Mark Feller. Michael Bardon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Bardon
Издательство: Bookwire
Серия: Mark Feller
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742763556
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und der Durchsicht des Polizeiberichtes. Glauben Sie mir, die Tatortfotos … Gott, sie verfolgen mich noch immer und rauben mir nachts den Schlaf.

      Briegels Haltung straffte sich, während er mit leicht zur Seite geneigtem Kopf zu mir aufschaute.

      »Auf meine Veranlassung hin«, sagte er, »wurde vor knapp drei Wochen die ›Soko Menschhandel‹ gegründet. Ich will, dass Sie sich dort einbringen, Feller. Alle Vorwürfe gegen Sie wurden ausgeräumt und aus Ihrer Dienstakte eliminiert.«

      Seine kalten Augen musterten mich, während sich ein Lächeln auf sein Gesicht stahl. »Ihr Ruhestand ist hiermit offiziell beendet. Meine Gratulation. Seit heute sind Sie der neue Leiter dieser fünfköpfigen Sonderkommission.«

      -2-

      Mit einem leichten Fingerwisch über den Bildschirm versuchte der Pilot, das Set-up der Digitalkamera zu korrigieren. Äußerlich wirkte er ruhig und gelassen, eben wie ein Mann mittleren Alters, der mit seinem Smartphone aus purer Langeweile ein wenig herumspielte.

      Doch innerlich sah es ganz anders aus – die Anspannung drohte ihn aufzufressen. Er zwang sich zu einem Lächeln, während er weiterhin das verpixelte Bild auf seinem Smartphone anstarrte.

      Verdammt, so wurde das nichts. Irgendetwas stimmte mit der blöden Kamera nicht. Dabei hatte er sie erst heute Morgen gründlich gecheckt, als er die Drohne für den Einsatz vorbereitet hatte.

      Ein weiteres Mal wischte sein rechter Mittelfinger über den fünf Zoll großen Bildschirm. Nicht dass er noch mit einer Veränderung rechnete, aber die Hoffnung starb ja bekanntermaßen zuletzt.

      Moment! Jetzt tat sich was. Der Bildschirm flackerte, wurde schwarz, bevor er erneut zu flackern anfing.

      Die hochauflösende Digicam an der Unterseite der Drohne schaltete endlich in den Auto-Modus und das Bild auf seinem Smartphone wurde binnen eines Wimpernschlags kristallklar.

      Ein wenig verwundert, aber dennoch erleichtert, nahm der Pilot noch ein paar kleinere Veränderungen vor, bis er mit dem Ergebnis ganz offenkundig zufrieden war.

      Normalerweise bevorzugte er einen dieser Tablets, wenn er eine Drohne steuerte. Das war einfach komfortabler; man konnte die eingeblendeten Daten auf dem Tablet auch wesentlich besser ablesen.

      Dennoch hatte er sich heute für eine andere Möglichkeit entschieden. Er saß in einem belebten Café, da war das Smartphone die unauffälligere Alternative, keine Frage!

      Das Lächeln umspielte noch immer seine Mundwinkel, als er von dem kleinen Bildschirm aufblickte und versuchte, die gut aussehende Bedienung – sie hätte seine Tochter sein können – auf sich aufmerksam zu machen.

      Er brauchte noch einen Kaffee, und zwar dringend. Der Koffeinschub würde seine Nerven beruhigen und ihm dabei helfen, seine Gedanken auf die bevorstehende Aufgabe zu fokussieren.

      Sein Blick checkte den der Bedienung, während er gleichzeitig die anwesenden Personen der Reihe nach scannte: eine reine Vorsichtsmaßnahme, die ihm jedoch seit vielen Jahren in Fleisch und Blut übergegangen war.

      Wer nicht auf der Hut war, nicht überall und zu jedem Zeitpunkt mit dem Unmöglichen rechnete, der wurde in seinem Job nicht sehr alt.

      Fressen und gefressen werden. Eben war man noch der Jäger und eine Sekunde später fand man sich in der Rolle des Gejagten wieder. Er hatte das selbst schon erlebt – vor vielen Jahren, als er noch ein blutiger Anfänger war.

      Sein Blick schweifte weiter. Das trendige Café war gut besucht. Überall saßen Menschen, die sich miteinander unterhielten oder – so wie er – auf ihr Smartphone starrten.

      Für einen kurzen Augenblick verharrte sein Zeigefinger über dem Bildschirm, dann tippte er auf einen blauen Knopf, um die Steuerung der Drohne in das Kamerabild zu integrieren. Alles bestens, jetzt konnte es losgehen.

      Aus dem Augenwinkel nahm er die junge Bedienung wahr, die sich irgendwie anmutig zwischen den Tischreihen auf ihn zubewegte. Er signalisierte ihr, dass er noch einen Kaffee wünsche, sie nickte nur kurz und steuerte gleich darauf einen anderen Tisch an.

      Stressiger Job, dachte er, während sich seine Finger um das Aluminiumgehäuse seines Telefons schmiegten und er beide Daumen auf die Steuereinheit legte. Vorsichtig bewegte er die kleinen Joysticks, die auf seinem Bildschirm als silberne Symbole dargestellt wurden. Erst den linken, dann den rechten. Alles klar!

      Langsam hob die Drohne vom Boden ab. Das Bild auf seinem Smartphone veränderte sich, blieb jedoch auch weiterhin gestochen scharf.

       Gut so! So konnte es weitergehen.

      Sein linker Daumen tarierte die Flugbalance aus, während sein rechter Daumen für den Vortrieb der wendigen Drohne sorgte. Er studierte die eingeblendeten Daten – sie wurden klein, zu klein dargestellt.

      Geistige Notiz, dachte er. Das musst du vor der nächsten Mission unbedingt ändern.

      Meter um Meter stieg das todbringende Fluggerät in den Himmel. Als es die Fünfzigmetermarke passiert hatte, wagte der Pilot die ersten kleineren Flugmanöver.

      Alles in Ordnung! Die Drohne reagierte auf alle Befehle, die er von seinem Platz im Café zu ihr nach oben sandte.

      Am oberen Bildschirmrand seines Smartphones wurde ihm das Eintreffen einer Nachricht signalisiert. Der Text war kurz gehalten und bestand eigentlich nur aus wenigen Buchstaben, die ihm jedoch ein freudiges Grunzen entlockten. ›Freigabe‹

      Und ab geht die Post!

      Er korrigierte den Kurs und steuerte die Drohne ihrem Ziel entgegen.

       *

      Ich stand da und lauschte dem Nachhall von Briegels Worten. ›Meine Gratulation, Feller. Seit heute sind Sie der neue Leiter dieser fünfköpfigen Sonderkommission‹.

      Meine Gedanken überschlugen sich, während mein Verstand versuchte, die Worte des Staatssekretärs zu verarbeiten.

      »Ich sehe, Sie sind ein klein wenig überrascht«, sagte Briegel, dessen Mundwinkel sich amüsiert bewegten. »Ich habe das mit Ihren Vorgesetzten bereits alles besprochen, jedoch darum gebeten, Ihnen im Vorfeld nichts davon zu erzählen. Wissen Sie, ich wollte Ihnen die Nachricht selbst überbringen und mir ein eigenes Bild von Ihrem Zustand machen.«

      »Von meinem Zustand?«

      »Ja, von Ihrem geistigen und körperlichen Zustand«, nickte Briegel. »Sie wirken fit und ausgeruht. Das ist gut. Sie hätten aber genauso gut auch ein Wrack sein können, das vor lauter Selbstmitleid für diesen Posten ungeeignet gewesen wäre.«

      »Sie hätten sich den Weg sparen können, wenn Sie die psychologische Beurteilung, von Doktor Pleinfeld gelesen hätten.«

      »Das habe ich, Feller, das habe ich. Es ist nur so, dass ich mir lieber mein eigenes Bild von den Dingen mache. In diesem Punkt ticken wir beide wohl ganz ähnlich, denke ich.«

      Ich nickte, sagte jedoch nichts.

      Meine Gedanken – sie waren noch immer unsortiert.

      Eine weitere Windbö fegte über mich hinweg. Die Ulme, unter der ich stand, wiegte sich gemächlich im Wind; ich hörte das Rauschen der Blätter, blickte auf, und sah, dass der Baum sein verfärbtes Laub auf Julias Grab fallen ließ.

      Alles ist endlich auf dieser Welt, nichts ist für die Ewigkeit geschaffen, dachte ich, während ich unbewusst meine Schultern straffte.

      Briegels Angebot war ein Geschenk des Himmels. Um Julias Mörder zu fassen, brauchte ich wieder freien Zugang zu den Datenbanken des Bundesnachrichtendienstes. Und ein wenig Unterstützung seitens der Kollegen konnte schließlich auch nichts schaden, sagte ich mir.

      »Was sagen Sie, haben wir einen Deal?«

      Briegels Frage riss mich aus meinen Überlegungen.

      »Deal«,