Westside Blvd. - Entführung in L.A.: XXL Leseprobe. Torsten Hoppe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Torsten Hoppe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847647287
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       Kapitel 10 (Steve Delaney)

      Ich parkte meinen Wagen außerhalb der Hollywood Sunrise Studios und stieg aus. Die über dem Asphalt aufgestaute Hitze stürzte sich gierig auf mich und nahm mich wie einen alten Freund in den Arm. Ich hasste diese Temperaturen. Tolles Wetter, um am Strand zu liegen, aber wenn man durch die Straßen der Stadt rennen musste, war diese Luft das Letzte, was ich gebrauchen konnte. Ich zog eine Sonnenbrille aus der Tasche meines Hemdes und setzte sie auf. Nicht weil coole Polizisten stets mit dunklen Gläsern unterwegs waren, wie mir einige Kollegen gerne unterstellten, sondern schlicht und ergreifend aus dem Grund, dass die Sonne extrem blendete und meine Augen recht empfindlich auf die Helligkeit reagierten.

      Als ich dem alten Pförtner der Hollywood Sunrise Studios meinen Ausweis zeigte und nach Sam Henley fragte, griff dieser kurz zum Telefonhörer und wies mir schließlich mit weit ausladenden Armbewegungen den Weg zum Verwaltungsgebäude. Wahnsinn – der Typ sah mit seinem verknitterten Gesicht so aus, als wäre er schon in den Gründerjahren der Filmbranche hier rumgelaufen. Ich schätzte sein Alter spontan auf hundertdreißig. Vielleicht hatte er schon Charlie Chaplin und Harold Lloyd den Weg zu ihren Drehorten gezeigt. Ich warf ihm noch einen faszinierten Blick über die Schulter zu, dann durchquerte ich einige Straßen und wischte mir dabei den Schweiß von der Stirn. Die Studios waren recht weitläufig und ich bereute bereits schnell, den Wagen bei diesen Temperaturen außerhalb geparkt zu haben. Nach einigen Minuten erreichte ich das Verwaltungsgebäude und öffnete die Tür.

      Die kühle Luft der Klimaanlage begrüßte mich herzlich. Im Gegensatz zu der Empfangsdame mit den hochtoupierten Haaren, die mich mit kritischem Blick von oben bis unten musterte.

      »Lieutenant Delaney vom LAPD. Ich möchte zu Mr. Henley.«

      »Haben Sie einen Termin?«

      Wow, ihre Stimme passte perfekt zu ihrem Äußeren: überheblich und abschreckend. Ich nahm die Sonnenbrille ab, klappte sie in aller Seelenruhe zusammen und verstaute sie in meiner Hemdtasche.

      »Ja, ich habe mein Kommen telefonisch angekündigt.«

      Die Hexe am Empfangstisch lachte heiser auf. »Ha, … Sie haben sich selbst angekündigt? Na, das heißt ja wohl noch lange nicht, dass Mr. Henley Sie erwartet, oder?«

      Ich legte meinen Dienstausweis vor ihr hin, stützte mich mit beiden Händen auf dem Schreibtisch ab und blickte ihr direkt in die hässlichen, grauen Augen.

      »Genau aus diesem Grund wollten Sie doch jetzt wahrscheinlich zum Hörer greifen und Mr. Henley von meinem Eintreffen unterrichten, oder?«

      Die Frau rollte mit ihrem Bürostuhl erschrocken ein Stück nach hinten und starrte mich mit großen Augen an. Ein Blick in mein leicht angespanntes Gesicht verriet ihr wohl, dass ich nicht vorhatte, mich auf eine Diskussion mit ihr einzulassen. Sie griff verunsichert nach dem Telefon, wählte eine Nummer und sprach leise in den Hörer. Als sie aufgelegt hatte, lag ein gequältes Lächeln auf ihrem Gesicht.

      »Mr. Henley erwartet Sie. Fahren Sie mit dem Fahrstuhl bitte in den dritten Stock, das Büro auf der linken Seite.«

      Ich nickte ihr freundlich zu und richtete mich wieder zu voller Größe auf. Ich wollte gerade zum Fahrstuhl gehen, als mein Blick auf eine riesige Topfpflanze neben dem Tisch fiel.

      »Was ist das für eine Pflanze?«

      Die Frau sah mich verwirrt an. »Ääh…, ich weiß nicht.«

      Ich ging in die Knie und sah mir die Blätter genauer an. »Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es sieht aus wie die afrikanische Steppenlilie, die unter absolutem Naturschutz steht und deren Einfuhr strengstens verboten ist. Nun ja, ich werde erst mal mit Mr. Henley sprechen; um die Pflanze kann ich mich ja später kümmern.«

      Ich zwinkerte dem Empfangsdrachen kurz zu und ging zum Fahrstuhl. Zurück blieb ein wortloses Frauchen in den Fünfzigern mit offenem Mund und nervösen Zuckungen. Ach, das Leben kann so schön sein…

      Als ich den Lift im dritten Stock verließ, kam mir ein Mann im dunkelgrauen Anzug bereits lächelnd entgegen.

      »Hallo Lieutenant, ich bin Sam Henley. Was kann ich für die Polizei von Los Angeles tun? Ich hoffe, Sie wollen mich nicht wegen zu schnellen Fahrens verhaften.«

      Ich schüttelte schmunzelnd den Kopf. »Nein, Mr. Henley; keine Sorge. Die Auswertung der Verkehrskameras wird erst in zwei oder drei Tagen vorliegen.«

      Das Lächeln war abrupt aus seinem Gesicht verschwunden und er starrte mich verunsichert an. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.

      »Keine Angst, Sir, ich bin nicht von der Verkehrspolizei. Allerdings wünschte ich, es würde sich um eine solche Bagatelle handeln. Ich komme vom ‘Major Case Squad’.«

      Die Erleichterung war ihm deutlich anzusehen, denn sein Fahrstil schien ihn schon häufiger in Schwierigkeiten gebracht zu haben.

      »Sie haben mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt«, lächelte er und machte eine Handbewegung in Richtung seines Büros. Wir ließen uns in einer gepolsterten Sitzecke nieder und ich kam gleich zur Sache.

      »Mr. Henley, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass eine Ihrer Schauspielerinnen gestern Abend entführt worden ist.«

      Sam Henley setzte sich aufrecht hin und starrte mich mit großen Augen an.

      »Oh mein Gott; wer ist es?«

      »Es handelt sich um Heather Simms, die in der von Ihnen produzierten Serie ‘Westside Blvd.’ mitspielt.«

      »Heather? Oh nein; ich habe sie gestern Mittag noch in der Kantine getroffen. Was ist passiert?«

      »Das versuchen wir gerade herauszubekommen. Sie hat gestern nach Drehschluss die Studios gegen neunzehn Uhr verlassen, ist in ihrer Wohnung aber nicht angekommen. Ihre Mitbewohnerinnen waren davon ausgegangen, dass sie bei ihrem Freund Peter übernachten würde und haben sich nichts dabei gedacht. Heute Morgen bekamen die Eltern von Heather Simms jedoch einen Anruf von ihrer Tochter, in dem sie ihnen sagte, dass sie entführt worden sei.«

      Sam Henley trank einen Schluck Wasser und stellte das Glas mit zittrigen Händen wieder auf dem Tisch ab. »Das arme Mädchen…; Wissen Sie schon, was der Entführer will?«

      »Nein, er hat aus irgendwelchen Gründen nicht mit dem Vater gesprochen. Ist Ihnen bekannt, ob es bei Heather in der letzten Zeit irgendwelche Probleme gegeben hat?«

      Der Produzent schüttelte den Kopf. »Nein, aber dafür bin ich auch nicht nah genug am Set. Ich kann Sie zu unserem Regisseur Terry Gordon bringen, vielleicht kann er Ihnen weiterhelfen.«

      »Das wäre sicherlich hilfreich. Ist er auch Samstags hier in den Studios?«

      »Oh ja; er lebt für seine Arbeit. Er bereitet schon unzählige Dinge für die Drehs der nächsten Woche vor.«

      »Sind noch andere Personen da, mit denen Heather regelmäßig zu tun hatte? Jemand, zu dem sie ein eher freundschaftliches Verhältnis hat?«

      »Nein, heute nicht; aber wenn Sie möchten, könnte ich ein paar Anrufe machen.«

      Ich nickte ihm dankbar zu. »Das wäre wohl sehr hilfreich. Aber erwähnen Sie am Telefon bitte nichts von der Entführung. Wir wollen es nicht an die große Glocke hängen, ehe wir nicht mehr Informationen haben. Insofern möchte ich auch Sie bitten, diese Unterredung für sich zu behalten.«

      Sam Henley erklärte mir den Weg zum Studio 4, in dem die Serie ‘Westside Blvd.’ gedreht wurde und griff anschließend zum Telefon. Ich verabschiedete mich und fuhr mit dem Fahrstuhl wieder hinunter. Als ich die Kabine verließ, saß die Empfangsdame an ihrem Schreibtisch und zeigte mir ihr schönstes Lächeln – was sie jedoch auch nicht wirklich attraktiver erscheinen ließ. Dörrpflaume bleibt Dörrpflaume. Der Blumentopf neben dem Tisch war wie von Geisterhand verschwunden. Ich unterdrückte nur mit Mühe ein Lachen und eilte zum Ausgang.

      Nach mehreren Minuten in der sengenden Hitze stand ich vor einer riesigen Halle, die mit Studio