Traumwandler. Julia Skye. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Skye
Издательство: Bookwire
Серия: Traumwandler
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752915259
Скачать книгу
sondern tat, als würde ich meine Lasagne auseinandernehmen und inspizieren wollen. “Hmm”, murmelte ich und stopfte mir schnell ein paar Nudeln in den Mund.

      Ich merkte, wie auch mein Dad aufhorchte. “Hat sie dir nicht...gratuliert?” Es schien, als hätte er zuerst etwas anderes sagen wollen.

      Ich ließ mir Zeit, um zu kauen. Als ich geschluckt hatte, hatte ich schon meine Ausrede parat: “Ich hab mein Handy am Morgen meines Geburtstags verloren”, sagte ich. Ich hoffe, ihr wollt morgen nicht die Büsche schneiden…

      “Was ist mit einer Email?”, fragte Mum prompt.

      Ich zuckte die Achseln. “Noch nicht nachgesehen”, nuschelte ich und mied ihren Blick.

      Ich wollte gar nicht wissen, wie viele Emails Melody mir schon geschrieben hatte, seit sie sicherlich bemerkt hatte, dass ich mein Handy “verloren” hatte.

      Ganz zu schweigen von der unbekannten Nummer, die sicherlich auch meine Email hatte...was für ein Bild würde ich dieses Mal im Anhang finden? Ich, auf der Lichtung kniend? Oder gar ein Video, wie ich von dem Wolf davonrannte?

      Ich ließ mein Besteck sinken; mein Appetit war mir plötzlich vergangen.

      Meine Mum blickte auf; sie hatte vermutlich noch nie erlebt, dass ich meine Lasagne nicht ganz aß. “Ist wirklich alles okay, Rose?”

      “Ja”, erwiderte ich, meine Stimme ungewöhnlich hoch. “Ich...ich hab nur schon so viel im Flugzeug gegessen.” “Ich dachte, im Flugzeug bekommt man gar nichts mehr zu essen.” Mein Dad runzelte die Stirn und er und Mum tauschten einen Blick.

      Ups. “Ja… Caro hat noch ein paar Sachen davor gekauft”, sagte ich. Allmählich bekam ich Kopfschmerzen. Hieß das, ich musste gleich wieder in die Eiswüste zurück? Ich griff nach meinem Glas und schüttete mir ein wenig Wasser in die Kehle, in der Hoffnung, mein Blick würde sich dadurch wieder klären.

      Verdammt. Verdammt! Ich versuchte, zu atmen; doch langsam spürte ich, wie die Müdigkeit mich erneut überkam.

      Und dann hörte ich ein Handy vibrieren.

      Ich zuckte so hart zusammen, dass mein Stuhl über den Boden schrammte.

      Gleichzeitig bemerkte ich, wie meine Eltern erneut einen Blick tauschten. “Oh, das ist wohl meins”, hörte ich Dad sagen. Er war ein genauso schlechter Lügner wie ich, weshalb ich ihm seinen lässigen Ton nicht abkaufte.

      Rief Melody jetzt vielleicht sogar ihn an?

      Nun ja, solange es nicht mein Handy war, das Füße bekommen hatte und alleine hier herein gelaufen war, war das eigentlich schon genug für mich.

      Allerdings gefiel mir Mum’s Blick gar nicht. Sie starrte merkwürdig verbissen und fast schon wütend den Tisch an.

      Okay? Anscheinend war ich nicht die Einzige, die hier etwas zu verbergen hatte.

      An jedem anderen Tag hätte ich vermutlich nachgefragt. Doch heute war ich mir sicher, dass ich gar nicht wissen wollte, was die zwei beschäftigte. Ich hatte schon genug eigene Sorgen – und ich wollte unbedingt mit Caro reden.

      “Ist es okay, wenn ich nach oben gehe?”, wiederholte ich meine Frage von vorhin. Ich wusste, meine Eltern hassten es, wenn ich mich einfach vom Tisch erhob, ohne alles gegessen zu haben.

      Erneut überraschten sie mich. “Natürlich”, sagte Mum. “Du kannst später weiter essen, falls du noch Hunger hast.” Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich darauf getippt, dass der Blick, den sie mir zuwarf, beinahe erleichtert war.

      Ich nickte langsam und stand auf.

      Ich hatte das Gefühl, die beiden wollten brennend über etwas reden, was sie vor mir nicht tun konnten.

      Melody, bestimmt, redete ich mir zu, während ich nach oben lief. Dass es um die seltsame unbekannte Nummer ging, wollte ich mir gar nicht vorstellen.

      In meinem Zimmer angekommen, packte ich meinen Laptop und rief Caro an.

      Es war fast, als hätte sie meinen Anruf erwartet; bereits nach wenigen Sekunden erschien ihr Gesicht in meinem Bildschirm. “Rose?” Ihre Stimme klang fragend, fast vorsichtig.

      “Caro!”, stieß ich aus, im gleichen Ton wie ein Ertrinkender “Luft!” sagen würde. Ich bemühte mich, meine Stimme ein wenig zu senken – wer weiß, ob meine sich merkwürdig verhaltenden Eltern nicht vor der Türe lauerten.

      Sie hörte schon an meinem Ton an, dass etwas nicht stimmte. “Ist alles in Ordnung bei dir?”, wollte sie wissen.

      Auf einmal hatte ich einen Kloß in der Kehle. Langsam schüttelte ich den Kopf. “Ich weiß, das hört sich vermutlich vollkommen verrückt an -”, fing ich an.

      “Noch verrückter als dein Hysterieanfall im Flugzeug?”, unterbrach sie mich. Ich wusste, sie wollte mich vermutlich nur zum Lachen bringen.

      “Ja”, flüsterte ich. “Es ist nämlich wieder passiert.”

      Aller Humor war aus ihrem Gesicht verschwunden. “Passiert? Was meinst du?”

      Ich senkte meine Stimme ein wenig. “Ich bin… vorhin einfach umgekippt – und nein, ich habe keine Drogen genommen”, setzte ich noch hastig hinterher, damit sie nicht den falschen Eindruck bekam. “Ich war… ich weiß nicht, warum… und dann wieder der Schnee… und der Wolf – genau gleich wie vorher, als hätte jemand Pause gedrückt… und ich bin gerannt… dann war da das Blut – und der Wolf wieder… und er ist auf mich zugesprungen und dann bin ich wieder hier gewesen, weil meine Mum mich gerufen hat… oder vielleicht einfach so.”

      Während ich redete, spannen sich meine Gedanken schon weiter. “Aber wenn es so ist wie letztes Mal; was wenn ich wieder genau in dem Moment zurückkomme? Der Wolf ist auf mich zugesprungen… das heißt...” Ich schluckte. “Dass er mich frisst, wenn ich...”

      “Warte, warte, warte!” Caro musste beinahe schreien, damit ich endlich die Klappe hielt. “Von was redest du überhaupt?” Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber sie schien ein wenig blass geworden zu sein.

      Super, ich wollte gar nicht wissen, wie ich aussah.

      “Ich war… ich bin irgendwo hingegangen. Keine Ahnung, wie. Keine Ahnung, wo… Aber vorhin hat mich meine Schwester angerufen… ein paar Mal...”

      “Deine Schwester?” Ihre Stimme klang ungläubig.

      “Ja, und eine unterdrückte Nummer und die haben mir ein Bild geschickt von dem Wolf – und mir, wie ich im Schnee gekniet bin! Und das Blut war echt...”

      “Bist du sicher?”

      “Leider ja”, sagte ich. “Ich…” Ich rutschte ein wenig herum, weil mir die Position allmählich unangenehm wurde. Verflucht, ich hätte das Fenster öffnen sollen, es wurde langsam stickig hier.

      “Bist du sicher, dass du nicht nur geträumt hast?”, wiederholte sie, ihre Stimme genauso eindringlich wie am Flughafen.

      “Ja!” Ich schrie fast. Hastig senkte ich die Stimme wieder. “Verdammt, meine Hände waren selbst noch eiskalt, als ich schon wieder hier war!”

      “Aber…” Ich konnte beinahe zusehen, wie sich die Rädchen in ihrem Gehirn drehten. Sie war immer viel klüger als ich. Ich wusste, sie versuchte, das Ganze logisch zu betrachten. “Aber selbst wenn wir davon ausgehen, dass du irgendwie… einen krassen Traum hattest und vielleicht irgendwie irgendwo anders warst – wer hätte ein Bild davon machen können? Das Ganze sind immer noch deine Gedanken...”

      “Das heißt, du glaubst mir?”, wollte ich wissen. Ihre ganzen “vielleicht” und “wäre” gefielen mir gar nicht.

      Sie biss sich auf die Lippe. “Ich glaube dir, dass du denkst, das Ganze ist passiert. Aber vielleicht…vielleicht hat dir dein Gehirn einen Streich gespielt.” Sie sah an meiner Miene an, dass dies nicht meine erhoffte Reaktion war.

      “Rose.”