Die Pferdelords 05 - Die Korsaren von Umbriel. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750221918
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      Pferdevolkes genannt hatte. War es die Erinnerung an das grauenvolle

      Schicksal, welches das Haus Deshay beinahe vernichtet hätte, oder bewegte

      etwas anderes die junge Frau?

      Vor vielen Menschenaltern, zur Zeit des Ersten Bundes, den die Häuser der

      Elfen mit den Königreichen der Menschen geschlossen hatten, hatte sich das

      Haus Deshay auf den Krieg vorbereitet. Aber ein Verrat jener Grauen Magier,

      die man einst auf der Seite des Lichts gewähnt hatte, die jedoch den

      Verlockungen des Schwarzen Lords verfallen waren, hatte das Haus Deshay

      fast widerstandslos überwältigt. Dessen Krieger waren unter den Bann der

      Zauberer geraten, und so blieben die Frauen und wenigen Kinder über viele

      Jahrtausende der Willkür der Finsternis ausgesetzt. Zu der Zeit, als das Haus

      überwältigt wurde, hatte Llaranas Geburt kurz bevorgestanden, und ihre

      Mutter hatte ihre Niederkunft hinausgezögert, da sie nicht wollte, dass

      Llarana in Finsternis aufwuchs. Aber die Macht des Schwarzen Lords und

      seines Gefolges, der Grauen Zauberer und der Legionen der Orks, war groß

      gewesen, und Llaranas Mutter begann ihrem Zauber zu verfallen. So gebar sie

      in ihrer Not Llarana, kaum fünfhundert Jahreswenden bevor schließlich ein

      Menschenwesen namens Nedeam und seine Gefährten das Haus erlösen

      sollten. Leoryn kannte Nedeam gut und wusste, dass er bei einem Kampf in

      engsten Kontakt mit einem der Grauen Wesen geraten war. Sie ahnte, dass

      sich bei diesem Ringen auch ein geistiges Band zwischen dem

      Menschenwesen Nedeam und der Elfin Llarana gespannt hatte. Leoryn

      konnte dies spüren, seit sie dem Abschied beider vor den Toren Merdonans

      beigewohnt hatte. Andere mochten es nicht bemerkt haben, aber Leoryn hatte

      die unterschwelligen Schwingungen deutlich gefühlt. Dachte Llarana in

      diesem Moment womöglich an das Menschenwesen Nedeam?

      »Sie wird sich bewähren.« Der kurze Satz des Gelehrten Mionas schreckte

      Leoryn aus ihren Gedanken.

      Mionas löste sich von der Reling. Die »Wellenvogel« war der Zufahrt nun

      so nahe, dass die Schatten der umgebenden Felsen auf sie fielen. »Sie wird

      sich bewähren«, sagte der Gelehrte nochmals. »Sie ist ein gutes Schiff. Ich

      habe die Last im Frachtraum überprüft, Kapitän Herolas. Ihr habt richtig

      daran getan, so viele Goldgewichte aufzunehmen. Das macht die Fahrt

      sicherer.«

      »Wir werden noch einige davon brauchen«, erwiderte der Kapitän

      lächelnd. »Es sollen noch viele Schiffe gebaut werden, und dafür benötigen

      wir jede Menge zusätzliches Gold.«

      »Das ist bereits angefordert«, versicherte Mionas. »Die Menschenwesen

      werden es uns liefern.«

      Jalan musterte den Gelehrten. »Wissen sie, welchem Zweck es dient? Dass

      wir mit seiner Hilfe zu den Neuen Ufern aufbrechen werden?«

      »Natürlich nicht.« Mionas schüttelte entschieden den Kopf. »Es würde sie

      nur beunruhigen.« Er lächelte sanft. »Die Menschenwesen mögen unsere

      Freunde sein, doch müssen sie nicht alles wissen.«

      »Hm.« Elodarion sah, wie der Schatten über das Schiff wanderte. Langsam

      und bedächtig tauchte die »Wellenvogel« in die Zufahrt und schob sich

      zwischen die Felsen, die steil zu beiden Seiten aufragten. »Sie werden es

      wohl erfahren, wenn sie das Gold herbringen. Dann werden sie die Schiffe

      sehen.«

      »Sie werden es nicht hierher bringen.« Mionas zuckte die Achseln.

      »Sondern nach Gendaneris. Dort holen wir es dann ab.«

      »Am Rückmast die Hauptsegel lösen«, befahl soeben Kapitän Herolas.

      »Gendrion, leg das Ruder mittschiffs. Gib Acht, dass uns die Strömung unter

      den Klippen nicht zur Seite drückt, wir haben noch wenig Fahrt.«

      Gendrion wiederholte die Anweisungen und murmelte dann irgendetwas

      von jungen, unerfahrenen Seeelfen. Die »Wellenvogel« begann sich leicht auf

      und ab zu bewegen, als der Wellengang an den Klippen sie traf. Der scharfe

      Bug teilte das Wasser, als würde er es zerschneiden, und ließ es dann in

      sanften Wogen an der Bordwand entlanggleiten.

      Leoryn legte ihre Hände auf die Reling. »Dieses Schiff ist das erste von

      vielen«, sagte sie leise und warf einen flüchtigen Blick auf ihren Bruder. »Sie

      werden rasch gebaut sein. Ich kenne den Fleiß der Elfen der See.«

      Lotaras legte seine Hand unmerklich auf die ihre. »Ja, die Reise zu den

      Neuen Ufern wird bald beginnen.«

      Seine Schwester seufzte leise. »Die Menschenwesen wissen, dass unsere

      elfischen Häuser eines Tages die alte Heimat verlassen werden, um zu den

      Neuen Ufern aufzubrechen. Aber sie ahnen nicht, wie nah dieser Tag schon

      ist. Wir sollten es ihnen sagen.«

      Lotaras räusperte sich beklommen. »Der Ältestenrat der Elfen in seiner

      unendlichen Weisheit wird gute Gründe dafür gehabt haben, es vor den

      Menschen verborgen zu halten.«

      »Vielleicht ist es wirklich so«, erwiderte sie zögernd.

      Als das Schiff langsam aufs offene Meer hinausglitt, empfanden sie beide

      dasselbe unbehagliche Gefühl.

      Kapitel 6

      Die alte Handelsstraße war schon lange vor der Zeit des Ersten Bundes

      angelegt worden und hatte die einstigen Handelsmetropolen der Königreiche

      miteinander verbunden. Sie war breit und mit großen Steinplatten gepflastert,

      damit sie auch bei schwieriger Witterung genutzt werden konnte. Doch die

      Zeit war nicht spurlos an ihr vorübergegangen. Erdreich hatte sich unter den

      vielen Lasten gesenkt und verdichtet, jedoch an einigen Stellen stärker als an

      anderen, und so wies der Weg gelegentlich Unebenheiten auf, wo Steinplatten

      abgesackt waren oder sich gehoben hatten.

      Über viele Jahrtausendwenden hatten die Füße und Hufe