Wolken, Land und Wasser. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753184500
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ja nur zu bekannt.“

      „Hm, ja, das ist sie wohl“, murmelte Donberon.

      Leriana war versucht, ihm mitfühlend den Arm um die Schulter zu legen, doch sie wahrte den erforderlichen Respekt, auch wenn der Magier ihr im Augenblick wie ein hilfloses Kind vorkam. „Meister, wir alle wissen um die Bedeutung des Kristalls. Er wird unbeschadet an Bord gelangen und ich werde ihn persönlich säubern.“

      Eigentlich hatte sie kein Verlangen danach, sich freiwillig dem Gestank auszusetzen, doch auf seltsame Weise fühlte sie sich verpflichtet, Donberon beizustehen. Immerhin war er ihr Mentor, hatte die Entwicklung ihrer magischen Gaben von Kindesbeinen an gefördert und ihr an diesem Tag die Befähigung zum Führen eines Schiffes zuerkannt.

      „Du wirst es selber tun, Sanari Leriana?“, vergewisserte er sich.

      Sie nickte ergeben. „Und ich werde kein Fitzelchen der biologischen Masse übersehen. Die Kristalle werden in reinstem Licht erstrahlen.“

      Koros tauchte aus dem Wasser auf und schob den Kopf ins Innere des Schiffes. „Es ist so weit. Die zentrale Säule ist frei. Nun liegt es an dir, Sanari.“

      Leriana drückte ihm das Bündel der Ketten und Gurte in die Hände. „Dann mache sie gut fest, Steuermann, und gib ein Zeichen, wenn alles bereit ist.“

      Koros tauchte wieder hinab. Leriana sah die Gesichter der anderen Seemänner. „Wir ziehen die Säulen herauf und ich säubere sie. Verschließt eure Nasen und bringt mir eine Kiste für die Bio-Masse.“

      Sie brachten rasch eine Kiste, die aus Metall gefertigt war und aus einem Handel mit den Landmenschen stammte. Man konnte sie luftdicht verschließen, was die Dauer der Geruchsbelästigung zeitlich begrenzen würde. Rasch wurden Nasenstöpsel aus Tang oder Stofffetzen improvisiert. Der Anblick der Männer, die sich auf diese Weise vor dem Gestank schützen wollten, ließ Leriana lächeln, dabei hoffte sie selbst inbrünstig, dass die Provisorien etwas Linderung brachten.

      Die mittlere Kette klirrte leise.

      Gemeinsam zogen sie die erste Säule an Bord und schwenkten sie über den festen Boden des Rumpfes. Rasch wurden Ketten und Leinen wieder ins Wasser hinabgelassen, während sich Leriana an das untere Ende der Säule kniete, eine rasche Bitte an die Götter der Meere schickte, was niemals schaden konnte, und dann den korkenzieherartigen Kernzieher ansetzte.

      Schon breitete sich übler Gestank aus, der noch intensiver wurde, als sich das Gerät immer tiefer in den Kern der Säule fraß. Immer wieder zog Leriana es ein Stück zurück und holte so die gelöste Masse heraus, bevor sie mit weiteren Bewegungen tiefer drang.

      Ein Seemann nahm die gelösten Fragmente mit angehaltenem Atem und stopfte sie in die Kiste, deren Deckel ein anderer sofort wieder verschloss.

      Als der letzte Rest der biologischen Masse aus dem Kern gelöst war, nahm Leriana den Putzstock. Mit raschen Bewegungen rieb sie die Reste aus dem Inneren der nun hohlen Säule, säuberte den Schwamm und achtete akribisch darauf, auch nicht den kleinsten Rest zu übersehen.

      Sie war gerade mit der ersten Säule fertig, als auch schon die zweite an Deck gehievt wurde.

      Alle arbeiteten konzentriert und schnell und die Mühe war nicht vergebens. Schließlich lagen eine große und fünf kleinere Kristallsäulen in ihrem hellen blauen Schimmer im Inneren der An-Nerriva.

      Hochmagier Donberon saß auf der größten und strich mit den Händen immer wieder über das Kristall. Sein breites Lächeln zeigte seine Zufriedenheit und mit seinen Worten sparte er nicht mit Lob für die gute Arbeit des Handelshauses Leri.

      Steuermann Koros wies auf die Kiste mit der ausgeschabten Bio-Masse. „Wenigstens wird das stinkende Zeug die Farmer auf unseren Pflanzenfeldern erfreuen. Einen besseren Dünger findet man nicht.“

      Leriana nickte. „Es ist vor allem für die Zierpflanzen in unseren Wohnkuppeln wertvoll. Der Gestank verfliegt ja nach einiger Zeit.“

      Kurz darauf lichtete das Unterwasserschiff seine Anker. „Volle Wende“, befahl Leriana, „mit kurzem Arm. Sobald wir tieferes Gewässer erreichen, werden wir tauchen und mit langem Arm nach Hause fahren.“

      Noch immer hing etwas übler Geruch in der Luft und die Männer trugen noch immer die Nasenstöpsel. Doch ihre Gesichter lachten, während sie in die Antriebswelle griffen und die An-Nerriva vorantrieben. Leriana war nun die Führerin des Schiffes und jeder von ihnen würde einen stattlichen Anteil am Gewinn der Fracht einstreichen. Für sie alle war es ein guter Tag gewesen.

      2. Festland in Sicht

       Eldont'haneeva, Wolkenstadt des Zwergenclans der Hanevaa

      Barbrot Himmelsherr schloss den vielfarbigen Overall mit der reichen Zierstickerei und griff nach der roten Schärpe mit den drei Quasten. Sehr sorgfältig legte er sie um seine Hüften und registrierte wieder einmal, dass diese an Umfang gewonnen hatten. Ein wenig missmutig ordnete er das Symbol seiner Würde, bevor er einen nachdenklichen Blick auf das Wandportrait des ersten Gründers der Stadt warf.

      Mit einem langen Seufzer sah er sich in seiner Amtsrstube um. Trotz seiner Bedeutung war sie recht klein, was nicht der geringen Körpergröße des Zwergenvolkes geschuldet war, sondern dem Umstand, dass Raum ein sehr kostbares Gut in der Stadt war.

      Bevor Barbrot durch die Vordertür auf den Versammlungsplatz hinaustrat, wollte er die seitliche benutzen, die auf einen Balkon hinausführte. Er tat dies an jedem Morgen, denn nur dort war er für sich. Dort konnte er seine Gedanken ordnen und sich auf sein Tagewerk vorbereiten.

      Mit leisem Klicken öffnete sich das Schloss der sturmsicheren Tür. Als Barbrot sie aufdrückte, wurde er von einem kräftigen Windstoß empfangen. Instinktiv hielt er sich an dem geschmiedeten Handlauf fest und trat an den äußeren Rand des Balkons. Hier konnte er einen unvergleichlichen Ausblick genießen.

      Über sich sah er den strahlend blauen Himmel. Keine einzige Wolke trübte die Aussicht. Ein paar Seevögel kreisten und verrieten die Nähe von festem Land. Rechts und links erstreckte sich die niedrige Außenwand der Stadt, über der sich die Gebäude erhoben, von denen einige über drei Stockwerke verfügten. Tief unter ihm glitt die See dahin. Barbrot Himmelsherr beruhigte der Anblick des tiefblauen Wassers und der sich, wenigstens im Augenblick, sanft bewegenden Wellen.

      Es war ein Ausblick, wie ihn wohl nur eine fliegende Wolkenstadt des Zwergenvolkes bieten konnte. Ein Anblick, der den Stadtmeister gleichermaßen mit Stolz und mit Sorge erfüllte.

      Am nördlichen Horizont erhob sich eine dunkle Kontur aus der See. Sie war groß und die Anwesenheit der Vögel verriet bereits, dass es sich um Land handeln musste. Land, welches möglicherweise bewohnt war. Vielleicht von Barbaren, vielleicht auch von einer hohen Zivilisation. Barbrot wusste es noch nicht. Niemand in der Stadt wusste es, denn Eldont'haneeva, die Wolkenstadt des Zwergenclans der Hanevaa, war noch nie in diesem Gebiet gewesen. Sicher gab es dort unten Neues zu entdecken und vielleicht konnte man einen guten Handel abschließen. Gab es dort streitbare Bewohner, so hatte die Stadt nichts zu befürchten. In zwei Tausendlängen Höhe über dem Boden befand sie sich in Sicherheit. Noch nie waren die Zwerge einem anderen Volk begegnet, welches sich, wie sie, in die Wolken erheben konnte.

      Es gab nur eine Handvoll Wolkenstädte und jede von ihnen war ein Wunder aus Handwerkskunst, Erfindungsreichtum und Magie des jeweiligen Zwergenclans.

      Eldont'haneeva erhob sich auf einer Plattform, deren Grundfläche eine mal drei Tausendlängen maß. Diese drei Millionen Quadratlängen boten Raum für fast 3.000 Zwerge und alles, was diese zum Leben benötigten.

      Die Plattform war nur zwanzig Längen dick. Ihre Wände bestanden, wie alle Wände, Decken und Böden der Wolkenstadt, aus zwei dünnen Metallschichten, zwischen denen eine komplizierte Struktur aus Waben eingefügt war. Die findigen Zwerge hatten diese Bauart von Insekten übernommen.

      Im Zentrum der Stadt erhob sich der große Turm des Sonnenkollektors. Er bestand aus einer Reihe von Kristallsäulen, die man zu einer einzigen