Ich zog sie an mich und küsste zuerst ihre Märchenaugen und anschließend ihr Näschen und schließlich trafen sich unsere Lippen und vereinigten sich wie es schöner nicht sein konnte.
„Ich danke dir“, sagte ich, „dass du mich vor der ersten Dummheit in unserer jungen Beziehung bewahrt hast.“
„Schon gut. Themawechsel. Mein Papa möchte im Anschluss an deinen Kampf morgen Abend einen kleinen Empfang geben.“
„Und wenn ich verliere?“
„Du verlierst nicht. Und wenn dann einen etwas anderen Empfang. Lass das mal meinen Papa machen. Übrigens sind deine Eltern herzlich eingeladen.“
„Dann habe ich noch einen kleinen Nachholbedarf.“
„Wieso und warum?“
„Meine Eltern wissen noch nicht, dass wir seit einer Woche ein Paar sind.“
„Du hast ihnen noch nichts davon erzählt?“
„Ich hatte dazu noch nicht die passende Gelegenheit gefunden.“
„Dann werde ich dir dabei helfen, indem ich dich heute Abend abhole.“
„Einverstanden, aber bis dahin muss ich es ihnen unter die Weste gejubelt haben.“
„Wie sprichst du von unserer Verlobung?“
„Babsi bitte.“
„O.k. habe verstanden, nix Verlobung.“
Lachend lagen wir uns ein letztes Mal in den Armen bevor jeder für sich seinen Heimweg anging.
Ich hätte es eigentlich ahnen müssen.
Hinter der ersten Ecke, die von Babsi nicht mehr einzusehen war, stand eine frierende Monika.
„Kommst du auch schon“, fragte sie vorwurfsvoll, „habt ihr eure Knutscherei endlich beendet?“
„Wenn ich gewusst hätte, dass du hier auf mich wartest, hätte ich schneller geküsst.“
„Sei nicht albern. Warum hast du mich heute so vehement verteidigt, mit allen Risiken, in der Klasse verschissen zu haben?“
„Weil ich dich nach wie vor mag und weil man die Monate die wir zusammen waren nicht einfach auslöschen kann wie eine Lampe.“
„Du hast aber, ohne dass es jemand von dir verlangt hat, sehr liebe Worte gefunden und mich fast verlegen gemacht mit meiner dummen Frage an Babsi. Tut mir leid, ich bereue diese Frage, aber ich liebe dich eben noch immer und kann es nur schwer ertragen, dass diese Ziege mit dir ins Bett steigt.“
„Bitte sachlich bleiben“, versuchte ich sie zu bremsen, „denn diese Ziege ist immerhin das Mädchen welches ich liebe.“
„Ich kann mich noch sehr gut an deine Worte während unserer Klassenfahrt erinnern, als du zu mir gesagt hast, was ist Liebe? Ich glaube dafür sind wir noch zu jung. Wenn ich mir vorstellen könnte ein Mädchen zu lieben, dann wärst du das.“
„Das ist richtig und dazu stehe ich auch. Damals konnte ich mir nur dich als meine zukünftige große Liebe vorstellen, wurde aber inzwischen eines Besseren belehrt.“
„Ich bin mir ganz sicher dass du, hätten wir zuerst miteinander geschlafen, heute eine andere Aussage über das Mädchen, das du liebst, machen würdest.“
„Monika bitte quäle mich nicht weiter. Ich bin dir nach wie vor wohlgesonnen und wie du richtig bemerkt hast, auch meine Gefühle für dich bestehen noch immer in ausreichender Menge. Unsere Wege müssen sich aber vorläufig trennen, ob du es nun wahrhaben willst oder nicht? Gib Babsi und mir die Chance, die wir auch verdienen. Sie hat uns Beiden diese Chance auch gegeben, aber wir konnten sie offensichtlich nicht nutzen.“
Sie sah mich mit ihren treuen blauen Augen an und ich wusste jetzt würden wieder Tränen fließen, Tränen die ich in diesem Augenblick überhaupt nicht gebrauchen konnte. Ich nahm sie daher schnell entschlossen in die Arme, küsste sie ein letztes Mal und rannte dann davon ohne mich noch einmal umzusehen.
Schwierige Erklärung
Das Mittagessen verlief, entgegen meiner und der Gewohnheit meiner Mutter, sehr still.
Nachdem erst vor zwei Tagen Monika hier war und meine Mutter fest davon überzeugt schien, wir zwei wären nach wie vor ein Paar, wusste ich nicht so recht, wie ich ihr nun beibringen sollte, dass es aus war zwischen uns. Erschwerend kam hinzu, dass meine Mutter Monika, wegen ihrer Bescheidenheit und ihrem Respekt älteren Leuten gegenüber, sehr gut leiden konnte.
„Wir bekommen heute Abend Besuch“, begann ich dann entsprechend vorsichtig.
„Von Monika?“
„Nein, wir sind nicht mehr zusammen.“
„Was? Die süße kleine Monika ist nicht länger deine Freundin“, fragte sie entsetzt?
„Das ist schwierig zu erklären“, unternahm ich einen Versuch, „wir wollen weiter befreundet bleiben, aber liebestechnisch ist es aus.“
„Was heißt liebestechnisch“, fragte sie erwartungsgemäß?
Ich wand mich wie ein Aal:
„Na ja, wie soll ich dir das darstellen? Wir sprechen noch miteinander, treffen uns von Zeit zu Zeit, aber lieben uns nicht mehr.“
„Du willst mir doch nicht erzählen, dass du weißt was Liebe ist“, schnaubte sie mich an.
Damit wurde mir zumindestens klar, dass ich bestimmte Punkte meines Zugehörigkeitsgefühles mit Babsi nicht erwähnen konnte. Wenn ich ihr erzählen würde, dass ich schon mit Babsi geschlafen habe, ich glaube sie hätte mir eine gedonnert.
„Ich glaube“, begann ich daher sehr vorsichtig, „dass ich sehr wohl zwischen Freundschaft und Liebe unterscheiden kann. Monika ist für mich ein richtiger Kumpel und eine Freundin, mit der man über alles sprechen kann. Vielleicht hat sie auch etwas mehr von mir erwartet, was ich ihr aber nicht geben konnte. Liebe dagegen ist ein unbeschreibliches Gefühl, ist ein Zustand, den man ein Leben lang erhalten möchte. Ein Zustand, der kribbeln, Kälteschauer, Wärmeschauer und Gänsehaut verursacht.“
„Und das weißt du seit du eine neue Freundin hast?“
„Ja“, bekannte ich kleinlaut.
„Und wer ist es? Kenne ich sie?“
„Du kennst sie schon länger.“
„Doch nicht etwa Ute“, fragte sie erschrocken, denn die entsprach nicht ihren Wunschvorstellungen.
„Nein“, antwortete ich, „nicht Ute. Babsi ist meine große Liebe.“
„Was die kleine Blonde von dem Bauunternehmer Weinert?“
„Genau die und versuche nicht sie mir auszureden.“
„Warum sollte ich das?“
„Weil du nicht so aussiehst als wenn du dich gleich vor Freude überschlägst.“
„Sie muss ja nicht mir gefallen, sondern dir. Ich dachte du stehst mit Babsi auf Kriegsfuß?“
„Das gehört der Vergangenheit an und bestand nur weil wir beide sehr eifersüchtig sind und uns gegenseitig mit anderen Mädchen beziehungsweise Jungen reizen wollten.“
„Wissen ihre Eltern von eurer, wie du sagst Liebe?“
„Sie wollten mich umgehend sprechen, nachdem sie davon erfuhren.“
„Und? Wann wirst du sie beglücken?“
„Schon längst geschehen.“
„Und was haben sie gesagt?“
„Ich soll Maschinenbau studieren und als Maschinentechnischer Leiter