Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742749215
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des

       heiligen Aegidius in Morimund machte, unversehens

       in seinem niedern Dienste. Da nun der Freund in

       Eberhard dringt, ihm zu folgen, ruft dieser aus: Ja, hin

       nach dem alten Berge! Und bat den Abt von Morimund,

       zwölf Klosterbrüder mit ihm in seine Heimat

       ziehen zu lassen, zog heim und wandelte Schloß Berg

       in ein Kloster um, das er nun, vielleicht mit aus Erinnerung

       an jenes thüringische Altenberge, wo er oft auf

       waldiger Höhe im Gebet gekniet hatte, auch Altenber-

       ge nannte. Sein Bruder Adolf trat als Mitbegründer

       auch in das neue Kloster, dem Eberhard vorstand, und

       da es mit ihm zum Sterben kam und sein Bruder weinend

       an seinem Lager stand, sagte er einen Tag und

       eine Stunde voraus, wo er Adolf wiedersehen werde,

       und genau zu derselben Stunde ging Adolf zum Tode

       ein und zum Wiedersehen in dem ewigen Leben.

       108. Der Klosteresel

       Als die vormaligen Grafen und nun Klostermönche

       Eberhard und Adolf in Altenberge gestorben waren,

       wurde ein Mönch, der mit von Morimund gekommen

       und dort schon Subprior gewesen war, zum Abt von

       Altenberge erwählt, der hieß Berno. Unter ihm beschloß

       der Konvent, das Kloster von der steilen Berghöhe,

       auf der es lag, herab und in das Tal zu verlegen,

       durch das die Dhüne ihre raschen Wellen rollt. Einige

       schlugen nun diese, andere jene zum neuen Aufbau

       geeignete Stelle vor, aber die Meinungen waren sehr

       verschieden und ließen sich nicht vereinigen. Da riet

       Abt Berno, die Brüder sollten doch den Klosteresel

       entscheiden lassen. Da nun die Brüder mit dieser Entscheidung

       vollkommen einverstanden waren, so

       wurde der Esel an das Tor der alten Burg geführt und

       von da seinem Gang überlassen. Der Langohr schritt

       gemachsam den Berg hinab, und die Mönche folgten

       ihm. Im Tale, wo der Kaibach von der Spechtshard

       herunterkommt, und wo damals nur Wald und Waldwiesen

       waren, stand der Esel still, trank einmal,

       schaute sich um, iahte und legte sich. An dieser Stelle

       nun wurde das neue Kloster erbaut. Hundert Jahre

       hatte es dort bestanden, da war Konrad von Hochstaden,

       welcher zum Kölner Dome den ersten Stein

       legte, auch in Altenberge, und man legte dort den

       Grundstein zu einer Dom- und Klosterkirche von großer

       Pracht und Herrlichkeit, und in ihr sind die Grabstätten

       und Grabdenkmäler fast aller Grafen und spätern

       Herzoge von Berg und Mark, bis im Jahre 1511

       das altberühmte edle Geschlecht erlosch.

       109. Der blühende Bischofstab

       Aus dem Geschlechte der Grafen vom Berge und Altena

       stammte auch Bruno, der sechsundvierzigste Erzbischof

       von Köln, das war gar ein andächtiger und

       frommer Priester und von so großer Demut und Bescheidenheit,

       daß er sich lange weigerte, sein wichtiges

       Amt zu übernehmen. Es drückte ihn die hohe

       Würde, und nur drei Jahre behielt er sie, dann kam er

       nach Altenberge von Köln herüber, hielt noch einmal

       in pontificalibus in der herrlichen Kathedrale das

       Hochamt und trat dann als schlichter Zisterziensermönch

       in die Schar der Brüder des Klosters Altenberge

       ein. Seinen Bischofstab hing er zum Andenken

       hinter dem Hochaltar der Kirche auf, diente Gott in

       Treue und starb am Tage des heiligen Gregorius im

       Jahre des Herrn eintausendzweihundert. Als die Brüder

       früh in die Kirche kamen, die Vigilien zu singen,

       war sie mit Wohlgeruch erfüllt, und dem Bischofstabe

       waren Palmenzweige und weiße Lilien entsproßt, die

       also dufteten. Da erkannten alle, welch ein heiliger

       Mann ihr Bruder Bruno gewesen.

       110. Immenkapelle

       Im Kloster Altenberge lebte auch ein Klosterbruder,

       der war des Klosters Bienenvater und schien nicht mit

       sonders hellem Geist begabt, viel eher am Verstande

       beschränkt, doch gar sinnig treu vom Herzen. Da man

       nun das Allerheiligste durch die Fluren trug unter Gesängen

       und Litaneien, der Saaten Wachstum und Gedeihen

       zu fördern, so dachte der Bienenvater in seiner

       Einfalt, wenn die heilige Hostie dem Korn und Weizen

       Gedeihen gebe, so könne, werde und müsse sie

       das auch dem Honig und Wachse, nahm heimlich eine

       geweihte Hostie und legte sie in das Bienenhaus in

       einen leeren Korb von Glas. Da schwärmten alsbald

       die Immen herbei und bauten um das Heiligtum von

       eitel Wachs ein überaus kunstvolles Sakramenthäuschen

       mit Türen, Kuppeln, Türmchen, Spitzbogen,

       Pfeilern und gar wunderzierlichem Schmuck. Darauf

       kamen die Tiere des Feldes und beugten sich vor dieser

       wunderbaren Monstranz. Da nun die Brüder solches

       Wunder anstaunten, bekannte der Bruder Bienenvater,

       was er getan, und da erhob man das Sakramenthaus

       der Immen und stellte es unter Absingung

       frommer Hymnen in der Klosterkirche auf, das Bienenhaus

       aber ward abgebrochen und an seine Stätte

       eine Kapelle gebaut, die nannte man hernach stetig

       die Immenkapelle. Der Klosterbruder Bienenvater

       aber ward von der Zeit noch stiller und in sich gekehrter

       und starb bald darauf.

       111. Nibelung von Hardenberg und der Zwerg

       Goldemar

       Im Jülicher Lande saß ein Edler, des Namens Nibelung

       von Hardenberg, dem waren die Schlösser Hardenberg,

       Hardenstein und Rauenthal, und bei ihm

       wohnte ein Zwergenkönig oder Elbe, der hieß Goldemar,

       der war dem Nibelung von Hardenberg und nicht

       minder dessen schöner Schwester gar sehr zugetan,

       gab Ratschläge und war hülfreich in allen Sachen.

       Und obschon der Elb Goldemar sich nicht sehen ließ,

       vielmehr stets unsichtbar blieb, so ließ er sich doch

       deutlich