All das habe ich mich gefragt: wie „Altern“ trotz aller Herausforderungen ein Gewinn sein könnte, ein Vorankommen, Fortschreiten und Ankommen auf unserer Lebensreise, ja sogar ein richtig „profitables“ Abenteuer mit Pfiff und Esprit? Denn das ist es, was „profitabel“ (lateinisch proficere = voranschreiten, zunehmen ) und „Abenteuer“ (ad venire= ankommen) im ursprünglichen Sinne bedeuten: ein Ankommen in unserer Lebensfülle und dem, wonach wir im Innersten lechzen: ein Leben, das unsere Seele satt macht, wo Muße, Sinnlichkeit, Begeisterung, Humor und Schalk, Wildheit und Weisheit, Abenteuerlust und Forscher- drang, Kompetenz und Einfachheit, das Spielerische und Kreative, die Liebe und ein freies Wehen des Geistes uns wärmen und beflügeln – ein „profitables“ Abenteuer mit Pfiff und Esprit eben!
Ich lade dich deshalb ein, sich mit mir auf eine Reise zu begeben, auf der wir uns u. a. auch bei Menschen um- sehen, die zu diesem Thema lebenslänglich geforscht und geschaffen haben, und wer weiß, vielleicht wirst du auch bei dir selbst fündig!
Denn heutzutage - mit all den Chancen und Nachteilen der persönlichen Freiheit und Individualisierung - ist jeder Einzelne aufgerufen und berufen, aktiv seine ganz persönliche Antwort auf die grundlegenden menschlichen Fragen zu geben.
Mein eigener LEBENS - Traum war und ist, - auch wenn du mich für verrückt oder zu idealistisch hältst - , dass mein Leben ein „profitables“ (im oben genannten Sinne) Abenteuer mit Pfiff und Esprit sei, sowohl für mich als auch für andere, und da ich denke, dass mein Lebenstraum dem vieler Menschen trotz aller Verschie- denheit nicht unähnlich ist, möchte ich dich an meinen Erfahrungen und Funden gerne teilhaben lassen. Denn die von mir in diesem Buch ausgesuchten Autorinnen und Autoren habe ich deshalb ausgewählt, weil gerade sie mir auf meinem eigenen Weg inspirierende und Mut machende Begleiter waren und sind.
Bei uns allen herrschte und herrscht manchmal im Leben scheinbar nichts als das handfeste körperliche „Altern“ bzw. Krankheit vor, und wir erschraken und erschrecken. Dann wieder konnten und können wir sogar das „Profitable“ daran erfahren, vielleicht zuerst nicht so offensichtlich, doch letzten Endes und trotz allem ein spürbarer Gewinn, ein innerliches Voranschreiten, eine allmähliche Zunahme von Bewusstheit und Integration der verschiedenen Persönlichkeitsanteile. Und dann wieder überwiegt das „Abenteuerliche“ des Lebens mit seiner Spannung und jähen Wendungen zwischen Angst und Lust, dem neugierigen Forscherdrang, dem „Er-fahren“ von Neuem und einem befriedigenden Ankom- men.
Und immer wieder ertönt auch so etwas wie ein Pfiff im Leben, manchmal schrill und laut, und dieser Pfiff mahnt an das Fortschreiten der Zeit, die uns gegeben ist, oder ES pfeift uns – in Form eines Traumes, eines Krankheits- symptoms oder durch die Außenwelt (ob Corona, Streit oder andere Widerstände) -, zurück auf unseren ganz persönlichen Weg, wenn wir von unserem Pfad, unserer in das größere Ganze eingebetteten Urnatur, abgekom- men sind. Aber manchmal bricht dieser „Pfiff“ des LEBENS auch in seiner gerade umgekehrten und komplementären Bedeutung hervor, nämlich als jene schwer definierbare humorvolle Wachheit und Keckheit des Lebens, als ein gewisser Schalk, der uns ganz unerwartet aus dem Unbewussten hervorquillt und uns zuzwinkert. Manchmal sogar mitten aus dem Chaos, Lichtfunken sprühend. Ob Ungemach, Krankheitssymp- tom oder wunderbare Schöpferkraft und ein inneres Gefühl der Geborgenheit, immer ist ES das blitzende und leuchtende Auge der „Uralten“ in uns, jene „göttliche“ und ewig junge und neugeborene Ganzheit des LEBENS, die uns veranlasst, zu der uns vollständiger machenden Form zu kommen und/oder einer unvorher- gesehenen und „verrückten“ Idee, „unserem Vogel“, diesem geflügelten Wesen, zu folgen und dieser immer wieder neu geborenen Intelligenz und Zuversicht in uns zu vertrauen. Und „Esprit“? Das ist dieses „gewisse Etwas“, dieser Spirit, Spiritus Sanctus oder Geist, welcher spürbar wird, wenn wir in Verbindung mit dieser unbewussten Lebensquelle, unserer Urnatur sind, wenn wir auf sie vertrauen können und uns davon leiten, tragen und inspirieren lassen. ES ist jene Kraft, jener Geist, jener Esprit, jenes geheimnisvolle „Etwas“, das uns trägt, ein- und heimleuchtet, und welches uns eint und vorwärts drängt in Richtung werdendes und zu gebärendes LEBEN. Mit Deinem und meinem ganz persönlichen Stempel. Immerzu – jetzt – früher –später….
Gerade die Coronapandemie zeigt uns eindeutig: Die Natur lässt sich nicht beherrschen! Weder die äußere noch die innere, ob es ein Virus ist oder die innere seelische Wildnis, das Unbewusste. Genau das versuche ich, in diesem Buch aufzuzeigen: Denn wir alle haben auch eine freie, wilde Natur in uns, und man muss lernen, auf sie Rücksicht zu nehmen und sie einzubinden, um ein „gutes Leben“ führen zu können. Denn sie enthält, um mit Clarissa Pinkola Estés zu sprechen: El Duende, den Feuerfunken. Aber was ist schon ein „gutes Leben“? Laut den Erkenntnissen der Psychotherapeutischen Wissenschaft und Psychoneuroimmunologie (PNI) ist ein „gutes Leben“ vor allem geleitet und durchdrungen von Selbstfürsorge und Dankbarkeit {2}, und es besteht eine hohe Korrelation zwischen dem „guten Leben“ (Selbstfürsorge und Dankbarkeit) und entzündlichen Prozessen im Körper, die in weiterer Folge zu Krankheiten aller Art führen.
Doch was versteht man aus psychotherapeutischer und humanmedizinischer Sicht unter Selbstfürsorge?
Selbstfürsorge wird vor allem dadurch gefördert, dass man:
gute soziale Beziehungen pflegt und gleichzeitig
auf seine Autonomie achtet
indem man sich von seinen Interessen und seinem Wissensdurst leiten lässt, sie pflegt und offen ist für Neues
indem man sich genügend Zeiten für Stille (Achtsamkeitsübungen, Kontemplation, Besin- nung, Tai Chi, Feldenkreis, Qui Gong, Yoga…..) schenkt und
mit seinem Körper achtsam umgeht: Das bedeutet eine adäquate, persönlichkeitsbezogene körper-liche Aktivität und Ernährung
indem man seinen Gefühlen Ausdruck verleiht durch Malen, Musizieren, Singen oder Tanzen, expressivem Schreiben, Tagebuchschreiben, …. im Gestalten, im Werk, durch Austausch im Gespräch…
durch Spiritualität
durch Psychotherapie
Allerdings ist dies alles leichter gesagt als getan, da die genannten Bereiche teilweise sehr gegensätzlich sind und sich „spießen", wie z.B. das Bedürfnis nach Beziehung und Nähe und jenes nach Autonomie und Selbst- verwirklichung. Und die notwendigen Zeiten für Stille und Besinnung hatten bis jetzt in der modernen Gesellschaft kaum einen Platz! Wie soll man also das alles unter einen Hut bringen ohne dass das eine auf Kosten des anderen geht?
Und Dankbarkeit? Man kann sie doch nicht erzwingen! Wie entsteht sie also?
Einfache und schnelle Antworten auf diese Fragen, was man unter „Selbstfürsorge“ und „Dankbarkeit“ verstehen kann und wie man sie verwirklicht, gibt es nicht.
Deshalb werde ich im Folgenden immer wieder von verschiedenen Blickwinkeln und auch durch die Linse verschiedener Autorinnen und Autoren diese Themen zu umkreisen versuchen, allerdings mit gewissen Schwer- punkten. Nämlich jenen, die meistens zu wenig Beach- tung bekommen oder ganz unter den Tisch fallen, insbesondere was die gewichtige Rolle des Unbewussten in unser aller Leben betrifft, ob wir ES wahrhaben wollen oder nicht, und welche Rolle dies für die Verwirklichung unseres LEBENS-Traumes und einem „guten Leben“ spielt. Deshalb werden wir u.a. auch einen Ausflug ins Land der Träume machen.
Die Coronakrise, aber auch jede Erkrankung, gebietet uns Einhalt und birgt die Chance in sich, zur Besinnung zu kommen und uns dessen bewusst zu werden, was wirklich zählt im Leben. Sie zwingt uns zu Verzicht und Einfachheit, Begrenzung, Einschränkung und Einkehr.
Aber auch das ist die Lehre aus der Menschheitsge- schichte und der Natur: Immer wieder entsteht aus dem Chaos etwas Neues, noch nie vorher Dagewesenes, entspringt der Natur und dem Menschen ein neuer Geist, eine Art Auferstehung von den Toten, erhebt sich ein Phoenix aus der Asche, und ist imstande, neues Leben erblühen