Epidemiologie für Dummies. Patrick Brzoska. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patrick Brzoska
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Серия:
Жанр произведения: Медицина
Год издания: 0
isbn: 9783527837212
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dazu finden Sie in Kapitel 5.

      Woher, wohin: Wanderungsbewegungen

      Wenn Sie das schöne Bielefeld verlassen und nach Australien auswandern (oder als Australier, nach kühlem Regen lechzend, aus Ihrem staubtrockenen Land zu uns nach Bielefeld zuwandern), bezeichnen die Bevölkerungsstatistiker das als Außenwanderung oder internationale Migration. Ziehen Sie hingegen aus Bielefeld ins benachbarte Paderborn, so heißt das Binnenwanderung. Die Wanderungsstatistik erfasst beide Formen der räumlichen Bevölkerungsbewegung – vorausgesetzt, die Zu- oder Abwanderer melden sich ordnungsgemäß bei den zuständigen Einwohnermeldeämtern an oder ab (weitere Details hierzu finden Sie in Kapitel 24).

      

Die Angaben zur Anzahl der in Deutschland lebenden Ausländer stammen aus zwei Statistiken: dem Ausländerzentralregister, das dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zugeordnet ist, und der Bevölkerungsfortschreibung. Die Staatsangehörigkeiten der Zuwanderer können Sie nur dem Ausländerzentralregister entnehmen. In der amtlichen Fortschreibung des Bevölkerungsstands wird ausschließlich zwischen deutscher und ausländischer Bevölkerung insgesamt unterschieden.

      Verliert oder gewinnt Deutschland durch die internationale Migration an Bevölkerung? Um diese Frage zu beantworten, berechnen Sie den Wanderungssaldo.

      

Der Wanderungssaldo ist die Differenz aus Zuzügen und Fortzügen innerhalb eines Zeitraums (meist eines Jahres).

Bevölkerungsgruppe Wann? Wie viele?
Flüchtlinge aus ehemals deutsch besiedelten Gebieten in Osteuropa 1945 bis 1950 12 Millionen
Arbeitsmigranten aus Italien, der Türkei und anderen Mittelmeerländern 1955 bis 1973 4 Millionen
Asylsuchende 1990 bis 2020 5,4 Millionen
Aussiedler und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, Polen und Rumänien 1980 bis 2019 3,5 Millionen

      Die demografische Formel

      Die Demografen fassen alle Einflussfaktoren der Bevölkerungsentwicklung in einer Formel zusammen. Sie heißt Grundgleichung der Bevölkerungsdynamik oder einfach »demografische Formel«. Die zukünftige Bevölkerungsgröße (B1) ergibt sich aus der Bevölkerungszahl zum Ausgangszeitpunkt (B0) plus der Zahl Geburten (G) minus der Sterbefälle (S) plus der Zuzüge (Z) minus der Fortzüge (F) innerhalb eines Zeitraums:

upper B Subscript 1 Baseline equals upper B Subscript 0 Baseline plus upper G en-dash upper S plus upper Z en-dash upper F

      Hier ein Beispiel: Wenn Sie die Bevölkerungszahl von Deutschland zum 31.12.2019 kennen (B0 = 83.166.711), addieren Sie die Geburten im Jahr 2020 (G = 773.144), ziehen die Sterbefälle ab (S = 985.572), addieren die Zuzüge (Z = 1.186.702) und ziehen die Fortzüge ab (F = 966.451). Sie erhalten so die Bevölkerungszahl zum 31.12.2020 (B1 = 83.174.534). (Die offizielle Zahl ist etwas kleiner, da das Statistische Bundesamt zusätzlich sogenannte »Bestandskorrekturen« durchführt).

      

Wanderungen haben keinen Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung insgesamt auf der Welt – die Größe der Weltbevölkerung wird nur durch die Geburten und die Sterblichkeit bestimmt.

      Die für die demografische Formel erforderlichen Bevölkerungszahlen erhalten die Epidemiologen aus der Bevölkerungsstatistik. Sie gehört zu den wichtigsten Arbeitsgebieten der amtlichen Statistik. Informationen über die Bevölkerungsstruktur und -entwicklung helfen Managern und Politikern, Entscheidungen im Gesundheitswesen, in der Bildungspolitik sowie in der Arbeits- und Wirtschaftspolitik zu treffen.

      

Die Bevölkerungsstatistik gibt Ihnen darüber hinaus Aufschluss über Lebenseinstellungen und Werte der Gesellschaft. Eheschließungen und Ehescheidungen sagen etwas über die Wertschätzung der Familie aus. Die Geburtenentwicklung ist unter anderem Ausdruck der Einstellung, die eine Gesellschaft Kindern gegenüber hat.

      Der neugierige Staat: Volkszählungen

      Die Frage »Wie viele sind wir?« bewegt Regierungen seit dem Altertum. »Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste …« So steht es in der Weihnachtsgeschichte (Lukas 2, 1-2). Tatsächlich gab es in China schon früher Volkszählungen.

      Bei einer Volkszählung (auch »Zensus« genannt) erfassen die Bevölkerungsstatistiker alle in einem Land lebenden Personen und befragen sie nach ihrem Alter, Geschlecht und weiteren Angaben. Nach einer Volkszählung schreiben die statistischen Ämter den Bevölkerungsstand bis zum nächsten Zensus jährlich fort.

      

In den alten Bundesländern beruht die Fortschreibung des Bevölkerungsstands auf der letzten Volkszählung von 1987. In den neuen Bundesländern dient eine Auszählung des Zentralen Einwohnerregisters der ehemaligen DDR aus dem Jahr 1990 als Grundlage. Die DDR hatte zuletzt 1981 eine Volkszählung durchgeführt.

      Die statistischen Ämter erhalten die für die Fortschreibungen erforderlichen Daten zu Geburten, Sterbefällen und Eheschließungen sowie zu Wanderungsbewegungen von den Standesämtern und den Einwohnermeldeämtern. Ergänzt werden diese Informationen durch den jährlich stattfindenden Mikrozensus. Dazu besuchen Interviewer 1 Prozent aller Privathaushalte und erheben aktuelle Daten zu Bevölkerungsstruktur und wirtschaftlicher Lage (siehe Kapitel 24).