Natur scheint das Andere zu sein und ist doch dem Geist gleich, der in ihr seine eigene Logik erkennt.
Möglicherweise ist es stärker eine Geschichte des Vollzugs, in dem Sprache Handlungselement in der Kommunikation oder Sakralelement im Sinne von Sprachmagie darstellt, weniger jedoch Ordnen von Begriffen oder Benennen von Sein und seinen Elementen. Im Handeln natursichtiger Völker der Gegenwart wie sie von Ethnologen untersucht, aber auch von Schamanen selbst bezeugt werden, spielt Sprache eine völlig andere Rolle als in der Welt der abendländischen Kulturtradition. Im Sinne unmittelbarer Präsenz im gegenwärtigen Augenblick, die durch Trancepraktiken verstärkt wird, werden alle Sinne geöffnet für die sinnerfüllte Wahrnehmung im außerbegrifflichen Raum, in dem das Wort einen Bestandteil des Tuns darstellt und beispielsweise dazu genützt wird, Bildwelten hervorzurufen, um unmittelbare Erkenntnisse zu ermöglichen und die Seele, den Geist und den Körper im Sosein zu erreichen, in Schwingung und somit in Wandlung zu versetzen, um Veränderung zu bewirken.
In der Interaktion mit dem begrifflosen Kind, das wie z.B. Selma Fraiberg oder Bruno Bettelheim untersuchten, was auch bereits Jean Piaget feststellte, in einer magischen Beziehungsstruktur von Welt lebt, die auch als Animismus bezeichnet werden könnte, ist Benennen stets performatives Setzen von Sprechakten, stets Vollzug, was mir aus der nahen Erfahrung im Umgang mit Kindern völlig vertraut ist. Ich weiß nicht, auf welchen Wegen John L. Austin zur Theorie der Performativität von Sprechakten gefunden hat, denn tatsächlich wird überall auf der Welt bei allen so genannten, ‚Magie’ praktizierenden Völkern bewusstes performatives Sprechen praktiziert, um Veränderungsprozesse in Gang zu setzen und Erwünschtes in der Welt zu materialisieren. Über diesen Weg haben performative Sprechakte auch Eingang in die Schrift und das Ritual der Weltreligionen gefunden, sind aber auch auf Theaterbühnen konstituierend, wo sie helfen ‚Fiktion’ zu realisieren, denn auch das Theater und die Poesie entstammen ursprünglich dem Ritus des Beschwörens.
Eine Methode dieses performativen Tuns, das im Übrigen nicht auf das Sprechen beschränkt bleibt, sondern auch das Schweigen und das Handeln, also alle Ebenen der Kommunikation umfasst, ist beispielsweise der nun in der Netzwerktheorie enthaltene Begriff des Empowerment, eine Methode, die eindeutig aus dem Bereich bewussten weiblichen und magischen Handelns stammt. Es ist dies die Methode in allen Lebensäußerungen des Sprechens, Schweigens und Handelns jemandem ein gutes Bild von sich zu vermitteln. Auch unausgesprochen in kleinsten Gesten, im Unterton, in Mimik und Gestik, vermittelt sich dieses Bild, sofern der oder die BildspenderIn sich bewusst darauf eingestimmt hat. Dieses Bild entfaltet im Anderen performative Energie und materialisiert sich. So wurde beispielsweise festgestellt, dass Schüler, deren Lehrer - ob gerechtfertigt oder nicht - überzeugt waren, dass diese intelligent sind, nach einer bestimmten Zeitspanne einen wesentlich höheren Intelligenzzuwachs aufwiesen als Schüler, von denen angenommen wurde, dass sie unterdurchschnittlich begabt sind. Das ergibt sich dadurch, dass die Sprechhandlungen, die nonverbalen Gesten, die Aufmerksamkeit, die Zeiträume, die die Lehrer einem so positiv eingeschätzten Kind zuführten, dieses intensiv fördern. Durch bewusste und aktive Imagination und Meditation besteht die Möglichkeit sich auf ein positives Bild einzustimmen, das den Anderen in seinem Sosein bestmöglich erreicht. Im Sinne destruktiver Schadensmagie besteht natürlich auch die Möglichkeit ein völlig negatives oder abwertendes Bild einzuspeisen, das dann ebenso Wirkung entfaltet, was sich zumindest darin äußert, dass die so auf allen Ebenen „behandelte“ Person zu leiden beginnt, da sie die dunkle Empfindung hat, dass sie nicht vorkommt, dass sie nicht wahrhaft erkannt wird, sie kann Schuldgefühle entwickeln, Selbst- oder Fremdhass entwickeln oder geistig oder/und körperlich erkranken. Eine völlig neutral und sachlich, ausschließlich in Begriffen der Logik behandelte Person jedoch wird zutiefst verunsichert. Ist es nicht so, dass von vielen Frauen diese Kunst des Performativen bis in die kleinste Geste perfekt beherrscht wurde und teilweise noch wird? Sowohl, was die „Schadensmagie“ im Konkurrenzkampf betrifft wie auch das Empowerment, das sich im Stärken der Kinder oder anderer Familienmitglieder, vor allem aber der Männer äußert, die dies meist nicht reflektieren, waren oder sind teilweise noch immer Frauen außerordentlich wissend, sodass im Volksmund die Weisheit herrscht: „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine Frau.“ Beleuchtung, Nahrung, Berührung, Heilmittel sind weitere Bereiche performativen Handelns, die, ob bewusst oder unbewusst gesetzt, Situationen und Stimmungen wandeln. Dass ein Teil dieser Kunst nun von Frauen bewusst zur Netzwerkbildung in eigener Sache verwendet wird, gehört zu den Entwicklungen der Moderne und den Möglichkeiten des Gender-Managements. Im Übrigen sind Klang, Ton, Musik, und auch Bild, Mythos/fantastische Erzählungen und Symbol auf den feineren Ebenen des performativen Tuns weitere Möglichkeiten bewusst oder unwissend Veränderungsprozesse in Gang zu setzen und Materialisationen zu erwirken, was in unserer westlichen Zivilisation im ‚magischen’ Handeln der Werbung, bzw. der Medien insgesamt leicht beobachtbar ist. In Schulen setzt sich die Erkenntnis durch, dass seelische Wärme den Kindern mehr an sozialer Kompetenz eröffnet. Wann man herausgeforscht haben wird, dass positive Zuwendung enorm intelligenzfördernd ist, steht noch aus. Ob sich hier der Bruch aus der Nazizeit zeigt, weiß ich nicht, wäre aber denkbar. Gudrun Brockhaus stellt in ihrem Aufsatz über die Pädagogik der NS-Pädagogin Haarer dar, dass die Mütter, denen sie Macht zuschreibt, „Fassungslosigkeit, Schmerz, Abscheu, pures Entsetzen und Ekel“ empfänden angesichts des animalischen, fremden Wesens Kind mit seinen „Triebäußerungen und seiner Unvernunft, insbesondere mit seiner Unsauberkeit“. Laut Haarer ist das Kind „ein gefährlicher Gegner, der übermächtig wird, wenn man ihn nicht von Anbeginn radikal bekämpft. Von der Geburt an muss die Mutter mit diesem Kampf beginnen. Wenn sie ihr Erziehungsregime nicht mit absoluter Konsequenz und Härte durchsetzt, wird das Kind seinen Vorteil nutzen und sich mit seinen Ansprüchen ausbreiten, bis die Mutter völlig erschöpft und aufgerieben ist. Ein, zwei Mal nachgeben und schon ist ‚der kleine aber unerbittliche Haustyrann fertig.‘ ‘(Haarer: Deutsche Mutter, S. 165) “(zitiert nach Brockhaus: Muttermacht und Lebensangst, in Mütterliche Macht und väterliche Autorität, S.72)
Diese Form der Feindseligkeit dem Kind gegenüber ist jedenfalls in manchen „Abrichtungsmethoden“, die auf Liebesentzug und Abwertung beruhen, spürbar und auch in der logikversessenen, sachlichen Erziehung zu erkennen. Es ist die Abwertung des prälogischen, des emotional-sinnlichen Bereichs, der hier mit dem Kind unterdrückt und beschämt werden soll.
Die Stille als Konstituierendes der primären Erfahrung und Erkenntnis äußert sich beispielsweise in einem gleichnishaften Text buddhistischer Herkunft (1.Jh.n.Chr.)
„Der Weise Nagasena sagte zum Griechenkönig Milinda, als dieser ihn fragte, wer er sei: ‚Ich bin als Nagasena bekannt. Das ist aber nur ein Name, eine Benennung, eine landläufige Bezeichnung, denn eine Person wird dadurch nicht erfasst.’
Darauf sagte der König: ‚Wenn es keine Person gibt, wer ist dann dieser Nagasena? Sind es seine Haare, sein Fleisch, sein Herz, seine Eingeweide, sein Blut, seine Galle, sein Gehirn?“ ‚Nein, o König!’
‚Ist es seine Empfindung oder seine Wahrnehmung oder seine Willensregung oder