RAYAN - Die Serie (Teil 1 - 4). Indira Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Indira Jackson
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738093896
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Waren, die die Händler lautstark um sie herum anboten. Langsam schlenderte sie durch die engen Zeilen zwischen den Ständen. Eigenartigerweise wurde sie weniger angesprochen und belästigt als sonst. Naja, vielleicht bin ich ja mittlerweile über das interessante Alter hinaus? Mit einem kritischen Blick auf sich selbst blieb sie vor einem Spiegel im Bazar stehen. Obwohl sie keineswegs eitel war, war sie doch mit dem Ergebnis zufrieden:

      Ihr dunkelblondes, langes Haar im Nacken locker zu einem Zopf gebunden und ein leichtes, weißes Leinentuch auf dem Kopf, dazu die dunkelgrüne Leinenbluse, die ihre Augenfarbe so schön zur Geltung brachte. Mit 1,65 Metern war sie eher klein, aber das war bisher von ihren arabischen Verehrern immer als Vorteil gesehen worden.

      Dazu hatte sie eine helle Leinenhose ausgewählt, knöchellang, und passende Sandaletten. Die Kleidung umschmiegte sanft ihren Körper und betonte nicht zu sehr ihre schlanke, sportliche Figur.

      In arabischen Ländern war es besser, lieber mehr bekleidet zu sein, als zu viel Haut zu zeigen. Zur eigenen Sicherheit. Den Männern gefiel die wenige Kleidung (und bloße Haut) sicherlich, die so manche Touristin zur Schau stellte, jedoch verstanden sie dies sofort als Einladung. Das konnte zunächst aufregend sein, wurde bald aber lästig.

      Aber im Vergleich dazu erheblich schlimmer waren die arabischen Frauen. Vor allem die Älteren. Die warfen einem Blicke zu, die töten konnten. Das hatte sie schon vor Jahren gelernt, als sie naiv mit kurzer Hose und Spaghetti-Trägershirt über einen Basar in Ägypten gegangen war. Nach wenigen Minuten hatte sie sich wie beim Spießroutenlauf gefühlt. Seitdem achtete sie auf ihre Kleidung.

      Sie dachte an den Scheich. Warum hatte er sie einfach so angesprochen? Wirklich nur wegen des Artikels? Sie rief sich sein Äußeres wieder in Erinnerung. Sie schätzte ihn auf fast 1,90 Meter. Dazu war seine Figur umwerfend gewesen - diese Muskeln! Und natürlich kamen ihr wieder diese intensiven, dunkelblauen Augen in den Sinn, deren Intensität sie nicht mehr losließ.

      Wieso hat ein Araberscheich eigentlich blaue Augen? Er musste ausländische Vorfahren haben, das ist die einzige logische Erklärung. Der schwarze Rollkragen-Pulli hatte hervorragend zu dem dunklen Jackett gepasst und ahnen lassen, dass sich ein durchtrainierter, muskulöser Oberkörper darunter verbarg.

      Jemand rempelte sie im Gewühle des Marktes von hinten an und holte sie so in die Realität zurück. Sie konzentrierte sich mehr auf ihre Umgebung, schließlich gab es auf jedem großen Bazar auch eine Anzahl Diebe. Vorsicht war also geboten.

      Als sie deshalb die sie umgebenden Menschen besser beobachtete, fiel Carina auf, dass diese zwar öfter ansetzten, sie in der so typischen Art anzusprechen, sich jedoch meist dann schnell abwendeten, um sich anderen Dingen zuzuwenden.

      Erst am Ende des Bazars löste ein Juwelier schließlich das Rätsel für die Münchnerin –„Junge Frau, möchten Sie ihre Schönheit nicht mit einer Kostbarkeit unterstreichen? Eine Kette vielleicht? Oder - Sie haben ja bereits eine Kette – dann vielleicht ein paar Ohrringe passend zu Ihrem Halsschmuck dazu? Darf ich?“

      Ohne eine Antwort abzuwarten, streckte er die Hand nach ihrem neuen Amulett aus. Doch noch bevor sie ihren üblichen Protest für diese Fälle äußern und sich abwenden konnte, verharrte die Hand des Händlers in der Luft. Dann zog er auf einmal seine Hand zurück, als hätte er sich die Finger verbrannt. „Verzeihen Sie bitte, meine Dame, dass ich Sie belästigt habe“ und er verneigte sich vor ihr und verschwand in seinem Laden.

      Da fiel es ihr auf einmal wie Schuppen von den Augen. Sie hatte noch immer die Kette mit dem Emblem des Scheichs um den Hals. Ganz wie dieser Mazin es empfohlen hatte, hatte sie diese nicht abgelegt. Weniger, weil sie sich eine Wirkung erhoffte, als vielmehr weil sie das Schmuckstück für einen Glücksbringer auf ihrer Suche gehalten hatte. Sie konnte kaum glauben, dass der Einfluss des Scheichs offenbar so weit reichte.

      Aber das konnte ihr nur nützen.

      Ein Stück weiter auf der anderen Seite des Marktes fand sie einen Taxistand und gab dem Fahrer die Adresse der Anwaltskanzlei.

      2014 - Dubai - Ausgerechnet ein Anwalt

      Bald erkannte sie, dass der Fahrer das Taxi in die noble Gegend der Stand lenkte. Die Straßen wurden noch breiter, sauberer und leerer.

      Fast ausschließlich teure Autos waren am Rande geparkt oder überholten sie in viel zu hoher Geschwindigkeit. Mit kostspieligen Wagen Wettrennen zu veranstalten, schien hier zum täglichen Vergnügen zu gehören.

      An einem großen, weißen Gebäude mit großen Glasfenstern, dunklen Glastüren und goldenen Türgriffen hielt das Taxi an. Sie bezahlte den Fahrer und stieg aus. Die Umgebung war beeindruckend, der Luxus war überall förmlich zu riechen.

      An dem Gebäude, vor dem sie stand, war auf einer schwarzen Marmortafel in goldenen Lettern der Name der Kanzlei angeschrieben.

      "Die lassen dich nicht mal zur Tür rein!", dachte sie. Doch jetzt aufzugeben, kam nicht in Frage. Sie wollte es zumindest probieren. Jetzt, wo sie extra hierhergekommen war, würde sie auch nicht mehr umkehren. Sie holte tief Luft und öffnete die Tür. Ein Pförtner nickte ihr lediglich grüßend zu, bat sie, sich einzutragen und danach ging sie unbehelligt auf den Fahrstuhl zu.

      Sie fuhr in die oberste Etage, die offenbar komplett vom Anwaltsbüro in Beschlag genommen wurde, wie ihr ein Schild im Inneren des Aufzugs verriet. Als sie aus dem Fahrstuhl trat, fiel ihr zunächst die angenehme Temperatur auf und dann die tiefen teuren Teppiche, die jeden Schritt verschlangen.

      An den Wänden hingen Bilder, die wohl den teuren Eindruck unterstreichen sollten. Sie kannte den Künstler nicht und konnte daher den Wert nicht abschätzen. Aber zugegebenermaßen hatte sie auch sonst keine große Ahnung von Kunst.

      Eine europäisch gekleidete Dame kam sofort mit einem freundlichen Lächeln auf Carina zu und begrüßte sie auf Englisch: „Wie kann ich Ihnen helfen? Haben Sie einen Termin mit einem unserer Anwälte?“

      „Nein, ich habe leider keinen Termin, aber ich würde gerne mit Herrn Taib Riad sprechen, wenn dies möglich ist. Ich habe eine Nachricht für ihn.“

      „Ich verstehe – einen Moment bitte.“

      Sie ging zu ihrem Schreibtisch zurück und telefonierte von dort.

      „Es tut mir leid, aber Herr Riad ist gerade auf dem Weg in ein Meeting, Sie möchten bitte die Nachricht bei mir hinterlassen.“

      Doch Carina wollte auf keinen Fall den Brief aus der Hand geben. „Das geht leider nicht, sie ist für ihn persönlich.“

      Die Dame hob skeptisch die Brauen, blieb jedoch immer noch äußerst zuvorkommend. „Ist es möglich, dass Sie mir mitteilen, von wem die Nachricht für meinen Vorgesetzten ist?“

      „Von Scheich Rayan Suekran al Medina y Nayran persönlich“, antwortete Carina etwas stolz.

      Der Dame war ihre Überraschung anzusehen, aber sie hatte sich sehr schnell wieder im Griff und fand zu ihrem entwaffnenden Lächeln zurück.

      „Einen Moment bitte noch einmal“ – und wieder griff sie zum Telefon. Diesmal jedoch sprach sie länger.

      Als die elegante Frau aufgelegt hatte, stand sie auf: „Herr Riad wird Sie nun empfangen, bitte folgen Sie mir.“

      Carina konnte ihr Glück kaum fassen und ging eilig hinter der Assistentin her, den Gang zu ihrer Rechten entlang bis zum Ende, um die Ecke und wiederum bis zum Ende. Die Namen an den Büros, die sie passierten, verrieten, dass offenbar mehrere Anwälte für die Kanzlei arbeiteten.

      Schon die Tür zu Taib Riads Büro ließ keinen Zweifel daran, dass dieses Büro größer und wuchtiger war als alle anderen.

      Die Dame klopfte und führte Carina dann hinein. Ohne ein weiteres Wort verließ sie anschließend den Raum und schloss die Tür geräuschlos hinter sich. Einen Moment lang fühlte sich Carina verloren in dem großen Raum.

      Er sprach sie in grammatikalisch einwandfreiem Englisch mit eindeutig amerikanischem Akzent an. „Guten Morgen. Mein Name ist Taib