Lediglich Anträge auf Prüfung von Zusammenschlüssen sowie auf Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern können nur von der BWB oder dem BKA gestellt werden.
5.2 Bundeswettbewerbsbehörde (BWB)
172
Die beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eingerichtete weisungsfreie und unabhängige BWB wurde ebenso wie der BKA mit der Novelle 2002 zum Kartellgesetz geschaffen. Ziel der BWB als eine der beiden Amtsparteien ist es, funktionierenden Wettbewerb sicherzustellen und Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen entgegenzutreten. Die BWB ist als Aufgriffs- und Ermittlungsbehörde ohne Entscheidungsbefugnis ausgestaltet. Sie hat (u.a.) folgende Befugnisse:
– | Wahrnehmung der Parteistellung im Verfahren vor dem Kartellgericht; |
– | Durchführung der Europäischen Wettbewerbsregeln in Österreich; |
– | allgemeine Untersuchung eines Wirtschaftszweiges, sofern die Umstände vermuten lassen, dass der Wettbewerb in den betreffenden Wirtschaftszweigen eingeschränkt oder verfälscht ist (Branchenuntersuchungen); |
– | Leistung von Amtshilfe in Wettbewerbsangelegenheiten gegenüber dem Kartellgericht, Kartellobergericht etc.; |
Die BWB kann ferner beim Kartellgericht die Erlassung eines Hausdurchsuchungsbefehls beantragen.
5.3 Bundeskartellanwalt (BKA)
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Bei der zweiten Amtspartei neben der BWB, dem BKA, handelt es sich um eine dem Bundesminister für Justiz unmittelbar unterstellte, weisungsgebundene Behörde. Das Kartellgesetz überträgt dem BKA die Aufgabe der Vertretung des öffentlichen Interesses in Angelegenheiten des Wettbewerbs beim Kartellgericht. Wie die BWB hat auch der BKA die Möglichkeit, alle nach dem Kartellgesetz vorgesehenen Anträge einzubringen und jederzeit auch in Verfahren, in denen er nicht Antragsteller war, als Partei aufzutreten und Rechtsmittel gegen kartellgerichtliche Entscheidungen zu erheben. Die primäre Verfahrensinitiative und Betreibung soll jedoch der BWB überlassen werden.
6. Rechtsdurchsetzung
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Liegt eine Verletzung des KartG vor, so bestehen folgende Risiken für Unternehmen:
– | Nach § 26 KartG hat das Kartellgericht Zuwiderhandlungen gegen die Verbote wirksam abzustellen und dem beteiligten Unternehmen die hierzu erforderlichen Aufträge zu erteilen. Statt der Abstellung kann das Kartellgericht aber auch Verpflichtungszusagen der beteiligten Unternehmer und Unternehmervereinigungen verbindend erklären, wenn zu erwarten ist, dass diese Zusagen zukünftige Zuwiderhandlungen ausschließen. |
– | Gem. § 28 KartG kann das Kartellgericht eine Zuwiderhandlung gegen ein im ersten Hauptstück des Kartellgesetzes enthaltenes Verbot feststellen, auch wenn die Zuwiderhandlung gegen das Verbot bereits beendet ist. Voraussetzung ist, dass ein berechtigtes Interesse daran besteht. |
– | Wenn ein Unternehmer oder einer Unternehmervereinigung vorsätzlich oder fahrlässig gegen ein Verbot verstößt, kann das Kartellgericht gem. § 29 KartG auf Antrag der BWB oder des BKA Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Umsatzes verhängen. |
– | § 168b StGB enthält einen gerichtlichen Straftatbestand für Bieterabsprachen (Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren). Über die Bestrafung der natürlichen Person kann es auch zu einer Bestrafung des Unternehmens kommen (siehe dazu die Ausführungen zum VbVG unter Rn. 118 ff.). |
7. Wettbewerbsrechtliche Compliance-Programme
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Um den kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen und der Verhängung von Geldbußen vorzubeugen, aber auch um für den Fall einer überraschenden Hausdurchsuchung gewappnet zu sein, haben die meisten Unternehmen, die aufgrund ihrer Größe oder ihrer Marktposition der Gefahr einer Wettbewerbsverletzung ausgesetzt sind, bereits seit einigen Jahren spezielle „Compliance-Programme“ implementiert. Sie stammen ursprünglich aus dem angloamerikanischen Rechtsraum und sind eine Reaktion auf die „Federal Sentencing Guideline“ aus den frühen 90er Jahren. Die Guidelines sehen vor, dass bei einem Wirtschaftsdelikt das Vorliegen bestimmter Umstände als Milderungsgrund zu werten ist; dazu zählt u.a. ein installiertes Compliance-Programm. In Österreich und auch auf europäischer Ebene schrecken allerdings die Wettbewerbsbehörden davor zurück, Compliance-Maßnahmen im Rahmen der Geldbußenbemessung als Milderungsgrund oder gar als einen die Haftung einschränkenden Gesichtspunkt zu berücksichtigen.[6]
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Die Europäische Kommission hat in dem Ende 2011 erschienenen Leitfaden mit dem Titel „Compliance matters – What companies can do better to respect EU compention rules“[7] wesentliche Aussagen über den Wert von Compliance-Maßnahmen und die Mittel zur Sicherstellung der Kartellrechts-Compliance getroffen. Die Europäische Kommission unterstreicht darin die Notwendigkeit einer klar formulierten Strategie und eine auf das konkrete Unternehmen zugeschnittene Compliance-Lösung. Sie betont aber auch, dass bloße Lippenbekenntnisse oder abstrakte, formalistische Compliance-Bemühungen nicht ausreichen. Die Europäische Kommission verlangt dabei ein starkes „management committment“, gepaart mit einer „top down“-Management-Kultur, welche idealerweise durch einen Compliance-Vorstand sichtbar gemacht wird.[8]
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Die Wettbewerbskommission der International Chamber of Commerce hat in ihrem 2013 erschienenem „ICC Toolkit zur kartellrechtlichen Compliance“ ein weiteres Handbuch sowohl für KMU als auch größere Unternehmen herausgebracht. Dieser enthält praktische Tipps und Orientierungshilfen, die Unternehmen beim Aufbau und der Verstärkung glaubwürdiger kartellrechtlicher Compliance-Programme unterstützen können.[9]
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Außerdem wurde von der Bundeswettbewerbsbehörde in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Österreich ein Leitfaden „Kartellrecht und Compliance, für einen professionellen Umfang mit kartellrechtlichen Regeln auf betrieblicher Ebene“ herausgegeben. Dabei werden in auch für Nicht-Juristen verständlicher Rechtssprache die wesentlichen Punkte der kartellrechtlichen Risikobereiche identifiziert, und werden außerdem deren Rechtsfolgen sowie Empfehlungen für die Handhabung erörtert.[10]
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Aufbau/Bestandteile eines Compliance-Programmes:[11]
– | Legal Audit: Üblicherweise wird mit einer kartellrechtlichen Bestandaufnahme begonnen um festzustellen, in welchen Unternehmensbereichen potentiell Absprachen getroffen werden könnten. |
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