33 – – micat inter omnes Iulium sidus, velut inter ignes Luna minores. Horat. Lib. I. Od. XII.
34 2 Kor. IV, 6.
35 Offenb. XVI, 15.
Kapitel 3
Alle Farben der schönsten Welt verbleichen: so bald ihr jenes Licht, die Erstgeburt der Schöpfung, erstickt. Ist der Bauch euer Gott: so stehen selbst die Haare eures Hauptes unter seiner Vormundschaft. Jede Kreatur wird wechselsweise euer Schlachtopfer und euer Götze. – Wider ihren Willen – aber auf Hofnung – unterworfen, seufzet sie unter dem Dienst oder über die Eitelkeit; sie thut ihr Bestes eurer Tyranney zu entwischen, und sehnt sich unter den brünstigsten Umarmungen nach derjenigen Freyheit, womit die Thiere Adam huldigten, da GOTT sie zu dem Menschen brachte, daß er sähe, wie er sie nennte; denn wie der Mensch sie nennen würde, so sollten sie heißen.
Diese Analogie des Menschen zum Schöpfer ertheilt allen Kreaturen ihr Gehalt und ihr Gepräge, von dem Treue und Glauben in der ganzen Natur abhängt. Je lebhafter diese Idee, das Ebenbild des unsichtbaren GOttes36 in unserm Gemüth ist; desto fähiger sind wir Seine Leutseeligkeit in den Geschöpfen zu sehen und zu schmecken, zu beschauen und mit Händen zu greifen. Jeder Eindruck der Natur in dem Menschen ist nicht nur ein Andenken, sondern ein Unterpfand der Grundwahrheit: Wer der HERR ist. Jede Gegenwürkung des Menschen in die Kreatur ist Brief und Siegel von unserm Antheil an der Göttlichen Natur37, und daß wir Seines Geschlechts38 sind.
O eine Muse wie das Feuer eines Goldschmieds, und wie die Seife der Wäscher39 Sie wird es wagen, den natürlichen Gebrauch der Sinne von dem unnatürlichen Gebrauch der Abstractionen40 zu läutern, wodurch unsere Begriffe von den Dingen eben so sehr verstümmelt werden, als der Name des Schöpfers unterdrückt und gelästert wird. Ich rede mit euch, Griechen! weil ihr euch weiser dünkt, denn die Kammerherren mit dem gnostischen Schlüssel; – versucht es einmal die Iliade zu lesen, wenn ihr vorher durch die Abstraction die beyden Selbstlauter α und ω ausgesichtet habt, und sagt mir eure Meynung von dem Verstande und Wohlklange des Dichters.
Μηνιν· ειδε Θε· πηληι· δε· χιληος
Seht! die große und kleine Masore der Weltweisheit hat den Text der Natur, gleich einer Sündfluth, überschwemmt. Musten nicht alle ihre Schönheiten und Reichthümer zu Wasser werden? – Doch ihr thut weit größere Wunderwerke, als die Götter sich jemals belustiget41 haben, durch Eichen42 und Salzsäulen, durch petrificirte und alchymische Verwandlungen und Fabeln, das menschliche Geschlecht zu überreden – Ihr macht die Natur blind, damit sie nämlich eure Wegweiserin seyn soll! oder ihr habt euch selbst vielmehr durch den Epikurismum die Augen ausgestochen, damit man euch ja für Propheten halten möge, welche Eingebung und Auslegung aus ihren fünf Fingern saugen. – Ihr wollt herrschen über die Natur, und bindet euch selbst Hände und Füße durch den Stoicismus, um desto rührender über des Schicksals diamantene Fesseln in euren vermischten Gedichten fistuliren zu können.
Wenn die Leidenschaften Glieder der Unehre sind, hören sie deswegen auf, Waffen der Mannheit zu seyn? Versteht ihr den Buchstaben der Vernunft klüger, als jener allegorische Kämmerer der alexandrinischen Kirche den Buchstaben der Schrift, der sich selbst zum Verschnittenen machte, um des Himmelreichs willen? Die grösten Bösewichter gegen sich selbst, macht der Fürst dieses Äons zu seinen Lieblingen; – – seine Hofnarren sind die ärgsten Feinde der schönen Natur, die freylich Korybanten und Gallier zu Bauchpfaffen, aber starke Geister zu wahren Anbetern hat.
Ein Philosoph, wie Saul43 , stellt Mönchengesetze – – Leidenschaft allein giebt Abstractionen sowohl als Hypothesen Hände, Füße, Flügel; – Bildern und Zeichen Geist, Leben und Zunge – – Wo sind schnellere Schlüsse? Wo wird der rollende Donner der Beredsamkeit erzeugt, und sein Geselle – der einsylbichte Blitz44 Warum soll ich Ihnen, nach Stand, Ehr und Würden unwissende Leser! Ein Wort durch unendliche umschreiben, da sie die Erscheinungen der Leidenschaften allenthalben in der menschlichen Gesellschaft, selbst beobachten können; wie alles, was noch so entfernt ist, ein Gemüth im Affect mit einer besonderen Richtung trift; wie jede einzelne Empfindung sich über den Umkreis aller äußeren Gegenstände verbreitet45; wie wir die allgemeinsten Fälle durch eine persönliche Anwendung uns zuzueignen wissen, und jeden einheimischen Umstand zum öffentlichen Schauspiele Himmels und der Erden ausbrüten. – Jede individuelle Wahrheit wächst zur Grundfläche eines Plans, wunderbarer als jene Kuhhaut zum Gebieth eines Staats; und ein Plan, geraumer als das Hemisphär, erhält die Spitze eines Sehpuncts. – – Kurz, die Vollkommenheit der Entwürfe, die Stärke ihrer Ausführung; – die Empfängnis und Geburt neuer Ideen und neuer Ausdrücke; die Arbeit und Ruhe des Weisen, sein Trost und sein Eckel daran, liegen im fruchtbaren Schooße der Leidenschaften vor unsern Sinnen vergraben.
»Des Philologen Publicum, seine Welt von Lesern, scheint jenem Hörsaal ähnlich zu seyn, den ein einziger Platon füllte46. – Antimachus fuhr getrost fort, – wie geschrieben steht:
Non missura cutem nisi plena cruoris hirudo.«
Gerade, als wenn unser Lernen ein bloßes Erinnern wäre, weist man uns immer auf die Denkmale der Alten, den Geist durch das Gedächtnis zu bilden. Warum bleibt man aber bey den durchlöcherten Brunnen der Griechen stehen, und verläst die lebendigsten Qvellen des Alterthums? Wir wissen vielleicht selbst nicht recht, was wir in den Griechen und Römern bis zur Abgötterey bewundern. Daher kommt der verfluchte Widerspruch47 in unsern symbolischen Lehrbüchern, die bis auf diesen Tag in Schaafsfell zierlich gebunden werden, aber inwendig – ja inwendig, sind sie voller Todtenbeine, voller hypo-kritischer Untugend48.
Gleich einem Manne, der sein leiblich Angesicht im Spiegel beschaut, nachdem er sich aber beschaut hat, von Stundan davon geht und vergißt, wie er gestaltet war; eben so gehen wir mit den Alten um – Gar anders sitzt ein Maler zu seinem eignen Contrefait. – Narciß, (das Zwiebelgewächs schöner Geister) liebt sein Bild mehr als sein Leben49
– bibit visae correptus imagine formae.
Spem sine corpore amat, corpus putat esse, quod vmbra est.
Adstupet ipse sibi, vultuque immotus eodem
Haeret vt e Pario formatum marmore signum.
Spectat humi positus geminum, sua lumina, sidus,
Et dignos Baccho, dignos & Apolline crines,
Impubesque genas & eburnea colla, decusque
Oris, & in niueo mistum candore ruborem;
Cunctaque miratur, quibus est mirabilis ipse.
– – opaca fusus in herba
Spectat inexpleto mendacem lumine formam,
Perque oculos perit ipse suos; paulumque leuatus
Ad circumstantes tendens sua brachia siluas:
»Ecquis io! siluae, crudelius, inquit, amauit?
(Scitis enim & multis latebra opportune fuistis) – – –
Et placet & video; sed quod videoque placetque
Non tamen inuenio. Tantus tenet error amantem!
Quoque magis doleam, nec nos mare separat ingens
Nec via, nec montes, nec clausis moenia portis.
Exigua prohibemur aqua – – –
Posse putes tangi. MINIMVM est quod amantibus obstat.
Quisquis es, huc exii – – –
Spem mihi nescio quam vultu promittis –
– – lacrymas quoque saepe notaui
Me lacrymante tuas, nutu quoque signa remittis –
In te ego