Erst im zweiten Schritt sollten Sie dazu übergehen, für sich selbst zu beschreiben, was Sie beobachtet haben. Dabei können Sie sich an den folgenden Leitfragen orientieren, auf die in den nächsten Kapiteln noch ausführlicher eingegangen wird:
Tun Sie die richtigen Dinge, d.h. sind Sie mit Arbeitsaufgaben beschäftigt, die der Arbeitgeber für wichtig hält und die Ihnen die Chance eröffnen, auf sich aufmerksam zu machen und sich zu bewähren?
Erledigen Sie die richtigen Dinge richtig, d.h. so, wie Ihr Vorgesetzter und andere relevante Personen es von Ihnen erwarten?
Nehmen Ihre neuen Kollegen Sie nach einer gewissen Zeit tatsächlich ins Team auf, oder spüren Sie Vorbehalte, werden Informationen nicht vollständig weitergegeben etc.?
Überfordern Sie Ihren Vorgesetzten mit Ihren Vorschlägen?
Welche Art von Dialog möchte Ihr Vorgesetzter mit Ihnen führen? Bevorzugt er klare Worte, oder empfindet er Direktheit eher als anmaßend, so dass Sie Ihre Wünsche eher indirekt anbringen müssen, um ihn nicht zu verschrecken?
Können Sie Ihre Stärken richtig ausspielen, oder sind Sie vorwiegend mit Aufgaben befasst, die Ihre Schwächen berühren? Wenn dem so ist: Gibt es eine Möglichkeit, das zu ändern?
Wer sind Ihre Fürsprecher? Wen können Sie ansprechen und um Unterstützung bitten, - und bei wem ist es "vergebliche Liebesmüh", so dass Sie sich nur aufreiben würden
Wie lässt sich die Kultur des Unternehmens am besten charakterisieren? Welche Verhaltensweisen sind erwünscht, und welche werden nicht so gern gesehen? Wie geht Ihre Abteilung mit Verbesserungsvorschlägen und Veränderungen um?
Gibt es Rituale, bei denen Sie nicht fehlen, Netzwerke, die Sie nicht übergehen dürfen oder gegen die man nur schwer ankommt?
Mit welchen Schwierigkeiten und Sorgen sehen sich Ihr Vorgesetzter und Ihre Kollegen konfrontiert? Haben Sie sich schon ausreichend in sie hineinversetzt, um sie zu verstehen, zu respektieren und effektiv beeinflussen zu können?
Tun Sie schon genug, um gute Arbeitsbeziehungen zu Ihren Vorgesetzten und Kollegen herzustellen? Welcher Art sind Ihre Arbeitsbeziehungen derzeit? Was könnten Sie unter den gegebenen Umständen noch mehr tun?
Etc.
Wenn Sie zu diesen und allen weiteren im Buch aufgeworfenen Fragen Informationen gesammelt und die Zusammenhänge für sich beschrieben haben, dann können Sie Ihre "Untersuchungsergebnisse" bewerten und daraus Handlungen zur Verbesserung Ihrer Situation ableiten. Sollte es in Ihrer Probezeit einmal zu krisenhaften Situationen kommen, so vermeiden Sie durch die Befolgung des vorgeschlagenen Schemas negative Emotionen wie Frustration, Enttäuschung, Ärger, Isolation, Hoffnungslosigkeit etc., die eine Enttäuschungsspirale in Gang setzen können, welche Sie Ihrer Handlungsfähigkeit berauben würde. Setzen Sie stattdessen auf eine ruhige Analyse der Situation nach dem oben beschriebenen Prinzip, aus der Sie gezielt Maßnahmen zur Verbesserung Ihrer Lage ableiten können. Gehen Sie immer kleinschrittig und überlegt vor, so dass größere Probleme erst gar nicht entstehen.
Ständige Verbesserung
Permanent Ihre Lage einschätzen und dann in kleinen Schritten mit gezielten Maßnahmen gegen Fehlentwicklungen vorgehen - so sorgen Sie dafür, jederzeit die Arbeitsbedingungen vorzufinden, die Sie benötigen, um positiv auf sich aufmerksam zu machen und die Probezeit zu bestehen.
Bedenken Sie, dass Sie während der Probezeit unter ständiger Beobachtung stehen und nicht unbegrenzt Zeit haben. Die Entscheidung über Ihre Weiterbeschäftigung fällt häufig schon nach etwa drei Monaten, ganz gewiss aber nicht erst am letzten Tag. Schon einige grobe fachliche Fehler in wichtigen Bereichen können das Urteil Ihres Vorgesetzten entscheidend negativ beeinflussen, insbesondere wenn Sie Ihre Fehler nicht als solche erkennen und nicht imstande sind, daraus zu lernen. Soziales Fehlverhalten, das mit der Kultur Ihrer Abteilung bzw. des Unternehmens nicht übereinstimmt, fällt sogar noch unangenehmer auf. Es kann eine so große Missstimmung bei Ihrem Vorgesetzten hervorrufen, dass Sie sogar bei ansonsten guten fachlichen Leistungen nicht in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Sie müssen verhindern, dass es zu einem negativen Vorurteil über Sie kommt, denn wenn es einmal gefällt ist, lässt es sich nur schwer revidieren.
Nutzen Sie alle Möglichkeiten, um gute Arbeitsleistungen zu erbringen und in den Augen Ihres Vorgesetzten als auch Ihrer Kollegen unverzichtbar zu erscheinen. Im zweiten Kapitel, "Tugenden für den Erfolg", werden Sie einige Möglichkeiten dazu kennenlernen. An dieser Stelle soll Ihnen nur ganz grob geraten werden, zu versuchen, aus jedem noch so kleinen Minus ein Plus zu formen, denn wenn Sie als engagiert und mit vielen kleinen, positiven Einzelleistungen wahrgenommen werden, "verzeiht" man Ihnen die gröberen Fehler leichter. Man sieht Sie dann gewissermaßen durch die rosarote Brille. Umgekehrt gilt das leider auch. Wenn Sie kaum auffallen und man Ihre Person über einen längeren Zeitraum nicht mit positiven Arbeitsleistungen in Verbindung bringen kann, dann wirken größere Fehler oder ein Tritt ins Fettnäpfchen gleich viel dramatischer. Achten Sie darum ganz unbedingt darauf, dass Sie niemals in eine abwartende Passivität verfallen, - aber natürlich ebensowenig in blinden Aktionismus.
Die Probezeit aktiv gestalten
"Hoffentlich bestehe ich die Probezeit!", so empfinden viele Anfänger im neuen Job, und sie sagen es sich sechs Monate lang wie ein Mantra vor. Das ist natürlich auch gut so, denn darin kommt der für den Erfolg nötige Antrieb zum Vorschein. Und dennoch haftet der darin enthaltenen Hoffnung auf eine positive Beurteilung durch andere auch irgendwie etwas Passives an, so als sei die Probezeit ein Schicksal, das man erdulden müsse, oder als sei es eine ganz besonders hohe Auszeichnung, weiterbeschäftigt zu werden.
Natürlich liegt die Entscheidung nicht bei Ihnen, ob Sie die Probezeit bestehen. Und selbstverständlich geht es ganz entscheidend darum, Erwartungen zu erfüllen, vor allen Dingen die Ihres Vorgesetzten. Doch die Erwartungen sind durch Sie formbar, ja oft sind Vorgesetzte sogar froh darüber, dass Sie mithelfen, Ihr eigenes Stellenprofil zu erarbeiten.
Wo Sie eingesetzt werden, hängt von Ihren ganz spezifischen Qualifikationen ab, und auch davon, wie Sie vor Ort in das Gefüge der Kollegen hineinpassen. Oft besteht eine viel größere Bereitschaft, als Sie es für möglich halten, Sie dort und in der Funktion zu beschäftigen, in der Sie sich wohlfühlen. Natürlich gibt es viele Jobs, bei denen Sie auf eine solche Flexibilität nicht hoffen dürfen, bei denen klar definiert ist, welche Aufgaben Sie übernehmen sollen und welche nicht. Aber selbst in diesen Fällen tun sich manchmal kleinere Spielräume auf, die genutzt werden können, um positiv aufzufallen und diejenigen Aufgaben zu übernehmen, die Ihnen selber am angenehmsten sind.
Es ist doch erstaunlich, dass die allermeisten Menschen im Beruf meinen, etwas müsse so sein, nur weil es in einer Stellenanzeige aufgeschrieben ist. Dabei ist unsere gesamte Umgebung eine einzige soziale Konstruktion, ja noch radikaler formuliert, eine Erfindung unseres Bewusstseins. Der Beruf macht davon keine Ausnahme. Die Wirklichkeit ist manchmal genauso real wie eine optische Täuschung, d.h. wir laufen Gefahr, etwas für wirklich oder unabänderlich zu halten, obwohl es das in Wirklichkeit nicht ist.
Es spricht nichts dagegen, dass Ihr Arbeitgeber Sie dort einsetzt, wo Sie sein möchten, auch wenn dafür leichte Änderungen oder Ergänzungen in Ihren Aufgaben erforderlich sind. Und wenn Sie etwas dafür tun, wenn Sie sich aktiv und überlegt dafür einsetzen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit beträchtlich an, dass es so kommt. Erwarten oder fest einplanen