      Schreibtisch und schenkte sich nach. Nachdem er an seinem Becher genippt

      hatte, trat er erneut zur Karte. »Wie Ihr wisst, werden die Häuser der Elfen

      das Land verlassen. Schon lange beabsichtigen wir, zu den Neuen Ufern

      aufzubrechen. Nun, da unser Volk über das notwendige Wissen verfügt, ist es

      so weit.« Er sah in die Augen der Menschen und nickte. »Ja, es ist so weit.

      Die Häuser der Elfen gehen fort. Zwei sind schon auf der Reise über das

      Meer, und die anderen werden rasch folgen.«

      »Wie rasch?«, fragte Garodem.

      »Zur Wende des kommenden Jahres werden die letzten von uns Elfen

      aufgebrochen sein.«

      »So rasch?« Tasmunds Stimme klang bestürzt.

      »Ich kann Eure Sorge verstehen, Tasmund.« Elodarion seufzte schwer.

      »Ich weiß, dass dann die Last, die wir bislang teilten, allein auf Euren

      Schultern liegt. Es ist nun an den Menschenreichen, dem Schwarzen Lord zu

      widerstehen.«

      »Bei den Finsteren Abgründen«, murmelte Garodem mit tonloser Stimme.

      »Ich dachte, es bliebe uns noch mehr Zeit.«

      »Der Moment ist gekommen.« Jalan blickte auf den Boden. »Das Zeitalter

      der Elfen ist vorbei und das der Menschen ist angebrochen.«

      »Oder das der Orks«, stieß Tasmund heiser hervor. »Verdammt, der

      Schwarze Lord ist noch lange nicht geschlagen. Seine Legionen stehen an den

      Grenzen und werden immer stärker.«

      »Wir haben gehofft, Ihr Elfen würdet uns zur Seite stehen«, warf Garodem

      leise ein. »Es wird schwer sein ohne Euch.«

      »Es geht nicht anders. Wir müssen gehen, Garodem, Pferdefürst.« Jalan

      wandte sich der Karte zu und legte seinen Finger auf eine der eingezeichneten

      Regionen. »Wenn wir Elfen das Land verlassen, wird sich manches ändern.

      Die Kraft der Menschen wird entscheiden, ob zum Guten oder zum