Schaaf ermittelt. R.J. Simon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: R.J. Simon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738028898
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dann auch tat.

      Schaaf gefiel der breite saubere Strand, der nicht aus Sand, sondern aus grauen, runden Kieselsteinen bestand. Die sachten Wellen, die ans Ufer schlugen und der Ausblick auf das endlos scheinende Meer und die, in der gleißenden Sonne wehenden Palmen überall. Ja, das war schon sehenswert. Mit der gewählten Strecke konnte Bernaude seinem deutschen Kollegen imponieren.

      In Deutschland beherrschte der Spätherbst mit Frost und trübem Wetter das Land und hier lagen sogar noch vereinzelt Leute am Strand in der Sonne. Es gab keine brütende Hitze mehr, aber es war dennoch angenehm warm. Ein paar Stunden Fahrt und man befand sich in einem viel angenehmeren Klima. Erstaunlich!

      Kommissar Bernaude sprach in der Zeit kaum etwas. Er drehte sich nur manchmal zu Hauptkommissar Schaaf um, lächelte ihm wohlwollend zu und erfreute sich daran, dass seinen Gast die Gegend offensichtlich beeindruckte.

      Die französischen Kollegen setzten Kriminalhauptkommissar Schaaf genau vor dem Eingang zu seinem Hotel ab. Schon von außen erkannte er: Sein Chef Herr von Bredow hat sich nicht lumpen lassen. Er überwand tatsächlich seine eigene Natur und ließ Großzügigkeit walten. Diese ungewohnte, zuvorkommende Verhaltensweise war also mit ihrem Gespräch, welches Schaaf schon ungeheuer erstaunte, nicht beendet. So würde sich Schaaf seinen Chef gerne immer wünschen, ahnte aber, dass der Zustand eine absolute Ausnahme blieb.

      Das Entree war einladend, pompös und mit viel Glas und Chrom gestaltet. Alles tadellos und in Hochglanz. Es handelte sich natürlich nicht um eines dieser V.I.P. Luxushotels, wie sie überwiegend an der Promenade entlang standen, aber es war ein sehr schönes und gutes Haus.

      "Wir holen sie in einer Stunde ab? Reicht das?"

      "Ja das passt. Ich möchte mich nur ein wenig frisch machen und dann können wir los."

      "Bon. Dann in einer Stunde. Allez", rief Bernaude seinem Assistenten zu und sie fuhren davon, als ob sie zu einem Einsatz müssten. Wohl französisches Temperament, oder der überhöhte Testosteronspiegel von Jean-Claude Dupassier.

      Schaaf checkte in seinem Hotel ein, ließ sich sein Zimmer zeigen und packte dort seine Koffer aus. Sein Domizil für die nächsten zwei Wochen war sehr groß. Darin prangte ein ausladender Schreibtisch und gegenüber gab es eine kleine Sitzecke. Die Fenster waren ebenfalls großflächig und durch sie wurde der Raum mit dem südlichen Sonnenlicht geflutet. Im Flur fand Schaaf in einem geräumigen Schrank ein herausklappbares Bügelbrett mit Bügeleisen, wo man notfalls auch mal einen Anzug aufbügeln konnte. Alles nicht alt oder abgenutzt und sehr sauber.

      Bevor Schäfchen in das Duschbad ging, das sehr neu und modern ausgestattet war, rief er noch einmal kurz seine Frau an, um ihr auszurichten, dass er gut in seinem Hotel angekommen war und er sich anschließend mit dem Kollegen zum Essen verabredet hatte.

      Schäfchen stand pünktlich vor dem Hotel und wartete auf die französischen Kollegen, die ebenfalls genau zum verabredeten Zeitpunkt vorfuhren. Schaaf sprang in den Wagen und Dupassier steuerte ihn zu dem Lokal, in dem Bernaude einen Tisch für sie drei reserviert hatte.

      Zur Begrüßung empfing der Kellner die drei gleich mit Champagner und danach folgten sechs hervorragende Gänge. Das Menü bestellte Bernaude vor, damit keine Wartezeit entstand und sie recht schnell mit dem Essen beginnen konnten. Bei der Auswahl vertraute Bernaude auf sein Gefühl und hoffte dass alles Schaafs Geschmack traf.

      Nach dem obligatorischen Glas Champagner und dem "Gruß aus der Küche" begann das Entrée mit einem Avocadoschaumsüppchen. Weiter ging es mit einem Pilzcocktail auf einem Knoblauch-Kräuterspitzenbett, dem ein Fasanenfilet mit Roquefortsauce und Folienkartoffeln folgte. Danach noch eine Lachsroulade mit Honig-Senf Marinade und vor dem Dessert gab es eine Portion ofenwarmer Ziegenkäse auf einem Salatteller. Den Abschluss bildete ein Crepes, der wie ein Spitzhut auf dem Teller stand und mit kandierten Orangen übergossen war.

      Schaaf war begeistert und beeindruckt. Er, der von modernem Fastfood wie Burger, Hot Dogs oder Döner Kebab absolut nichts hielt, wusste solche Delikatessen aus erlesenen Zutaten zu schätzen. Die kamen Schaafs Geschmack von vorzüglichem Essen sehr entgegen. Alle Elemente des Menüs fanden sein Gefallen. Anders als die in Windeseile zusammengepanschten Happen zwischen zwei gummiartigen Brötchenhälften.

      Das Menü schmeckte köstlich und jeder einzelne Gang glich einem Meisterwerk. Es ging hier nicht darum sich schnell den Bauch zu füllen, sondern bei jedem Happen im Genuss zu schwelgen; die Aromen des Geschmacks am Gaumen zu spüren und die Sinne zu befriedigen. Der Koch verstand sein Handwerk und Schaaf liebte gutes Essen! Nach diesem hervorragenden Mahl, bei dem die Kompositionen jeweils eine Götterspeise für den Geschmackssinn und auch für die Augen waren, stieg in Schaaf eine leise Ahnung über das Leben hier auf. Die Menschen lebten in einer herrlichen sonnenverwöhnten Landschaft, es gab exzellentes Essen mit frischen Zutaten von dem fruchtbaren Land und direkt aus dem herrlichen Meer davor. Schäfchen vermutete, dass der Ausspruch ‚Leben wie Gott in Frankreich‘ an diesem Küstenstreifen geboren wurde.

      "Oh wie nobel", lobte er schon beim Champagner ohne zu erahnen welche Genüsse ihm bei der weiteren Speisefolge kredenzt werden würden.

      "Geht alles auf Spaß!"

      Schaaf lachte, verstand aber, dass Bernaude meinte, die Rechnung würde von der Behörde als Spesen übernommen. Er achtete dabei darauf, dass sein Gastgeber nicht den Eindruck gewann, er würde ihn auslachen. Das gelang ihm gut und er erklärte Bernaude, wie es auf Deutsch richtig hieß.

      Während dem Essen hatten Bernaude und Schaaf richtig Spaß. Von der ersten Minute an gab es keine Hemmungen, die ihr Kennenlernen ausbremste. Sie waren offen zueinander, verstanden sich nicht nur die Verständigung betreffend gut und somit gab es viel zu lachen. Auch wegen der oft falschen Wortwahl, die sich jeder beim Reden in der jeweils anderen Sprache leistete. Es war schön, dass sie gegenseitig über die Fehler lachen konnten. Ohne sich abzusprechen behielten die beiden bei, dass jeder jeweils in der Sprache des anderen plauderte, um diese damit besser zu erlernen. Also tickten sie auch in dieser Hinsicht im gleichen Takt.

      Dupassier verhielt sich wiederum sehr still. Er lachte auch nur selten mit. Das lag sicherlich zum einen daran, dass er nur ganz wenig Deutsch sprach, aber auch daran, dass er ein völlig humorfreier Mensch war. Denn zumindest die Späße, die Bernaude auf Französisch wiederholte, damit Dupassier sie verstand, hätten ihn doch erheitern müssen. Dupassier blieb aber auch dann humorresistent.

      Nach dem hervorragenden Essen, während dem sie exzellente französische Rotweine tranken, wurden einige Runden Anisée gereicht, die die Stimmung weiter anfachten. Zumindest bei Schaaf und Bernaude. Schaaf wehrte sich zuerst gegen den Schnaps, weil er diese Art von Alkoholgenuss eigentlich ablehnte. Trank dann aber doch fleißig mit. Dupassier nahm davon nur wenige und verweigerte meist, wobei er sogar ein freundliches Lächeln zu Stande brachte, denn der musste schließlich noch den Wagen fahren.

      Schaaf bedankte sich mehrfach bei seinem Gastgeber für die Einladung und ließ dabei seinem Entzücken für das Essen freien Lauf. Weil ihm dabei mangels des französischen Sprachschatzes abwechselnde Worte fehlten, gebrauchte er mehrfach dieselben.

      "Sie sind ja ganz vergeistert", freute sich Bernaude. "Keine Ursache, das habe ich gerne getun und es ist einfach normal."

      Sie lachten wieder laut und ungehalten, nachdem Schaaf seinen Kollegen berichtigte, dass es begeistert heißen müsse, und er ihm umschrieb, was vergeistert bedeutete. Den französischen Vokal dazu kannte Schaaf nicht. Machte die Bedeutung Bernaude jedoch durch die Umschreibung verständlich.

      Zu fortgeschrittener Stunde, bei der herrschenden ausgelassenen Stimmung, beschlossen Schaaf und Bernaude dann auch sich mit "Du" anzusprechen. Sie waren in den wenigen Stunden bereits zu Freunden geworden, sodass dieser Schritt nur konsequent war. Die gesellig machende Wirkung vom Alkohol spielte dabei natürlich auch eine gewichtige Rolle.

      Auch diese Entscheidung wurde mit einem Pastis besiegelt. Schaaf wunderte sich eigentlich über sich selbst. Denn dass er Alkohol in diesen Mengen trank, war eine große Ausnahme. Kriminalhauptkommissar Schaaf kannte man eher als Gegner von Alkohol. Er verteufelte ihn normal. Aber an diesem Abend passte der sogar für ihn. Und der Schnaps schmeckte Schaaf unerwartet gut. Vielleicht