Mit schwarzen Flügeln. Daimon Legion. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daimon Legion
Издательство: Bookwire
Серия: Mit schwarzen Flügeln
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750224087
Скачать книгу
aus Eimern schüttete, sah man allgemein vor Dunst selten die Hand vor Augen.

      Grünschnäbel mochten nichts Wundersames am Land der Toten finden, aber Luzifel empfand den Tapetenwechsel zumindest etwas erfrischend. Einmal weg von der ganzen Reinheit, der Weißheit des Himmels, dem heiteren Wetter und dem angenehmen Klima.

      Andere Mysterien eines anderen Gottes sehen.

      Der Herrin des Hades’ war er allerdings noch nie begegnet, denn sie pflegte stets nur Konsultationen mit Gott zu halten. Für eine Audienz musste man mindestens genauso wichtig sein. Drunter ging es nicht. Anscheinend war sie eine ziemlich eingebildete Person ...

      Dennoch hätte er sie gern einmal gefragt, was das für Leuchtpunkte waren, die um sie alle herumschwebten und ein Geräusch von sich gaben wie hell schellende Silberglocken. Die Luft war erfüllt von ihnen und ihr tausendfaches Klirren übertönte alle platschenden Regentropfen. Früher – als er gerade neu geschaffen und unwissend war – hatte er kindlich versucht, eines zu fangen und mit nach Hause zu nehmen, es wie ein Haustier zu halten. Nur spielten die Funken nicht mit und entschlüpften seinen Fingern ... Gott nahm ihn zornig ins Gespräch, er solle die Toten nicht bestehlen. Seitdem ließ er die Irrlichter glühen und ignorierte ihr schimmerndes Singen.

       Ja, ich bleibe ganz artig. Wie befohlen ...

      An der Spitze seiner nassen Gefolgschaft Stellung beziehend, spähte Luzifel von einer Steilklippe aus durch den Regenschleier, auf der Suche nach den Dämonen. Obgleich er hoffte, sie nicht im weiten Land zu finden. Vielleicht hatten sie das Höllentor bereits erreicht und er müsste erfolglos heimkehren.

      „... weiß doch selber gar nicht, wo er hinreitet ...“, hörte er Reihen hinter sich die Hetzer murmeln. „... hat keinen Biss mehr, will nicht mehr kämpfen ... lässt die Höllenbrut sicher ziehen ... wir sollten den Rat benachrichtigen und uns einen neuen Anführer suchen ... Michael hätte sie bestimmt gefunden und wir könnten endlich raus aus diesem Mistwetter ... Ja, der Hohe Rat sollte uns Michael geben.“

      Wegen dem ach-so-feinen Rat seid ihr Trottel hier, schoss es Luzifel wütend durch den Kopf. Stellt euch selber hin und macht es besser, anstatt nur an mir herumzunörgeln.

      Für die Du-bist-Schuld-Nummer herzuhalten, hatte er keinen Nerv. Bloß weil einige Engel so neidische Idioten waren, dass sie alles gegen ihn auffuhren, was aufzufahren ging.

      Pech für die Teufel. Wenn er sie fand, würde er an ihnen ein Exempel statuieren, wer im Himmel der größte aller Kämpfer war. Ganz sicher nicht sein viel geschätzter Bruder. Und alle Gegenspieler würden das stinkende Dämonenblut in die arroganten Visagen geschmiert bekommen, damit sie nie mehr auf den Gedanken kämen, sich über ihn lustig zu machen.

      Zähneknirschend wischte er den Regen von seinen Augen und schärfte die Sicht.

      „... hab gehört, er frönt seit Neustem der Trägheit ...“, verlachte ihn leise ein Niemand. „... neigt dazu, den Todsünden zu verfallen ... Vielleicht hockt er bald mit bei denen im Knast ...“

       Dort.

      Unterhalb einer Hochebene sah er eine Gruppe über die grasige graue Steppe ziehen. Geschätzt waren es um die zweihundert Mann, vielleicht noch fünfzig Köpfe mehr, aber Luzifel wusste erfahrungsgemäß, dass sie auch Kinder und Frauen mit sich führten. Es war mit Sicherheit niemals eine wehrhafte Kriegerelite.

      Luzifel zog sein Schwert aus der Scheide. Die Kristallklinge wies glänzend in die Ferne.

      Dunkel grollte der Gardeführer seiner Truppe zu: „Macht sie nieder!“,.

      Jaspis breitete seine Flügel aus und stürzte mitsamt seinem Reiter den Hang hinab. Kurz bevor die goldenen Eisen das Gras platt trampeln konnten, sprang Luzifel aus dem Sattel und breitete seine eigenen Schwingen aus. Weiß brachen sie aus seinem Rücken hervor und gingen von einem scheinbar geisterhaften in einen physischen Zustand über.

      Seinem Beispiel folgend, flogen die anderen Engel ihm nach und bald galoppierte ihre gesamte Herde geflügelter Pferde donnernden Hufes über die Feldmark, während die Soldaten mit gezücktem Silberschwert vom Luftraum her die gegnerische Gruppe anvisierten.

      Den Angriff bekamen die Dämonen schnell mit, allerdings zerstreuten sie sich kopflos. Jaspis, als Anführer der Herde, rannte in einen Großteil der Flüchtigen hinein und machte sie dem Erdboden gleich. Seine Eisen zerschmetterten im Nu Knochen und Leiber. Schwarzes Blut tränkte das Land. Grelle Todesschreie hallten über den Hades hinweg.

      Mit seinen Mannen griff Luzifel von oben herab die Überlebenden an und ihre Klingen surrten geräuschvoll durch die Luft, dass selbst das Läuten der Glühsterne übertönt wurde. Es dauerte nicht lange, da war von der Dämonenschar nichts mehr übrig.

      Sein Schwert zog er getränkt aus dem Körper eines Toten. An seiner reinweißen Uniform blieb kein Schmutz haften, doch Luzifels Gesicht glänzte feucht vom Blut so vieler Opfer. Bebend vor Kampfeswut stand er inmitten all derer, die zu töten er gekommen war. Ein einzelner Monolith im stillen Leichenmeer.

      Verdruss machte sich in ihm breit.

      Wie erwartet. Bauern, Frauen, Kinder. Man schickte ihn, den Schlächter, gegen wehrloses Vieh. Was hatten sie einem derart tödlichen Streiter entgegenzubringen?

      Für diese Art Krieg war er nicht geschaffen. Er war der verhasste Widersacher würdigerer Gegner. Größerer Feinde. Ihn gegen die Schwachen zu schicken – was für eine Verschwendung. War er nur dazu geeignet, Hirten und Greise zu vernichten? Worin lag der Sinn?

      Für Ruhm und Ehre? Mit Sicherheit nicht.

      Für den Himmel? Für den Rat, der ihm die Drecksarbeit überließ?

       Wofür kämpfe ich hier eigentlich?

       Warum bin ich hier?

      Seine Ohren vernahmen wieder das Klirren der Funken. Sie waren mehr geworden und tanzten um ihn herum, als verfluchten sie seine Schandtat, das Wunder des Lebens nicht zu achten. Ihre leisen Töne klangen wie verzweifelte Stimmen im grauen Äther.

      Seufzend drehte er sein Gesicht gen Himmel und ließ die kalten Wassertropfen das Kriegsfeuer löschen. Seine lodernde Wut kühlte aus. Langsam spülte der Regen das Blut von seiner blassen Haut.

       Warum bin ich hier?

       Warum kommt mir alles so falsch vor?

       Warum kann ich nur töten?

       Warum bin ich, was ich bin?

       Wer bin ich überhaupt?

      Die Garde scharrte sich um ihn. Keiner war so blutgetränkt wie er. Mit seinen schönen blauen Augen musterte er grimmig jeden einzelnen Engel, der nur furchtsam auf ihn zurückstarrte. Für sie schien er ebenso ein Dämon zu sein.

      Ein Monster.

       Ich bin nicht wie ihr.

       Wer bin ich?

      „Der Todesstern“, wisperte es verschwörerisch hinter ihm.

      Luzifel ließ sein Schwert für heute ein letztes Mal niedersausen und brachte den Heuchler mit gezielter Schnelligkeit zum Schweigen. Der ihm unbekannte Gardist schien selber überrascht zu sein, denn er merkte erst, dass sein Hals durchtrennt war, als nur noch gurgelnde Worte des Blutes seinen Mund verließen. Der hohle Schädel kippte vor, zu seinen Füßen in den Schlamm, der leblose Körper fiel nach hinten weg.

      Durch die gefletschten Zähne knurrend, strafte Luzifel diese Lästerzunge gnadenlos und grausam wie all jene Teufel, die so unnötig durch ihn sterben mussten.

       Elender Rat.

       Ihr feiges Pack.

      Wutschnaubend peitschte er mit einem Schwung das Rot von der Klinge und verließ das Schlachtfeld. Niemand stellte sich ihm entgegen. Sie hatten Angst vor ihm.

      Mit dem