„Herr Bruder, hätten wir den Spitzbuben in unsre Hände bekommen, dann wäre der ganze Bauernaufruhr mit einem Schlag beendet gewesen.“
„Mord und Tod, was hängen soll ersäuft nicht, und jetzt ziehen wir nach Bar, Herr Kamerad.“
Inzwischen kamen in ganzen Scharen Greise, Kinder, Frauen, Männer nach Hubnyk; es waren dies Edelleute aus den umliegenden Dörfern. Während des Blutbades hatten sie sich auf den Eilanden des Bug und in den tiefen Höhlen an den Ufern des Flusses verborgen. Dort hatten sie in der äußersten Hungersnot eine ganze Woche zugebracht und jetzt segneten sie ihre Befreier. Bilowus kehrte zurück, brachte einige Hajdamaken mit und meldete: das Bauernvolk habe sich in seine verschiedenen Heimatorte zerstreut, und Gonta sei mit nicht mehr als zwanzig Reitern Hals über Kopf auf Nebenwegen in der Richtung nach Mohyliw-Podilskyj geflohen.
Um die zwanzig Saporoger, die in Gefangenschaft geraten waren, bejammerten nicht sowohl ihr eigenes Geschick, als den Tod ihres Watazka; auch Nekrasa ist betrübt. Salisnjak war lange Zeit sein Mit-Ataman des Kuren, wenn auch wild, doch tapfer, wenn auch durch die Popen in den Abgrund der Verbrechen hineingestoßen, doch immer ein redliches Gemüt. Er wähnte für den Glauben, für die Freiheit seines Volkes zu kämpfen, eigennützige Absichten hatten niemals Raum in seiner Seele. Der Ataman bat den Porucznik, er möge am nächsten Tage seinen Leichnam aufsuchen und bestatten lassen, wie es einem Kriegsmann gezieme.
Man hatte ein Feuer angezündet und nach eingenommenem Imbiss schickten sie sich an, zur Ruhe zu gehen, als man in der Ferne Musik erschallen hörte. Ein Kosak von der Vorwacht eilte herbei und meldete, dass auf der Straße von Hajssyn viele Fahnen Landesreiterei heranziehen. Schnell stieg der Porucznik zu Pferde und sprengte ihnen entgegen. Bald darauf ertönten Trompeten und Pauken, ein kriegerischer Marsch schmetterte durch die Luft und hallte weit hin. Die Namiestniks zu Fuße stellten ihre Reiter in Ordnung. Nekrasa und die Edelleute gingen ihnen zum Dorf hinaus entgegen, es war der Herr Brigadier Jerlicz, der mit sieben Fahnen Landesreiterei anrückte. Sobald er die ihm Entgegenkommenden erblickte, stieg er vom Pferde, begrüßte Nekrasa und die Adeligen, und dankte ihnen im Namen des Vaterlandes für den errungenen Sieg. Die Offiziere stiegen von den Pferden, alle gingen in den Edelhof, hinter ihnen drein rauschte die Musik, der Brigadier schritt traurig dahin.
„Vorgestern ist Bar von dem moskowitischen General Apraryn genommen worden. Unsere Brüder, die Edelleute, haben viel gelitten.“
„Nun, so wollen wir gleich gegen die siegestrunkenen Moskowiter ziehen,“ entgegnete Nekrasa „sie zusammenhauen und den Konföderierten Hilfe bringen, sie sind ja gute Polen.“
„Herr Ataman, der König ist dem Bunde nicht beigetreten, und das Heer ist dem König treu.“
„So sage man sich von der Treue gegen ihn los; denn es handelt sich hier darum, die Moskowiter aus Polen zu jagen!“
„Vielleicht kommt das Land gerade dann zur Ruhe, wenn der Adelsbund sich auflöst, dann bekommt der König freie Hand?“
Wernyhora schüttelte den Kopf.
„Herr Brigadier, es ist ein Unglück, dass diese Herrn stets auf die gute Gesinnung des Königs vertrauen. Er richtet das Land zu Grunde, davon erhalten wir täglich Beweise. Auf dem Adelsbunde beruht unsere Hoffnung; er sinkt nicht so schnell. Es finden sich schon Leute, die ihn aufrecht erhalten, und wenn ihm das Heer beiträte, dann würde Polen bald aufblühen.“
„Herr Wernyhora, sie wissen, dass ich ein Pole bin, dass ich mein Vaterland liebe. Wir haben zusammen darüber oft gesprochen, aber ich nehme als Offizier eine hohe Stellung ein. Welches ärgerliche Beispiel würde ich geben, wenn ich vom König abfiele?“
„Herr Brigadier, das ist das Unglück, dass der Pole sich eine Menge Verpflichtungen auferlegt, die ihn als Polen gar nichts angehen; meiner Ansicht nach ist die Existenz und die Rettung des Vaterlandes die heiligste Angelegenheit, das übrige alles ist Nebensache.“
Immer neu Hinzugekommene unterbrachen das Gespräch, und alle waren tief betrübt über die Einnahme von Bar und das Unglück der Konföderierten. Der Kämmerer war ganz außer sich vor Zorn, als er von den Offizieren erfuhr, auf Befehl Branickis haben zwei Regimenter Kronfußvolk, als Moskowiter verkleidet, mit den Moskowitern Bar erstürmt und mit diesen Bruderblut vergossen.
„Mord und Tod! Dieser Galgenstrick, dieser räudige Hund! Mord und Tod, dieser Hundsfott, dieser Tatarenbastard, seht ihn nur!“
Major Kordysz unterbrach ihn: „Herr Kämmerer, vielleicht lag hier keine böse Absicht des Herrn Generals zu Grunde; er betrachtet die Konföderierten als Feinde des Königs, als gefährliche Menschen für das Land. Sie sehen, dass er jetzt mit seinem ganzen Heere nach Scharhorod gezogen ist und uns befohlen hat, die Hajdamaken so schnell als möglich zu vernichten, und die Sicherheit des Adels wieder herzustellen.“
„Mord und Tod! Und sie nennen dies eine gute Gesinnung des Herrn Branicki gegen das Vaterland? Ich erkläre jedermann, dass Branicki ein Verräter ist! Mord und Tod! Er hat die Suppe eingebrockt, hat die Mörder gegen den Adel losgelassen, und jetzt, wo er sieht, dass der Adel zu den Waffen greift, jetzt will auch er die Hajdamaken zur Ruhe bringen? Er weiß recht gut, dass es kein Kinderspiel ist, wenn der polnische Adel zu Pferd sitzt; das könnte ihm und seinem König schlecht bekommen. Mord und Tod! Vor Gericht will ich beweisen, dass Branicki ein Verräter ist, ohne Ehre und ohne Glauben, und der König Stanislaus August nicht besser, und wer mir das bestreitet, mit dem bin ich bereit, einen Gang zu machen.“
Und er fasste mit der Hand den Degengriff. Die Offiziere schwiegen, und die Edelleute drückten ebenfalls ihre Entrüstung aus.
Inzwischen gab der Brigadier Befehle, diktierte Rapporte; die Herrn Offiziere entfernten sich nacheinander, um den Felddienst zu besorgen, und die Einquartierung der Soldaten zu leiten.
Wernyhora sprach: „Ihr Herrn Brüder vom Adel, wir werden hier nichts ausrichten, sondern dürfen erwarten, dass Herr Branicki uns entwaffnen und wie Verbrecher behandeln lässt, oder uns gar den Moskowitern ausliefert. Herr Jerlicz ist ein braver Mann, ich kenne ihn von lange her, aber alle diese blanken Offiziere beugen sich vor ihrem militärischen Dienst-Reglement, wie vor einem goldenen Kalbe. Der Offizier ist bei ihnen schuldig und verbunden, den König zu beschützen, ihm treu zu dienen, an das Vaterland denken sie nicht. Die Jüngeren würden sich gerne zu uns halten, aber sie fürchten sich, die Kriegsgesetze zu übertreten und gegen den Willen ihrer Vorgesetzten zu handeln. In ihren Adern fließt polnisches Blut, ihr Herz schlägt für das Vaterland, aber lange Jahre werden vergehen, bis sie anfangen, selbstständig zu denken, selbstständig zu handeln. Doch sie wird einst kommen diese Zeit. Ein Eifer für den Kriegsdienst, der nicht aus der Liebe zum Vaterland hervorgeht, nicht auf das Wohl des Vaterlandes gerichtet ist, nimmt dem Manne den Namen eines Mannes und wandelt seinen Wert in nichts!“
„Mord und Tod, der Herr Kamerad hat Recht. Ein Mann ohne Glauben, ohne Vaterland, ist keinen Schuss Pulver wert. Was soll das heißen: man müsse sich für die Ehre schlagen, das tut jeder elende Tropf, der um Jahreslohn dient. Schlägst du ihm ins Gesicht, so will er sich duellieren für seine Ehre.“
„Meine Meinung, ihr Herrn Brüder, ist nun die: ihr geht gerüstet, wie ihr seid, nach Hause und haltet euch bereit, dem Barer Adelsbunde beizutreten. Er ist durch die Einnahme von Bar noch nicht vernichtet. Sammelt euch in kleinen Abteilungen, tut den Kriegsknechten der Zarin Schaden, wo ihr könnt, lasst euch durch keine Niederlage abschrecken, denn für ein Volk, das mit einem fremden Feind im eigenen Lande Krieg führt, sind Niederlagen nur Sprossen auf der Leiter, die zum Sieg führt; wenn nur Ausdauer da ist, und der feste Entschluss, den Feind auszurotten. Auch in Moskau wird es zuletzt an Leuten fehlen, wenn man nicht aufhört, sie zu morden, wo man sie trifft. Ich verspreche euch baldige Hilfe; es werden sich viele Freunde finden, denn glaubt mir, der fremde Freund ist günstiger gesinnt gegen den, der sich schlägt, so gut er kann, als gegen den, der auf fremde Hilfe rechnend die Ohren hängen lässt und untätig zu Hause sitzt.“
„Herr