Die Geschichte Karthagos. Olde Hansen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Olde Hansen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783750289925
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über eine lange althistorische Tradition und in den Altertumswissenschaften ist das Deutsche noch immer eine Wissenschaftssprache. So soll bereits heute auch eine breitere Öffentlichkeit an der „Geschichte Karthagos“ des Hannibal Minor teilhaben können. Eine Übersetzung ins Dänische folgt im kommenden Frühjahr in der Festschrift, die anlässlich des 300-jährigen Jubiläums der Universität Sakskøbing erscheinen wird.

      Der Text wurde von Olde Hansen kommentiert. Die Kommentare sollen die Geschichte Hannibal Minors mit Hilfe weiterer historischer und archäologischer Quellen erläutern und helfen, sie sowohl in die karthagische Geschichte als auch die antike Weltgeschichte einzuordnen. Neben der Datierung der von Hannibal beschriebenen Ereignisse wird (soweit vorhanden) auf die wichtigste Parallelüberlieferung durch bereits bekannte antike Autoren, die Ergebnisse archäologischer Untersuchungen und (soweit sinnvoll) einzelne Forschungsarbeiten hingewiesen.

      Angesichts der auch für Fachleute unübersichtlichen Quellenlage und der Masse an Forschungsliteratur kann ein solcher Kommentar nur unvollständig bleiben und lediglich dem Zweck dienen, dem neugierigen Leser einen tieferen Einstieg in die Materie zu ermöglichen. Eine wohl tatsächlich vollständige Aufstellung aller bekannten antiken Texte und der älteren Forschungsliteratur zum Thema Karthago findet sich, nach Themen gruppiert, im „Handbuch der Altertumswissenschaft. Band 8, Geschichte der Karthager“ aus dem Jahre 1985 von Werner Huß. Klaus Geus hat darüber hinaus 1994 alle literarischen Belege für die heute bekannten, etwa 200, Karthager zusammengestellt.

      Für die früheren Jahre Karthagos kann hier auch auf Walter Amelings „Studien zu Militär, Staat und Gesellschaft“ von 1993 verwiesen werden, für die Zeit der Römischen Kriege auf die kürzlich erschienene Studie „Roms Aufstieg zur Weltmacht“ von Gunnar Manz. Das zweibändige Werk von Jakob Seibert über den wohl berühmtesten Karthager, den Feldherren und Politiker Hannibal aus dem Jahre 1993 ist zwar thematisch enger gefasst, beschreibt jedoch zusätzlich und akribisch die wissenschaftlichen Diskussionen, die nicht selten auch die gesamte karthagische Geschichte betreffen. Ebenso gewissenhaft hat Hans Meier-Welcker 1979 ein gehaltvolles Heftchen über die Kriege der Karthager auf Sizilien verfasst. Wer sich vor allem ein Bild von Karthago und seiner Kultur machen möchte, dem seien die farbenfrohen Bände des tunesischen Wissenschaftlers M'Hamed Hassine Fantar empfohlen.

      Im Bereich der Archäologie fehlen vergleichbare Zusammenstellungen. Hier ergibt erst die Summe der Erkenntnisse, beispielsweise aus den hier ausgewerteten Überblickswerken von Gilbert Charles-Picard, Serge Lancel, Friedrich Rakob, Hans-Georg Niemeyer, Richard Miles und Roald Docter ein annähernd vollständiges Bild des heute bekannten archäologischen Wissens über das alte Karthago. Bei der Lektüre ist jedoch stets zu beachten, dass neuere Arbeiten – anders als bei rein historischen Arbeiten – in der Regel die älteren „ausstechen“.

      Dass die Beschäftigung mit der Antike auch heute gewinnbringend ist, haben zu Beginn des neuen Jahrtausends Peter Bender, Altay Coşkun und Manuel Tröster gezeigt, indem sie die US-amerikanische Außenpolitik in Auseinandersetzung mit den Römisch-Karthagischen Kriegen untersuchten. Dabei prophezeiten sie den gegenwärtigen USA aus der Römischen Geschichte heraus eine innenpolitische Krise, wie sie mit der Wahl Donald Trumps (als populistischem Wiedergänger des Popularen Tiberius Gracchus) zum Präsidenten auch tatsächlich eintraf. Ebenso beeindruckend kann es sein, sich wie Martina Trapp den Wandel des Bildes von Karthago, das sich die altertumswissenschaftliche Forschung seit rund 200 Jahren immer wieder neu macht (und in die Schulbücher oder die Kunst einfließen lässt), vor Augen zu führen. Karthago war offenbar für viele Historiker immer auch eine Spielwiese, die je nach Zeitgeist und eigenen Vorlieben neu gestaltet wurde.

      Nicht zuletzt aus diesem Grund freuen wir uns über ein Nachwort unseres Freundes Olde. Er wird einen ersten Versuch wagen, sich einigen der oben aufgeworfenen Fragen der Wissenschaft zu stellen und eine ebenso sachkundige wie beherzte historische Bewertung des Textes vorzunehmen.

      Und nun wünschen wir viel Freude beim Entdecken der einzigartigen Welt des alten Karthagos und des Hannibal Minor!

      Die Geschichte Karthagos von Hannibal Minor

       I. Vorworte

       II. Das purpurne Zeitalter

       III. Mauern aus Stein

       IV. Karthago und die Welt

       V. Wendejahre

       VI.Das Eiserne Zeitalter

       VII. Rom

       VIII. Iberien

       IX. Hannibal

       X. Die letzte Blüte

       XI. Der Untergang

       XII. Die Flucht auf den Byrsa-Hügel

      I. Vorworte

      (1) Dies ist die Geschichte Karthagos von Hannibal dem Kleinen von Portus Magonis1, Sohn der Bilmit und des Adherbal von Karthago. Ich schreibe diese Worte im vierzigsten Jahr nach der Zerstörung der Stadt2. Die Geschichte Karthagos soll nicht verschwinden wie ihre Bewohner, Schiffe, Mauern, Manufakturen und Lagerhäuser.

      (2) Als die Stadt meiner Eltern in den Flammen des Scipio3 unterging, war ich selber noch nicht geboren. Meine Familie war im vorletzten Jahr der Stadt, als die Lage immer aussichtsloser wurde, auf die balearischen Inseln geflohen. Dort hatten viele der letzten Karthager eine neue Heimat gefunden. Und hier, in der Stadt des Mago, hatten meine Eltern Freunde und Verwandte, die Herren der Stadt gaben uns Gastfreundschaft, nahmen unsere Steuern und gewährten uns schließlich die Bürgerrechte.

      (3) Wie zu allen Zeiten bewirtschaften auch die letzten Karthager und ihre Kinder Ländereien, gehen dem Handwerk nach und befahren das Meer, nach Mauretanien und Numidien (wohin sich ebenfalls viele Bewohner der Stadt zurückgezogen hatten), zu den Säulen des Herakles und den nördlichen Zinninseln, tauschen Waren mit den Bewohnern Iberiens und Galliens4. Die letzten Überlebenden der Belagerung durch den jungen Scipio sind vor mehreren Jahren verstorben. Wir Nachkommen sind heute aber keine Karthager mehr. Manchmal nennt man uns die „Enkel Elyssas“5 nach der Gründerin Karthagos, doch wir haben uns längst unter die Einheimischen gemischt, vermählt mit Balearen, Iberern und Galliern. Unsere Sprache wird fast nur noch in Numidien und Tyros gesprochen.

      (4) Die Geschichte des früher so großen Karthagos ist heute den Geschichtsschreibern der Römer und Hellenen, die nur all zu oft Feinde der Karthager waren, ausgeliefert6. Vor zehn Jahren habe ich deshalb beschlossen, die Erinnerungen und Geschichten der Alten, ihr Wissen und ihre Legenden, so wie sie sie mir hier erzählten, zu sammeln. Von meiner Frau erhielt ich eine Auswahl der Reden von Karthagos berühmtem Rat Merhabal, die ihre Mutter für die Ausbildung der ihr anvertrauten jungen Söhne der Stadt genutzt hatte. Einem Geschäftsfreund aus Utica verdanke ich zahlreiche Einsichten in das Werk des Mommbaal; er hatte es in seiner Jugend intensiv studiert, ehe es in den Feuern Roms verbrannte. Ich habe alle diese Geschichten aus und über Karthago für mich zusammengefasst, nach Themen und Zeitaltern sortiert, untereinander abgeglichen und mir so die lange Geschichte meiner Vorfahren angeeignet. Schließlich habe ich meine Geschäfte an meine Kinder übergeben, mache nun selber Geschichte und schreibe eben diese Worte.

      1Das