Cuba Libre!. Klaus Muller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Klaus Muller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753180540
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hatte ausnehmen lassen.

      An der einen Wandseite eine Vitrine mit Fernseher, über dem ein Jesuskreuz hing, an der anderen Wand ein hellbraunes Sofa.

      Der Raum war nicht üppig, aber doch mit einer gewissen Gemüt­lichkeit eingerichtet. Gar nicht amerikanisch.

      Die Rollos waren halb heruntergezogen.

      Auf dem Sofa sah ich Jo liegen. Ich glaubte, er würde schla­fen.

      Neben seinen Kopf ein Stuhl, auf dem eine weiße Emaille Schüssel stand. Die Schüssel war mit Wasser gefüllt und über ihrem Rand hing ein Lappen. Seine ursprüngliche Farbe war noch als beige zu erkennen, obwohl er Großteils jetzt eine hellrote Färbung hatte.

      Es war jenes Rot, von dem man, ohne dass es jemand sagen musste wusste, was es verursacht hatte.

      Blutrot!

      Ein zweiter Lappen lag über Jo`s Augen.

      Lena setzte sich behutsam seitlich auf das Sofa, griff den Lappen, spülte ihn aus und tauschte ihn dann, nachdem sie ihn ausgedrückt hatte, gegen den über den Augen.

      Ich hörte Jo aufstöhnen, als der neue, kühle Lappen sein Ge­sicht berührte.

      Ich erkannte, dass man Jo bearbeitet haben musste. Irgendjemand hatte ihn übel zugerichtet.

      Ich trat neben das Sofa.

      "Wer ist das gewesen?" fragte ich knapp und beugte mich hin­unter, um den Lappen von seinem Gesicht zu nehmen.

      Ich wollte den ganzen Schrecken sehen. Und ich bekam genug!

      Lena schaute mit Tränen in den Augen hoch. Diese Frau, die ich für so hart hielt, dass ich dachte, sie könne gar nicht weinen.

      "Hast du noch nicht genug? Bitte geh doch jetzt!"

      Ich hockte mich neben sie und legte meine Hand auf ihre.

      "Lena, ein guter Freund von mir ist heute Nacht ermordet wor­den. Der, den ich hier untergebracht hatte. Er liegt jetzt tot in einem Schrankkoffer in meinem Büro, und ich weiß nicht ein­mal warum, geschweige denn wer es war."

      "Wir wollen nichts damit zu tun haben."

      "Ich wollte nicht, dass ihr da hineingezogen werdet."

      Sie stand auf und schaute mit ihren dunklen Augen auf mich. Ich hatte das Gefühl, das sie plötzlich noch älter war. Alles in ihr schien zu ver­zweifeln.

      "Hört diese Gewalt denn nie auf?!" fragte sie leise.

      "Ich bin mit meinem Vater und meiner Mutter in dieses Land gekommen, weil wir hier ein besseres Leben als in Italien ha­ben wollten. Ein Leben, das nicht voller Angst und Furcht sein sollte, in dem Kinder fröhlich aufwachsen können."

      Sie richtete ihren Blick zum Fenster.

      "Meinen Vater haben sie 1935 in Chicago erschlagen. Angeheuer­te Gangster haben ihn ermordet, als er vor der Fabrik stand und mit anderen gegen die Massenentlassungen protestierte. Glaubst du, es hat auch nur einen interessiert? Die Polizei hat nicht einmal versucht, den Schuldigen zu finden. Er hätte es provoziert wurde gesagt. - Und er hatte nur seine Arbeit gewollt, um uns satt zu kriegen. Wir gingen damals weg aus Chicago, wegen der Gewalt. Und jetzt stehe ich schon wieder am Bett von einem Mann, der zwar noch nicht ganz, so doch halb totgeschlagen wurde. - Ich werde nicht zulassen, dass diese Menschen ihr Werk vollenden."

      Es fiel mir schwer, etwas zu erwidern.

      "Genau das will ich verhindern. Diese Leute haben schon zwei Menschen ermordet und Jo so zugerichtet. Ich will verhindern, dass sie noch mehr anrichten."

      "Dann krieche in ein Mauseloch und mache Augen und Ohren zu!"

      Vielleicht stimmte was sie sagte. Würde ich mich jetzt in mei­nen Buick setzten, eine Badehose in den Kofferraum legen und für vier Wochen nach Florida zum Baden fahren, wäre sicher alles vor­bei.

      Doch ich wusste, Florida würde mich am Arsch lecken können. Und ein großer Schwimmer bin ich nie gewesen, schon gar nicht, wenn ich wusste, dass ein paar fette, stinkende Ratten irgendwo mit im Was­ser waren. Die würde ich erst einmal herausfischen, danach konnte man über alles reden.

      Jo griff zu dem Lappen auf seinem Gesicht und zog ihn etwas beiseite.

      Ich blickte in seine blutunterlaufenen, geschwollenen Augen.

      Er schaute zu Lena auf.

      "Lass uns allein", bat er.

      Sie betrachtete mich lange und ich spürte die tausend Vorwürfe ihrer Augen, bevor sie sich wortlos umdrehte und ging.

      Sie brauchte nichts zu sagen, ich verstand ihre Worte auch so.

      Jo klopfte mit seiner flachen Hand neben sich auf das Sofa und bedeutete mir so, mich zu setzen.

      "Setz dich hin Floyd, ich muss mit dir reden."

      Er stöhnte leicht auf, als ich Platz nahm. Wahrscheinlich hat­ten sie auch seine Rippen bearbeitet.

      "Das wird Lena nicht gefallen, Jo."

      "Du weißt wie Frauen sind"; kommentierte er knapp. „Sie wird sich wieder beruhigen.“

      Ich beschloss gleich zur Sache zu kommen.

      "Was ist passiert Jo?"

      Er stöhnte wieder auf.

      "Geht’s?"

      "Ja. - Als du ein paar Stunden weg warst, kamen drei Männer. Ein Weißer und zwei dunkelhäutige, - Hispanos oder so. Sie fragten nach dir und Harry."

      "Sie fragten nach mir?"

      "Ja, sie wussten Namen und alles. Ich sagte, ich würde nicht wissen wen sie meinten. Was dabei herauskam siehst du ja. Sie schlugen mich zusammen und schlossen mich im Abstellraum ein. Ich hatte nur Angst das sie auch Lena was antun. Aber sie hatte sich schon zum Schlafen hingelegt. - Alles Weitere habe ich nicht mitbekommen."

      Ich spülte den Lappen aus und legte ihn wieder auf seinen Kopf.

      "Harry haben sie bei mir abgeliefert, als Päckchen in einem Koffer, - tot!"

      Ich erzählte Jo von den Vorfällen in der "Blue Moon Bar".

      "Hast du einen von ihnen erkannt?"

      Er verneinte.

      "Gehören sie zu irgendeiner Gang aus der Stadt?"

      "Ich sagte doch, dass ich sie nicht kannte. - Und ich sage dir noch etwas Floyd, lass die Finger von dieser Sache!"

      Ich stand auf, um mir eine Zigarette anzuzünden.

      "Das sagst du mir? - Du, der hier in der Stadt alle kennt, den alle achten, egal für wen sie arbeiteten?"

      Jo atmete schwer.

      "Mich achten alle, weil ich immer wusste, wann ich aufhören muss. Glaub mir, ein guter Instinkt ist die beste Lebensversi­cherung in einem Dschungel. - Und bei Gott, diese Stadt ist schlimmer als die Wildnis."

      Die Zigarette schmeckte mir nicht mehr und ich drückte sie aus.

      "Ich denke du kanntest keinen von den Typen, wovor hast du also Angst?"

      Jo legte den Lappen in die Schüssel.

      "Setz dich wieder hin", flüsterte er "und gib mir eine Ziga­rette."

      Das glatte weiße Stäbchen passte nicht zu seinen geschwollenen, aufgeplatzten Lippen. Er inhalierte tief.

      "Warum ich Angst habe? - Ich will es dir sagen: Wenn ich nur an diese Typen denke, sträuben sich mir die Nackenhaare und es läuft mir kalt den Rücken herunter. Wenn du weitermachst, wird es eine Menge Tote geben. Oder wenn alle Glück haben nur ei­nen, - dich!"

      Ich lächelte. Es war nicht das erste Mal, dass mir der Tod pro­phezeit wurde.

      "Komm Jo, erzähl keinen Scheiß. Ich habe schon einige Fälle gehabt die brenzlich waren. Das ist nicht der Erste."

      "Aber