Epidemiologie für Dummies. Patrick Brzoska. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patrick Brzoska
Издательство: John Wiley & Sons Limited
Серия:
Жанр произведения: Медицина
Год издания: 0
isbn: 9783527837212
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In der ehemaligen DDR förderte der Staat junge Mütter weit mehr als im Westen. Trotzdem glich sich die Gesamtfruchtbarkeitsrate bis Ende der 1980er-Jahre an die in Westdeutschland an. Die Frauen in der DDR bekamen ihre Kinder in jüngerem Alter, sie hatten aber im Durchschnitt nicht mehr Kinder als die Frauen im Westen.

      Im Zeitraum von der Wende bis Ende 1994 sank die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau in den neuen Bundesländern von 1,5 auf 0,8. Das ist der stärkste je zu Friedenszeiten beobachtete Rückgang (im Laufe der Jahre bis 2019 stieg die durchschnittliche Kinderzahl in Ost und West auf etwas über 1,5 an). Der Geburtenausfall im Osten wird in der nächsten Generation zu einem weiteren Geburtenausfall führen, da ja weniger Frauen geboren wurden, die nun Kinder bekommen könnten. Hinzu kommt eine Abwanderung von Frauen in den Westen.

      Ost-West-Wanderung und ihre Folgen

      Das Gebiet der ehemaligen DDR hat seit 1948 massive Abwanderungen erlebt, Zuzüge fanden kaum statt. In den Jahren nach der Wende sind über 1,5 Millionen Menschen in den Westen verzogen. Konkret bedeutet das:

       Die neun größten ostdeutschen Städte (ohne Berlin) verloren zwischen 1990 und 2000 im Mittel 9,4 Prozent ihrer Bevölkerung. In Rostock betrug der Rückgang 20 Prozent beziehungsweise rund 50.000 Menschen. Viele Städte konnten die Bevölkerungsverluste bis 2020 wieder kompensieren oder verbuchten sogar Zugewinne, wie beispielsweise Leipzig. Aber zehn ostdeutsche Landkreise und kreisfreie Städte sind zwischen 1990 bis 2019 um über 30 Prozent geschrumpft, beispielsweise Suhl.

       In Mecklenburg-Vorpommern wird laut Bevölkerungsvorausberechnungen das Medianalter der Bevölkerung bis 2030 auf 52,6 Jahre steigen. Zum Vergleich: In Deutschland insgesamt wird das Medianalter von derzeit 47,8 Jahren auf 48,1 Jahre im Jahr 2030 steigen.

      Es wanderten vor allem junge, gut ausgebildete Menschen ab, darunter besonders viele Frauen. Ältere und Pflegebedürftige sowie niedrig Qualifizierte blieben zurück, was zu hohen Arbeitslosen- und Sozialhilfequoten beitrug. So kam es regional zu einem relativen Mangel an jungen Frauen im Alter von 18 bis 29 Jahren. Im ehemaligen Landkreis Uecker-Randow im südöstlichen Mecklenburg-Vorpommern kamen im Jahr 2006 rechnerisch nur noch 74 junge Frauen auf 100 junge Männer. Das kann nicht gut für die Gesundheit sein.

      Die Folgen des Bevölkerungsrückgangs sind für die Menschen in schrumpfenden Städten und Kreisen deutlich spürbar. Die Kommunen nehmen weniger Steuern ein und können daher weniger Leistungen bieten. Manche kommunalen Aufgaben wie die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung lassen sich nicht einfach proportional zu einem Bevölkerungsrückgang abbauen, ihre Qualität droht zu leiden. Auch Ärzte wandern ab, was zur Folge hat, dass die gesundheitliche Versorgung in ländlichen Gebieten der neuen Länder immer schwieriger aufrechtzuerhalten ist.

      Wo sind die indischen jungen Frauen geblieben?

      Ein zahlenmäßiges Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen gibt es nicht nur im Osten von Deutschland und als Folge von Abwanderung. Blättern Sie noch einmal zurück zu Abbildung 4.2, die Ihnen die Bevölkerungspyramide von Indien zeigt. Wenn Sie die beiden Altersgruppen 15 bis 24 Jahre ansehen, fällt Ihnen eine deutlich größere Zahl von jungen Männern (133 Millionen) als von jungen Frauen (117 Millionen) auf. Es fehlen rund 16 Millionen junge Frauen. Woran liegt das?

      Normalerweise kommen etwas mehr Jungen als Mädchen zur Welt. Im Kindesalter sollte aber nur noch ein kleiner Unterschied sichtbar sein, so wie in Deutschland. Sie können das in der Bevölkerungspyramide in Abbildung 4.3 sehen.

      In einigen asiatischen Ländern genießen Söhne eine höhere Wertschätzung als Töchter (unter anderem wegen der hohen Kosten für die Mitgift). Manche Eltern versorgen männliche Säuglinge besser als weibliche, sodass die Sterblichkeit der Mädchen oft höher ist als die der Jungen. Zudem boten über Jahre hinweg skrupellose Mediziner in Ländern wie Indien und China Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft an, mit dem (illegalen) Ziel, weibliche Föten abzutreiben. So wächst in Indien eine Generation heran, in der innerhalb einer 10-Jahres-Altersgruppe 16 Millionen Männer keine Frau finden werden. Die sozialen und gesundheitlichen Folgen sind schwer abzuschätzen.

      Was schließen wir aus alledem?

      Die Gesundheit der Menschen hängt nicht nur von individuellen Verhaltensweisen ab. Vielmehr spielen auch gesellschaftliche Faktoren eine große Rolle. Einer dieser gesellschaftlichen Faktoren ist die Bevölkerungsentwicklung (weitere Faktoren lernen Sie in Kapitel 20 kennen, dem Kapitel zur Sozialepidemiologie). In einer alternden Gesellschaft steigt die Prävalenz von Demenzerkrankungen und von Pflegebedürftigkeit. In einer schrumpfenden Gesellschaft vergrößern sich regionale Ungleichheiten, die sich auf die Gesundheit auswirken können. Epidemiologen benötigen zuverlässige Bevölkerungszahlen und demografische Grundkenntnisse, um solche Prozesse verstehen zu können.

      Werkzeuge zum Messen und Vergleichen

      Epidemiologen messen die Häufigkeit von Risikofaktoren und von Krankheiten in der Bevölkerung. Dann stellen sie Vergleiche an: Wer hat ein besonders hohes Krankheitsrisiko? Wie unterscheiden sich die Risikofaktoren zwischen Kranken und Gesunden? Antworten auf diese Fragen sind die Voraussetzung, um Krankheiten vermeiden zu können. Der zweite Teil stellt Ihnen den Werkzeugkasten der Epidemiologen vor. Hier finden Sie alle notwendigen Instrumente zum Messen und Vergleichen.

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