Das Geheimnis der Keshani. Lina-Marie Lang. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lina-Marie Lang
Издательство: Bookwire
Серия: Die Ashara-Chroniken
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738075168
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dem eingestürzten Teil der Hütte bewegte sich etwas. Nadira machte sich bereit, ihr Ashara wieder einzusetzen, falls einer der Krieger noch nicht genug hatte. Aber es war nur Aurel, die versuchte durch die Felle zu klettern, die den Eingang verhingen.

      „Aurel, komm her", rief Nadira.

      Obwohl mehrere Dorfbewohner in Aurels Nähe standen, wagte niemand es, sie aufzuhalten. „Sie wollten mich behalten", sagte Aurel. „Sie hatten mich in die Hütte geschleift und gesagt, ich müsste hier bleiben und eine von ihnen werden."

      „Keine Sorge, du bleibst nicht hier", sagte Nadira. Sie wandte den Blick zu ihren Gefährten. Die Krieger hatten Waffen gezogen und hielten die Dorfbewohner in Schach. Nadira hatte davon gar nichts bemerkt. Allerdings versuchten die Dorfbewohner auch nicht, sie anzugreifen.

      „Wir gehen. Und werden Aurel mitnehmen", sagte Nadira. „Wenn ihr versucht, uns daran zu hindern, wird Blut fließen." Nadira erkannte sich selbst nicht wieder. Wer war dieser Person, die kühl darüber redete, andere Menschen zu töten? Hatte diese Reise sie verändert?

      Der Älteste stand nur da und versuchte Nadira mit Blicken zu töten. Langsam zogen Nadira und die anderen sich zurück.

      „Wir sollten so schnell wie möglich unser Lager abbrechen und von hier verschwinden", sagte Nadira.

      „Wir können nicht weg", sagte Callanor. „Sie sind da draußen. Sie werden uns bei lebendigem Leib fressen."

      „Was sind das überhaupt für Dinger?", rief Brancus. „Ich habe so etwas noch nie gesehen. Sie sind … keine Lebewesen."

      „Niemand weiß, was sie sind", sagte Callanor. „Man weiß nur, dass sie gefährlich sind. Tödlich."

      „Ich glaube, wir haben gerade Wichtigeres zu tun, als diese Kreaturen einer Art zuzuordnen", sagte Nadira.

      Sie kamen ohne Zwischenfälle in ihrem Lager an. Allerdings fanden sie Dorfbewohner vor, die ihre Sachen durchwühlten.

      „Nehmt sofort die Hände von unseren Sachen weg", rief Brancus ihnen zu. Die Dorfbewohner zuckten zusammen, hörten aber nicht damit auf, die Sachen zu durchwühlen.

      „Wir sind im Namen des Ältesten hier", sagte einer. „Wir nehmen alles, was wir brauchen können, als Entschädigung, weil ihr die Guul zu uns gelockt habt."

      „Mir reicht es jetzt", sagte Brancus. Plötzlich schoss Feuer aus seinen Händen und traf den Dorfbewohner.

      Nadira griff sofort nach ihrem Ashara und löschte die Flammen wieder. „Lass das. Sie sollen verschwinden, aber wir werden sie nicht töten, wenn wir eine andere Wahl haben."

      „Sie rauben uns aus", rief Brancus.

      „Und daran werden wir sie hindern, aber nicht auf diese Art", sagte Nadira. Zu dem Dorfbewohner sagte sie: „Du hast gesehen, was passiert, wenn ihr nicht aufhört. Ich habe dir dein Leben gerettet. Nimm es und geh. Und wage es nicht, unser Eigentum mitzunehmen."

      Die meisten der Dorfbewohner hatten die Warnung verstanden, aber nicht alle. Sie versuchten mit einem Bündel Felle zu entkommen. Lledar und Tinju hinderten sie daran.

      „Lasst uns packen", sagte Nadira und machte sich sofort an die Arbeit. Dieses Mal war das Abbauen des Lagers noch chaotischer. Nicht nur, dass sie im Dunklen arbeiten müssten, sie mussten auch noch auf die Dorfbewohner aufpassen und auf die Kreaturen dort draußen. Doch schließlich hatten sie es geschafft. Nadira war nass geschwitzt vor Anstrengung und Anspannung.

      „Wir brauchen Licht da draußen", sagte Callanor. „Sonst überleben wir keine fünf Minuten.

      „Können wir Fackeln basteln?", fragte Darec.

      „Nein", sagte Callanor. „Wir haben nichts passendes dabei."

      „Bringen wir das Dorf in Gefahr, wenn wir Fackeln von hier nehmen?", frage Nadira.

      „Sie können die Fackeln ersetzen", sagte Callanor. „Sie haben genug."

      „Bist du sicher?"

      Callanor nickte. „Ganz sicher. Sonst könnten sie nicht überleben."

      „Dann nehmt euch Fackeln. Aber nehmt sie nicht alle von derselben Stelle. Sonst machen wir ein großes Loch in ihre Verteidigung."

      Jeder nahm sich eine Fackel und sie steckten die andern so um, dass keine Lücke entstand. Die Dorfbewohner würden den Ring dann an dieser Stelle wieder schließen. Nadira ließ auch noch einige Felle zurück, als Entschädigung für die Fackeln.

      Dann ritten sie davon in die Nacht. Wohl wissend, dass dort draußen gefährliche Monster nur darauf warteten, sie zu fressen.

      ***

      Nadira konnte die Angst, die die ganze Gruppe gefangen hielt, regelrecht sehen. Es handelte sich dabei nicht um eine Fähigkeit ihres Ashara, sondern die Angst war einfach so greifbar, dass sie jeder bemerkte. Außerdem hatte Nadira selbst Angst.

      Ständig sahen sie Bewegungen, schattenhafte Gestalten, die sich gerade außerhalb des Lichtscheins ihrer Fackeln hielten. Sie hörten schlürfende Schritte und immer wieder knurrte eine der Kreaturen. Es war ein tiefes Knurren, wie das eines Wolfes, ganz anders, als die hellen Schreie, die sie im Dorf gehört hatten.

      Vielleicht folgten ihnen andere Kreaturen, Wölfe vielleicht. Aber Nadira wusste, dass es nicht so war. Da, wieder ein Schatten. Sie war sich nicht sicher, aber sie hatte das Gefühl, dass diese Wesen humanoid waren. Sie schienen Arme und Beine zu haben und aufrecht zu gehen.

      Die Bewegungen der Schatten erschienen Nadira träge und unkoordiniert, aber immer wieder entdecke sie die Schatten auch vor sich. Entweder war hier eine wahre Armee dieser Kreaturen, oder sie waren schnell.

      Auch die Pferde waren nervös. Es war ein Wunder, dass noch keines davon durchgegangen war. Vielleicht erkannten sie instinktiv, dass sie keine Chance hatten, dieser Gefahr davonzulaufen. Nadira wäre selbst am liebsten davongelaufen, aber wohin? Sie wussten nicht, wo die Kreaturen waren und wo nicht. Sie wusste auch nicht, wie schnell sie waren. Würde das Licht einer einzelnen Fackel reichen? Oder war nur das Licht der Gruppe stark genug, um sie zurückzuhalten?

      „Meine Fackel geht gleich aus", sagte Aurel plötzlich.

      Callanor lies sich zurückfallen um Aurels Fackel zu kontrollieren. „Sie hat recht. Und auch die anderen Fackeln werden nicht mehr lange halten."

      „Was machen wir jetzt? Diese Dinger werden uns sofort angreifen, wenn das Licht aus ist." In Aurels Stimme schwang Panik mit. Nadira glaube, Tränen in ihrem Gesicht schimmern zu sehen. Sie konnte sich gut vorstellen, wie Aurel sich fühlte, noch schlimmer als sie selber. Und sie war selbst vor Angst kurz vor dem Durchdrehen.

      „Wir brauchen Stoff", sagte Callanor. „Den wickeln wir um die Spitze der Fackel, dann brennt sie länger."

      Sie hielten an. Sie suchten sich aus dem Gepäck verschiedene Kleidungsstücke heraus, die sie mehrfach mitgenommen hatten, und zerschnitten sie in dünne Streifen. Einen dieser Streifen wickelte Callanor um Aurels Fackel, die dabei erlosch. Aurel schrie vor Schreck auf.

      „Keine Sorge. Wir können sie mit einer der anderen Fackeln wieder anzünden." Genau das machte er auch, als er den Stoffstreifen gewickelt und befestigt hatte.

      „Sie kreisen uns ein", sagte Darec.

      Tatsächlich war die Dunkelheit um sie herum jetzt voller Bewegung. Eine große Menge der Kreaturen hielt sich direkt außerhalb des Fackelscheins auf. Unbewusst griff Nadira nach ihrem Ashara. Im letzten Augenblick, bevor sie ihre ganze Kraft entfesselte, beruhigte sie sich wieder. Jedenfalls soweit, dass sie die aufsteigende Panik wieder hinunterkämpfen konnte.

      Solange sie Licht hatten, waren sie in Sicherheit, jedenfalls halbwegs. Nadira durfte ihre Kraft jetzt nicht vergeuden. Wenn die Fackeln nicht lange genug hielten, würde sie sie brauchen. Sie atmete tief ein, ganz ruhig bleiben.

      „Brancus", rief Nadira. „Was siehst du?" Sie wollte wissen, was er mit seiner besonderen Fähigkeit erkennen konnte.