Totenwache 2.Teil. Tonda Knorr. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tonda Knorr
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742795571
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und schaute sie erleichtert und dankbar an.

      „…na klar haben wir das geübt. Was denkst du denn, wie nervös wir waren. Wir wussten doch nicht, ob du kommst.“

      „Soll heißen, ihr wart euch nicht sicher, ob ich klein beigebe.“

      Waschkows Blick wurde ein wenig ernster.

      „Nein Sarah. Wir wussten nicht, wie schwer es einem so liebenswerten Menschen wie dir fällt, zwischen Gefühl und Verstand zu unterscheiden.“

      „Hab ich Ihnen schon gesagt, dass Ihr Deutsch besser geworden ist?“

      „Hast du.“

      „Tja, nun bin ich ja hier. Scheinbar hat der Verstand gesiegt.“

      „Och, das glaube ich nicht. Vielleicht hat ja doch das Herz gewonnen.“

      „Wie auch immer“, unterbrach Kuntz zaghaft die Gefühlsduseleien. „Es wird Zeit.“

      „Gibt’s noch was, das wir wissen müssten?“, mischte Frank sich ein.

      Erbost drehte Kuntz sich ihm zu.

      „Willst du mir jetzt sagen, dass du dich noch nicht mit den Unterlagen beschäftigt hast?“

      „Doch, doch, ich meine zusätzlich noch was. Über diese Bank oder so?“

      „Nein! Alles was wir wissen, steht da drin. Eins muss ich euch aber noch…“

      „Ich habe was“, unterbrach Sarah die beiden.

      „Wie bitte?“

      „Na ja. Lisa, Lisa hat noch was gefunden. Nicht viel. Ich hab’s noch nicht gelesen. Aber sie hat wohl was gefunden.“

      „Lisa? Lisa Wenger, die da mit in Glostelitz war?“

      „Hm.“

      „Wo findet die sowas?“

      „Ich habe keine Ahnung. Ich wüsste nicht mal, wo ich suchen müsste, aber Lisa, die findet immer was.“

      Wohlwollend nickte Kuntz.

      „Na ja, arbeitet ja schließlich im Präsidium. Muss ja was draufhaben. Trotzdem, eins noch: Vergesst nicht, was ich euch vorgestern gesagt habe.

      Ansprüche stellen, heißt nicht Ansprüche zu haben. Lasst euch von dem ganzen Brimborium, den die da veranstalten, nicht beirren. Lasst das Wichtige nicht aus eurem Blick. Eine Bank ist eine Bank. Und nun haut ab. Ach Frank…, und du liest dir gefälligst die Unterlagen durch.“

      Frank nahm das Gesagte zur Kenntnis, erwiderte aber nichts. Eine gewisse Anspannung zwischen den Vieren war immer noch zu spüren. Wortlos machten sie sich auf den Weg. Auch die Verabschiedung war mehr förmlich als herzlich. Man beließ es beim Händeschütteln und einem zaghaften Kopfnicken. Die Abfertigung war hier in Tempelhof relativ unspektakulär. So hatte Sarah Zeit sich hin und wieder Kuntz zuzudrehen. Irgendetwas schien ihr noch auf der Seele zu brennen.

      „Warten sie. Ich muss nochmal zurück“, wandte sie sich an die Frau, die sie zum Flugfeld begleiten wollte.

      „Das geht nicht. Sie haben doch schon eingecheckt.“

      „Ich habe ja auch nicht gesagt, dass ich nicht mitfliege.“

      „Ja aber, sie sind doch schon durch die Sicherheitsschleuse.“

      Sarahs Mine verfinsterte sich.

      „Sehe ich wie ein Terrorist aus? Da hinten steht einer der höchsten Polizisten von Berlin. Ich komm doch gleich wieder.“

      „Naja, vielleicht ist der ja genau das Ziel ihres Anschlags“, erwiderte die Frau mit einem kurzen Augenzwinkern.

      Sarah ließ sich nicht beirren und machte sich auf den Weg zurück zu Kuntz. Ratlos drehte sich die Frau zu Frank.

      „Was soll das?“

      „Keine Ahnung, aber so ist sie.“

      Langsam bewegte sich Sarah auf Kuntz zu. Die beiden nahmen sich in den Arm, um sich nun doch herzlicher zu verabschieden.

      „Tut mir leid Bernhard. Ich glaube, ich habe mich vorgestern im Ton vergriffen. Ich sollte dir gegenüber mehr Respekt zeigen. Auch wenn mir das nicht gefällt, was du so von dir gibst.“

      „Danke. Danke dass du trotzdem gekommen bist. Wir brauchen dich da. Ich habe so ein ungutes Gefühl.“

      „Wem sagst du das. Dann sind wir ja schon mal zwei.“

      „Passt auf euch auf.“

      „Machen wir, verlass dich auf uns.“

      Sarah löste sich, wollte sich abwenden, verharrte aber noch kurz.

      „Wusstet ihr, dass die Schweiz eigentlich gar keine richtige Hauptstadt hat?“

      Ohne zu zögern und ohne den Blick von Sarah zu lassen, bejahten die Beiden ihre Frage fast im Einklang.

      „Ja!“

      „Warum wisst ihr so was?“

      Zaghaft musterten sich die Männer als müssten sie großartig nach einer Erklärung für eine Frage suchen, die für sie gar nicht zur Debatte stand.

      „Naja…, also ich weiß es, weil ich Politikwissenschaften studiert habe.“

      Mit einem zustimmenden Kopfnicken drehte sich Kuntz wieder zu Sarah.

      „Na und ich…, weil ich einer der Polizeidirektoren von Berlin bin. Da sollte man so was wissen.“

      „Ah, deshalb. Naja, da bin ich hier also wieder die doofe Nuss.“

      Sie lächelte den Beiden zu und verschwand. Die Männer verharrten noch für einen Moment, ihren Blick nicht von der Glastür lassend, durch die Sarah und Frank schon nicht mehr zu sehen waren.

      „Na? War das nun so schlimm?“

      „Wir werden sehen. Ich wusste gar nicht, dass du Politikwissenschaften studiert hast. Da lernt man sowas?“

      „Quatsch! Aber was hätte ich denn sonst sagen sollen.“

      „Sie hat übrigens Recht.“

      „Womit?“

      „Dein Deutsch ist besser geworden.“

      *

      Vertieft, Frank in die Unterlagen die er von Kuntz erhalten hatte und Sarah indem was Lisa ihr hat zukommen lassen, saßen sie nebeneinander und konzentrierten sich auf das, was sie zu lesen hatten. Die Maschine, gerade mal halbvoll besetzt, wenn überhaupt, schwebte ruhig vor sich hin. Es war noch früh am Tage, so dass der Geräuschpegel, der von mehr oder weniger miteinander kommunizierenden Menschen in so einem Flugzeug ausgeht, doch sehr angenehm war. Außerdem war es kein Ferienflieger, wo Hinz und Kuntz sich über ihre neuesten Urlaubseindrücke, meist ungefragt, austauschen wollten. Keine quengelnden Kinder und glücklicherweise auch keine halslosen, nach billiger Eau de Toilette müffelnden dickbeleibten Menschen, die ihren eilig in sich hineingeschlungenen Flugzeugfraß wieder in die paketbraune Tüte kotzten. Die paar Hanseln, die hier rumsaßen waren mehr damit beschäftigt, zu schlafen, Zeitung zu lesen oder irgendwelche mehr oder weniger wichtigen Unterlagen zu studieren, so wie auch Sarah und Frank. Bei vielen stand das Essen noch so wie von der Stewardess abgestellt auf den meist freien Tisch des leeren Nachbarsitzes. Das einzige was hier rotierte, war die Kaffeekanne oder die Finger auf den Tastaturen von diversen Laptops. Schien, als wäre das hier ein typischer Businessflug.

      Von Zeit zu Zeit blickte Sarah auf, schien nachzudenken oder rüttelte an ihrem Gurt herum in der Hoffnung, es irgendwie ein bisschen bequemer zu haben.

      „Man, die haben so viel Kohle, die hätten ruhig mal einen Privatjet springen lassen können.“

      Frank musterte Sarah.

      „So richtig mit Ledersesseln und Champagner?“

      „Ja! So was in der Art. Und die Chippendales als Stewarts.“