Mandoria - Das magische Erbe. Maria Meyer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Maria Meyer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847670940
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in dem sich das Licht in den Regenbogenfarben brach, genau wie in dem Edelstein auf meiner Brust. Meine hellbraunen Haare, die von Natur aus ein wenig lockig waren, waren mit silbernen Spangen verziert. Selbst die hässliche Wunde an meinem Arm war dank der Heilkunst der Elfen und Feen inzwischen nicht mehr als eine feine, weiße Narbe. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl atemberaubend schön zu sein.

      Eine weitere Fanfare ertönte und hinter Tom und Finn erschien Zalador, flankiert von der königlichen Leibwache, vier Männern mit dunklen edelsteinbesetzten Brustpanzern. Seine weißen Gewänder waren mit goldenen Mustern verziert. Ein Edelstein – ein Diamant – wiederholte sich hier immer wieder. Das Symbol für das Amulett des Lebens – das Symbol des Königs von Mandoria.

      Zalador nickte freundlich lächelnd nach rechts und links, während die kleine Prozession den Gang durchquerte und schließlich vor dem Thron stand. Der Zauberer hielt vor der Plattform auf der der Thron stand an und wandte sich der Menge zu. Der Rest der Prozession verteilte sich rechts und links von ihm.

      Finn hatte mich entdeckt und zwinkerte mir zu. Er schwebte zwischen dem Thron und uns, den Amulettträgern, in der Luft. Auf der anderen Seite des Thrones saßen die Mitglieder des Rates auf Stühlen, die ebenso kunstvoll verziert waren wie unsere. Oder zumindest hatten sie gesessen. Denn jetzt standen alle aufrecht und beobachteten, wie ein Satyr mit einem silbernen Stock und einer Schriftrolle in der Hand vortrat. Zur Feier des Tages hatte er seinen schwarzen Umhang gegen einen weißen eingetauscht. Es war nämlich genau der Satyr, der noch heute Morgen mein Todesurteil verlesen hatte. Aber als ich sah, dass ihm von der Schlacht mit den Dämonen ein dicker Verband um den Kopf geblieben war, konnte ich ihm das schnell verzeihen.

      Der Satyr klopfte zweimal mit dem Stock auf den Boden, dessen Mosaike an manchen Stellen noch aufgebrochen waren, und begann, die Schriftrolle vorzulesen. Sie erzählte die Geschichte Mandorias: Wie die alten Zauberer aus zwölf Edelsteinen die Amulette geschmiedet und mit dem Amulett des Lebens den ersten König von Mandoria gekrönt hatten. „Heute“, sagte der Satyr, „wird unser neuer König gekrönt, als der rechtmäßige Nachfolger von König Grimor dem Dritten.“

      Noch einmal stieß er seinen Stock auf den Boden und die Gäste im Saal applaudierten. Dann trat der Soldat vor und wandte sich Zalador zu. „Als Zweiter Offizier des mandorischen Heeres“, begann er, „und stellvertretend für den Ersten Offizier, übertrage ich euch die Befehlsgewalt über die Streitkräfte Mandorias.“ Ich warf Sam einen kurzen Blick zu und merkte, dass so ziemlich alle Amulettträger das taten. Er sah weiterhin geradeaus und fixierte den zweiten Offizier, als ob ihm das gar nicht auffiel.

      Dieser nahm das Schwert mit dem goldenen Griff vom Kissen, ließ sich auf ein Knie nieder und hob es mit beiden Händen hoch. Zalador nahm die kostbare Waffe, hielt sie mit beiden Händen hoch, wie um sie der Menge zu zeigen und sprach die Worte, die zur Krönungszeremonie gehörten: „Ich nehme diese Ehre an und schwöre, die Feinde Mandorias mit all meiner Macht zu bekämpfen.“

      Ich wollte applaudieren, aber ließ die Hände schnell wieder sinken, als ich sah, dass noch niemand klatschte. Stattdessen schwebten der alte Feenmann und der Elf mit der Krone nach vorn. „Im Namen des Rates der Weisen“, sagte der Feenmann und hob vorsichtig die Krone von dem roten Kissen, „kröne ich euch und mache euch neben dem Rat zum obersten Richter und Gesetzgeber.“

      Jetzt kniete Zalador nieder und der Feenmann hob die goldene Krone auf seinen Kopf. „Ich nehme diese Ehre an“, sagte Zalador, als er sich wieder erhob, „und schwöre, in Krieg und Frieden ein weiser und gerechter König zu sein.“

      Auch der Feenmann zog sich zurück und stellte sich auf die linke Seite des Thrones, zu den anderen Mitgliedern des Rates. Jetzt wandten Tom und Finn sich Zalador zu. Toms tiefe Stimme wurde durch den ganzen Saal getragen: „Im Namen der Amulettträger überreiche ich euch das Amulett des Lebens und mache euch zum König von Mandoria.“ Er nahm das Amulett von Finns Kissen und legte es Zalador um. Als es seine Brust berührte, verströmte es weißen Glanz. „Ich nehme diese Ehre an“, sagte Zalador, „und schwöre, dass mein Herz rein ist, wie der Diamant, der über meinem Herzen ruhen soll, bis zu meinem Tod.“

      Jetzt brach die Menge in Applaus und Jubel aus. Ich selber klatschte so laut, dass meine Hände wehtaten. Unter einer erneuten, ohrenbetäubenden Fanfare erklomm der neue König die Stufen und ließ sich auf seinem Thron nieder. Der Satyr mit dem weißen Umhang stieß mit seinem Stock auf den Boden und rief: „Lang lebe Zalador der Erste! Lang lebe der König!“ „Lang lebe der König!“, schrie der ganze Saal, auch ich. Und die Rufe ebbten erst ab, als Zalador sich erhob.

      „Bürger von Mandoria“, sagte er mit seiner ruhigen, klaren Stimme, die wie immer alle zum Verstummen brachte, „ich fühle mich geehrt und gerührt, von diesem Thron zu euch sprechen zu dürfen.“ Durch die Glaskuppel des Saales entdeckte ich plötzlich ein farbiges Leuchten vor dem sich bereits verdunkelnden Himmel. Ich reckte den Kopf nach oben und sah genauer hin. Mehr als zwanzig Elfen schwebten in einem Kreis über dem Dach des Palastes. Zwischen ihnen war eine glitzernde Projektion Zaladors zu sehen, die sie anscheinend durch Magie entstehen ließen. Der neue König sprach nicht nur zu den Anwesenden, sondern zu der ganzen Stadt.

      Die im Saal versammelten Wesen nahmen wieder Platz und lauschten aufmerksam der Rede. Tom hatte sich zu uns gesetzt, auf den letzten freien Stuhl zur Rechten des Thrones.

      Zalador sprach allen Bürgern, die gegen die Dämonen in den Kampf gezogen waren, seinen Respekt aus und versprach, alles zu tun, um Sebulon zu finden und Mandoria wieder sicher zu machen. „Hört nicht auf das, was Sebulon versucht uns weiszumachen!“, beschwor er die Zuhörer. „Arkaros ist tot. Wer etwas anderes behauptet tut das nur um Panik zu stiften. Ich kannte Arkaros und ich würde sein Werk erkennen, wenn ich es sehe. Ich wüsste es, wenn er noch am Leben wäre.“

      Während er sprach, kam mir ein schrecklicher Verdacht. In meinen Träumen war immer wieder etwas anderes aufgetaucht, als der ältere Sohn König Grimors. Eine Stimme, die keinen Körper zu haben schien, eine Stimme, der alle anderen gehorchten. Zweimal hatte ich diese Stimme gehört, und beide Male hatte sie zu einem echsenartigen Wesen gesprochen und ihm befohlen: „Tötet sie alle!“ Beim Gedanken daran lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Aber es konnte nicht Arkaros sein. Ich hatte keinen Grund Sebulon oder seinem Verräterbruder mehr zu glauben als Zalador. Doch auch ein anderer, mächtiger Dämon würde gefährlich sein. Ich würde Zalador so schnell wie möglich davon erzählen. Wenn jemand mit diesen Horrorvisionen etwas anfangen konnte, dann wohl er.

      Die Menge brach erneut in Jubel aus. Lucy und Danny neben mir klatschten wie verrückt. Während ich meinen Gedanken nachgehangen hatte, hatte Zalador seine Rede offenbar beendet, denn er und die gesamte Prozession verließen den Saal durch den Mittelgang und die versammelten Leute begannen langsam, ihnen zu folgen. „Jetzt wird draußen gefeiert“, meinte Lucy. Sie sprang auf und strich sich die Haare aus der Stirn. „Na los, Komm mit!“

      Danny tauchte neben uns auf. „Du wirst so was von begeistert sein“, meinte er grinsend. Ich lächelte. „Ach ja? Wovon?“ „Da ist eine riesige Terrasse!“, erzählte Lucy begeistert. „Und in den Bäumen...“ „Sie wird’s ja gleich selbst sehen“, unterbrach Danny sie. „Mann, pass doch auf!“ Ein Zentaur hatte versucht, sich an ihm vorbei zu quetschen. Natürlich hatte er nicht wissen können, dass um Dannys Brust, die noch heute Vormittag aufgerissen und blutig gewesen war, noch ein dicker Verband lag.

      Wir kämpften uns durch die schwatzenden Leute bis zur hohen Flügeltür, die in einen mit rotem Teppich ausgelegten Gang führte. Die Gäste nahmen zunächst den Weg, der zu den Gefängnissen führte, und den ich schon zwei Mal gegangen war, bogen dann aber nach links ab, und plötzlich standen wir vor einer weiteren hohen Tür, die weit geöffnet war. Lucy und Danny grinsten mich von beiden Seiten abwartend an, während wir hindurchtraten. Sie hatten Recht gehabt: Ich war echt beeindruckt. Wir standen auf einer riesigen Terrasse, die wie der Rest des Palastes und der größte Teil der Hauptstadt aus weißem Marmor bestand. Drumherum lag ein gigantischer, perfekt gepflegter Garten, fast wie ein Park. Alle Bäume und Büsche waren fein säuberlich beschnitten. Einige bildeten Formen, wie Kugeln oder Sterne, oder sogar Figuren, wie zum Beispiel eine Fee und einen auf den Hinterbeinen stehenden Zentauren.