Zweitens, weil er keine Lust hatte, dass Tom, die Dorftratsche, gleich wieder die Runde drehte. So gern er seine Freunde mochte, sie waren allesamt alte Klatschweiber!
Der Einzige, der bislang von seiner Vorliebe für Alexa wusste, war Chris. Der war nur leider nicht hier und im Moment auch absolut nicht der richtige Ansprechpartner für Herz-Schmerz ... oder irgendetwas anderes. Seit dem Unfall hatte Chris sich mehr und mehr zurückgezogen. Von dem smarten, lebenslustigen, jungen Mann war nicht mehr allzu viel übrig.
Bran befürchtete, dass Chris noch eine ganze Weile nicht aus diesem Loch herauskommen würde. Er konnte nur hoffen, dass er ihn eines Tages wieder würde lachen sehen.
"Du kannst mich nicht belügen, Bran, dafür kenn ich dich zu lange", sagte Tom nur grinsend und verließ dann das Versorgungszelt.
Der Nachmittag verging Gott sei Dank schnell. Länger hätte er nicht mehr dabei zusehen wollen, wie seine Traumfrau sich an Jack kuschelte. Es war kaum auszuhalten. Er wäre am liebsten zu den beiden gelaufen und hätte sie von ihm weg gezerrt.
"Aha!", sagte Dave neben ihm.
"Was?", fragte Bran abwesend, da er Jacks Hand beobachtete, die Alexas Rücken streichelte.
"Du hast dich in die Schlangenfrau verknallt", sagte Dave grinsend.
"Nein", wehrte Bran ab. Auch wenn Dave nicht ganz so schlimm wie Tom und Shane im Klatschen war, so hatte er doch keine Lust, seine Gedankenwelt vor ihm auszubreiten.
"Genau, du starrst nur einfach so wie ein wütender Stier seit Stunden zu den beiden rüber", gab Dave zurück
"Und wenn schon. Sie sind zusammen und gut", antwortete Brandon und hörte selbst, dass er ein klein wenig frustriert klang.
"Na und, ist doch ihre Entscheidung", sagte Dave und zog die Augenbrauen zusammen.
"Nein, ich mach sowas nicht."
"Bei Maya hast du es doch auch getan."
"Das war doch etwas ganz anderes! Erstens waren sie nicht zusammen, also ist es doch mein gutes Recht, es zu versuchen. Shanes eigene Schuld, wenn er sich nicht festlegen wollte. Und zweitens hatte er sich ihr gegenüber so beschissen verhalten, dass ich sie ein wenig wachrütteln wollte. Sie muss sich vom dem Idiot doch auch nicht alles gefallen lassen!"
"Wer bist du? Ein Samariter? Denk lieber mal an dich selbst, anstatt Heil über die ganze Welt bringen zu wollen!"
"Du bist doch der Arzt, Dave. Solltest du nicht irgendwas von wegen Nächstenliebe und so geschworen haben?"
"Nein, ich habe nur geschworen zu helfen. Soll ich dein gebrochenes Herz nähen?", lachte Dave und stupste ihn mit seiner Schulter an.
"Lach du nur. Ihr seid alle nur noch ein Stück jünger, aber wenn ihr die 30 mal überschritten habt, werdet ihr dieselben Gedanken bekommen!"
"Nie im Leben!"
"Da wette ich sogar mit dir drauf!"
"1000 $", lachte Dave und hielt ihm die Hand hin.
Darauf schlug Bran gern ein, denn er war sich sicher, dass sie irgendwann alle das Gleiche wollten.
"Und jetzt komm, wir gehen zur Show!"
Nickend erhob er sich, warf einen letzten Blick auf die Frau, die er nicht haben konnte, und ging dann zusammen mit seinen Freunden zum Marktplatz.
Sie benötigten wie gewöhnlich knappe zehn Minuten, um zu dem für sie reservierten Tisch zu gelangen. Er war groß und rund, trotzdem mussten sie in diesem Jahr ein wenig zusammenrücken, damit beide Gruppen daran Platz fanden.
Dann begaben sie sich auch schon zur Bühne, um ihren Auftritt zu absolvieren.
Alles lief glatt und sie hatten weder Probleme mit ihrem Neuzugang noch mit den Samen, die sie seit Chris schrecklichem Unfall anstatt des Pyrofluids benutzten. Anschließend stießen sie gemeinsam auf die erfolgreiche Vorführung an.
"Warum kommt ihr nicht mit, Ryan?", fragte Jason gewohnt neugierig, als die Gruppe sich über Mikes Geburtstagsparty unterhielt.
"Er ist nicht gerade mein Freund", antwortete Ryan brummig und drückte seine Verlobte enger an sich.
"Warum?", hakte Jason nach.
Sky seufzte. "Weil er mein Ex ist, Jason. Wann lernst du endlich, nicht immer in den falschen Wunden zu bohren?"
"Wenn ihr anfangt, vollständige Informationen zu verteilen", gab Jason, jetzt selbst brummig, zurück. Er rieb sich über seinen Kiefer, als würde er Tys Schlag vom vergangenen Herbst immer noch spüren.
Eine weitere Stunde Gefrotzel und Kabbeleien später entschieden sie, sich auf den Weg zu machen.
Sie gratulieren dem Geburtstagskind und begaben sich dann geschlossen zur Bar, um sich mit Getränken zu versorgen. Nur Maya und Shane blieben zurück und unterhielten sich mit Mike.
"Mhmmm, was ist das denn feines?", fragte Jason einige Zeit später.
Bran sah sich suchend um, um zu erspähen, was Jason so interessant fand. Dabei entdeckte er Jack, der in ziemlich eindeutiger Pose vor einer kleinen Brünetten stand. Sie lehnte mit dem Rücken an einem Baum und hatte einen Fuß daran abgestützt. Jack stand sehr nah vor ihr und lehnte mit einem Unterarm über ihrem Kopf am Baum.
Sie kicherte, wie Frauen eben kicherten, wenn sie flirteten. Und diese beiden taten es eindeutig. An manchen Stellen hätte Bran kein Blatt Papier mehr zwischen ihre Körper gebracht.
Wie konnte dieses Arschloch das nur tun? Die perfekte Frau lag in seinem Zelt und er flirtete hier mit einer, die nicht einmal einen Bruchteil so viel Klasse hatte wie Alexa.
Bran kochte vor Wut. Er würde diesem Wichser beibringen, was er von solchen Aktionen hielt!
Er kippte den Rest seines Rums auf Ex und knallte das Glas auf die Bar.
"Was ...?", setzte Tom an, verstummte dann jedoch, als er Brans Blick folgte.
"Lass es lieber!", rief er ihm noch hinterher, aber Bran hatte nicht vor, auf ihn zu hören. Wütend krachten seine Füße bei jedem Schritt auf den Boden.
"Hast du denn überhaupt kein Gewissen, du Arschloch!", schrie er, als er noch ungefähr drei Meter von Jack entfernt war.
Jack wandte ihm seinen Blick über die Schulter zu. Verwirrt zogen sich seine Augenbrauen zusammen. Dann löste er sich von der Frau.
"Was meinst du?", erdreistete er sich zu fragen.
"Tu nicht so scheinheilig! Deine Freundin liegt in deinem Zelt und du machst hier mit einer anderen rum?", schrie Bran und stieß ihn hart vor die Brust.
"Was soll das?", fluchte Jack und schlug Brans Hände zur Seite.
"Wichser wie du haben solche Frauen nicht verdient", knurrte Bran, holte aus, platzierte seine Faust auf Jacks Kinn und Mund. Der leichte Schmerz in seiner Faust befeuerte seine Wut nur noch weiter.
Der wesentlich schmalere Mann flog nach hinten und landete hart auf seinem Rücken. Seine Lippe war aufgeplatzt und das Blut lief sein Kinn hinab. Aber Bran hatte kein Mitleid. Im Gegenteil. Am liebsten würde er ihm sofort noch eine auf seine verlogene Fresse geben. Bis er sie endlich hielt!
"Sag mal, hast du sie nicht mehr alle?", stöhnte Jack und rollte sich zur Seite.
Daraufhin hätte er dem Idioten gern noch eine nachgesetzt, aber Dave und Logan hielten ihn in Schach. Sie sprachen auf ihn ein, aber Bran blendete ihre Worte einfach aus. Zu groß war seine Wut. Zu unkontrolliert brodelte und kochte es in ihm.
Er riss sich los und verließ die Party. Er musste sich ein wenig beruhigen, sonst würde er sich noch mit jemandem anlegen, der überhaupt nichts dafür konnte.
Tief sog er die kühle Abendluft in seine Lungen. Die Ruhe abseits des Lagerlebens