Mandoria - Das magische Erbe. Maria Meyer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Maria Meyer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847670940
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Und jetzt... sie!“ Er sah mich mit gerunzelter Stirn an, als hätte ich überhaupt keinen Grund, mich aufzuregen. „Ja...?“ „Was soll denn ‚Ja?’ jetzt heißen?“, fragte ich wütend, „Findest du das okay?“ Er kniff verwundert die Augen zusammen. „Emily, wir haben uns nur geküsst. Wir sind doch nicht zusammen, oder so.“ Er schmunzelte, als ob er erwartete, dass ich erkannte, wie dumm es doch von mir war, sauer zu sein, und mit ihm darüber lachte, und meinte scherzhaft: „Tut mir leid, wenn du das jetzt als Liebeserklärung verstanden hast.“

      Ich öffnete den Mund, aber klappte ihn wieder zu. Das war einfach zu viel. „Mir tut es auch leid“, zischte ich und raffte mein Kleid, um möglichst würdevoll davonschreiten zu können. Leider schaffte ich vielleicht gerade mal zwei halbwegs ruhige Schritte, bevor ich höchst unwürdevoll losstürzte.

      Ich stolperte eine kleine Marmortreppe hinunter, die in den Garten führte, der die Terrasse umgab und rannte den sandigen Weg entlang, der sich durch die Bäume schlängelte. Vermutlich wurden meine schönen silbernen Schuhe völlig ruiniert, aber das war mir jetzt egal. Hinter einem Busch, der die Form eines Mannes, mit dem Kopf eines Krokodils hatte, stand eine kleine Bank. Schwer atmend ließ ich mich darauf sinken, und sobald ich saß, begann ich zu weinen. Meine Wut machte langsam der Enttäuschung Platz. Natürlich war es mir schon komisch erschienen, dass er den ganzen Tag so getan hatte, als wäre nichts gewesen, aber das hatte ich nicht erwartet. Zu allem Überfluss taten meine Füße jetzt verdammt weh. Die hochhackigen Schuhe waren eindeutig nicht zum Laufen bestimmt, auch nicht für ein paar Meter.

      Ich hörte Lachen und Gerede von der Terrasse. Ein paar Leute wanderten im Garten umher, aber da ich weit genug von dem nächsten schwebenden Licht entfernt war, würde ich hier wohl unentdeckt bleiben. Hinter ein paar Büschen sah ich einen Riesen aufragen und auf dem sandigen Weg ging ein händchenhaltendes Paar. Ich erkannte Alice an ihrem hübschen, roten Kleid. Aaron dagegen sah ohne seine Lederjacke ziemlich verändert aus. Die beiden sprachen leise miteinander und schienen gar nichts um sich herum wahrzunehmen. „Siehst du, Sam, du Idiot: Für Aaron ist ein Mädchen auch genug!“, schimpfte meine gedankliche Stimme. Ich schniefte und spürte, wie noch eine Träne meine Wange hinunterkullerte.

      „Hey“, flüsterte jemand. Ich versuchte hastig, mein Gesicht zu trocknen, und wischte dabei vermutlich meine ganze Schminke ab, aber als ich Lucy erkannte, die um den krokodilsköpfigen Busch herumguckte, wusste ich, dass ich nichts vorzuspielen brauchte. „Kann ich mich hinsetzen?“, fragte sie. „Klar“, schniefte ich und rutschte ein Stück zur Seite. Wortlos setzte sie sich neben mich, legte eine Hand auf meine Schulter und sah mich an. Ich starrte nur auf den beschmutzten Saum meines Kleides. „Das war so was von mies von ihm“, sagte Lucy leise. Ich stieß ein kleines Geräusch aus, das irgendwo zwischen Schluchzen und sarkastischem Lachen lag. „Ach, tatsächlich?“ Lucy klopfte mir vorsichtig auf die Schulter. „Aber du zahlst es ihm am Besten heim, wenn du jetzt nicht in Traurigkeit versinkst, sondern ihm zeigst, dass es dir gut geht, egal was er macht.“ „Ich glaube es ist ihm ziemlich egal, wie es mir geht“, murmelte ich. „Außerdem kann ich jetzt nicht zurück auf die Terrasse, ohne wieder loszuheulen.“ Lucy nickte mitleidig und meinte: „Wir können nach Hause gehen. Ich hab sowieso schon viel zu viel Torte gegessen und ich glaube Jake hat auch schon keine Lust mehr. Ich brachte ein kleines Lächeln zustande. Lucy stand auf und lächelte ebenfalls, „Na los, komm mit!“

      Sie winkte Jake zu, der bereits mit besorgtem Gesichtsausdruck am Geländer stand und nach uns Ausschau hielt, und bedeutete ihm, von der Terrasse herunterzukommen. Er verkniff sich jeglichen Kommentar, sondern sah uns nur fragend an. „Wollt ihr nach Hause?“ Lucy nickte. „Kommst du mit?“ „Klar, von mir aus.“ Als Lucy sich umdrehte, warf er einen schnellen Blick zur Terasse. Ich schaute ebenfalls zurück und stellte verwundert fest, dass Sam bereits wieder verschwunden war. Kate stand alleine am Geländer, schaute auf den Garten hinunter und nippte an ihrem Glas. Jake legte seine große Hand auf meine Schulter und murmelte kaum hörbar: „Man kann eben niemanden zwingen irgendwas zu empfinden.“ Ich sah ihn ein wenig verwundert an. Ich mochte Jake gerne, aber er machte immer so einen lässigen Eindruck – als wäre ihm alles relativ gleichgültig. So einen einfühlsamen Kommentar hatte ich von ihm gar nicht erwartet. „Ich versteh dich gut, glaub mir“, murmelte er. Verwundert zuckte mein Blick noch einmal zu Kate. Meinte er...? Aber als ich ihn wieder ansah, schaute er schon geradeaus und setzte sich in Bewegung.

      Wir gingen schweigend den Weg entlang, der durch den Park um den Palast herum führte, bis wir Musik hörten, die immer lauter wurde. Als wir schließlich bei den Marmorstufen vor dem Eingangstor angekommen waren, sah ich auch, wo sie herkam. Die Straßen der Hauptstadt waren voll von allen möglichen Wesen, die tanzten, aßen und feierten. Als wir die breite Straße vor dem Palast entlanggingen, jubelten uns überall Gruppen von teilweise betrunkenen Feiernden zu.

      „Möchten Sie etwas trinken?“, fragte ein Satyr und schwenkte eine Glasflasche, in der ich normalerweise Bier vermutet hätte – aber ich wusste ja nicht, ob Satyrn Bier tranken. „Nein, danke“, lehnte Jake ab. Ich fuhr erschrocken herum, als sich jemand schwer auf meine Schulter stützte. „Wollt ihr mit unsch feiern, oder wasch?“, fragte der eindeutig besoffene Riese. Zum Glück hatte er sich nicht wirklich auf mich gestützt, sonst hätte er mich vermutlich zu Brei gequetscht. Er hatte mir lediglich den Arm um die Schultern legen wollen. „Meine Güte, hier ist ja absolut kein Durchkommen“, stöhnte Lucy. „Habt ihr was dagegen, wenn wir einen Umweg machen?“ Jake und ich schüttelten unisono den Kopf und Lucy ging voran in eine unbeleuchtete Gasse, in die sich keiner von den Feiernden verirrt hatte. Weiterhin schweigend führte sie uns durch ein paar kleinere Straßen, von denen aus man nur ab und zu mal einen Blick auf die bunten Lichter und die Leute in den Hauptstraßen erhaschte.

      Schließlich meinte sie an Jake gewandt: „Übrigens war ich gestern bei der MKZ. Meine Familie kann doch zu meinem Geburtstag kommen. Sogar mein Vater.“ Jake lächelte ein wenig geistesabwesend, aber Lucy schien das nicht zu bemerken. „Das ist toll. George freut sich bestimmt, dich zu sehen.“ „Wann ist dein Geburtstag?“, fragte ich. „Sam hat... Ich hab schon gehört, dass es bald ist, aber wann genau?“ Lucy überlegte. „Welcher ist heute?“ „Der 21. 8.“, antwortete Jake prompt. „Oh“, meinte Lucy erfreut, „dann ist es ungefähr in einer Woche. Der 27. ist mein Geburtstag.“ „Cool, freust du dich schon?“ Sie grinste. „Klar! Endlich Schluss mit der Ausbildung.“

      Inzwischen waren wir bei dem reich verzierten Tor angelangt, hinter dem die Villen lagen. Jake legte eine Hand darauf und es schwang zur Seite und gab den Weg frei. „Ich glaub, ich gehe gleich ins Bett“, sagte ich und gleich darauf entfuhr mir ein demonstratives Gähnen. Jake knöpfte sein Jackett auf. „Ich auch. War ja nicht gerade ein entspannter Tag.“ „Na schön, wenn ihr solche Langweiler seid, bleibt mir wohl nichts anderes übrig“, seufzte Lucy, als wir den Platz mit den beiden prächtigen Villen erreichten. „Also, gute Nacht euch beiden.“ „Nacht“, Jake lächelte und verschwand in der rechten Villa. Lucy und ich betraten die linke. „Gute Nacht“, wünschte auch ich, bevor ich die Tür meines Zimmers öffnete. „Danke.“

      Als ich schließlich in meinem Bett lag, verfluchte ich zum ersten Mal mein Amulett und meine Fähigkeiten. Ich konnte Sams Gesicht einfach nicht von meinem inneren Auge wischen. Aber wenn mir das nicht gelingen würde, würde ich auch noch von ihm träumen, so funktionierte das: Wenn ich etwas klar vor mir sah, tauchte es in meinen Visionen auf. Ich stöhnte und vergrub den Kopf in meinem Kissen.

      Plötzlich kam mir eine Idee. Ich könnte das Amulett ja auch einfach abnehmen. In den letzten Nächten hatte ich, beinahe unbewusst, immer mit dem Edelstein um den Hals geschlafen, aber wenn ich ihn ablegen würde, konnte ich schließlich keine Visionen haben. Erleichtert griff ich nach der silbernen Kette, streifte sie ab und legte sie vorsichtig auf meinen Nachtisch. Der Edelstein brach das Mondlicht von draußen und malte schwache, bunte Muster an die Wand.

      Ich schloss die Augen und drehte mich zur Seite. Eine seltsame Erleichterung überkam mich. Wenn ich jetzt einschlief, würde ich endlich einfach mal an nichts denken können.

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