b) Bedeutung interner Ermittlungen bei der Strafverfolgung
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Was strafrechtliche Reaktionen anbelangt, kommt Internal Investigations ebenfalls erhebliche Bedeutung zu. Da in den USA Kriminalsanktionen auch gegen juristische Personen ausgesprochen werden können, eröffnen unternehmensinterne Ermittlungen die Möglichkeit einer Entlastung. Dies kann bereits Relevanz erlangen für die Frage, ob Anklage erhoben wird,[17] mag aber ebenso für das Strafmaß eine Rolle spielen.[18]
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Seit dem Jahr 1999 existieren Richtlinien des US-Justizministeriums (DOJ), welche die Ermessensausübung im Bezug auf die Anklageerhebung betreffen. Darin wird insbesondere auch die Durchführung interner Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts genannt.[19] Ähnlich normieren die „Sentencing Guidelines“ für Unternehmen, die abstrakte Regelungen über Art und Höhe einer angemessenen Strafe enthalten, dass sich der sog. culpability score,[20] mithin der Verschuldensgrad, unter anderem danach bemisst, ob das Unternehmen zur Zeit des Rechtsverstoßes über effiziente Strukturen zur Verhinderung und Ermittlung von Rechtsverletzungen verfügt.[21] Internal Investigations wiederum lassen sich durchaus als essentieller Bestandteil eines solchen Systems qualifizieren.
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Einige Autoren führen die Karriere der Internal Investigations in den USA auf das dortige „Anreizsystem“ zurück, das in abstrakt genereller Form Anreize und Drohungen enthält, die eine Durchführung von internen Ermittlungen nahe legen.[22] Diese Anreizwirkung sei empirisch belegbar und beruhe auf der Kombination aus einem hohen abstrakten Strafmaß und einem zugleich ausgeprägten Ermessensspielraum der Behörden im Bezug die Anklageerhebung und einem deswegen weit reichenden Einfluss auf das „Ob“ und „Wie“ unternehmensinterner Ermittlungen.[23]
a) Gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung interner Ermittlungen?
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Deutschland ist diesem Trend längst hinterhergelaufen. Denn auch hierzulande etablieren sich im Unternehmen zunehmend Strukturen im Bereich der Corporate Governance, die neben Compliance auch Internal Investigations einschließen. Das bedingt zunächst der Umstand, dass sich deutsche Unternehmen zunehmend am US-amerikanischen Markt bewegen bzw. an dortigen Börsen gelistet sind,[24] sich deswegen bei der SEC registrieren müssen[25] und damit in den Anwendungsbereich des dortigen Sanktionssystems geraten. Dann erlangen unternehmensinterne Ermittlungen für sie dieselbe Relevanz wie für in den USA ansässige Unternehmen, was sich freilich nicht allein auf die Geschäftstätigkeit im US-amerikanischen Raum beschränkt.[26]
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Allerdings verfügen mittlerweile auch rein im innerstaatlichen Raum tätige Unternehmen über Risikomanagementstrategien, welche die Durchführung interner Ermittlungen beinhalten.[27] Die deutschsprachige Fachliteratur weist dabei zutreffend darauf hin, dass sich eine Pflicht zur Aufklärung von Rechtsverstößen respektive von Fehlverhalten allgemein partiell aus (kapital-)gesellschaftsrechtlichen Vorschriften wie bspw. § 91 Abs. 2 AktG ergibt.[28] Demnach hat der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden.[29] Im Einzelnen ist zwar umstritten, welche Maßnahmen damit gemeint sind; klar ist aber zumindest, dass Vorstandsmitglieder Hinweisen jedenfalls nachzugehen haben. Eine Pflicht, Nachforschungen durch Externe vornehmen zu lassen, ergibt sich daraus aber nicht bzw. jedenfalls nur insoweit, als komplexere Rechtsfragen im Raum stehen oder die Ermittlungen aufgrund der Bedeutung der Sache einen zu großen Umfang aufweisen.[30] Relevante Regelungen finden sich auch in § 25a KWG, § 64a VAG und § 33 WpHG.
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Außerhalb des Finanzsektors besteht jedoch kein gesetzliches Obligat, solche Maßnahmen zu ergreifen. Insbesondere für Gesellschaften mit beschränkter Haftung gibt es eine solche Pflicht nicht.[31] Soweit Unternehmen gleichwohl entsprechende Vorkehrungen treffen, beruht dies mutmaßlich auf der Tatsache, dass diese ein „zweckmäßiges Instrument des Krisenmanagements“ darstellen.[32] Indes beinhaltet das deutsche Recht[33] letztlich keine Vorgaben dazu, welche Maßnahmen im Einzelnen dem Bereich der Corporate Governance zuzuordnen sind und wie sie sich in einem Strafverfahren auswirken.[34]
b) Die Katalysator-Funktion des Siemens-Skandals
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Früher kam – nicht zuletzt aufgrund der fehlenden gesetzlichen Verpflichtung hierzu – internen Ermittlungen nur wenig bis überhaupt keine Bedeutung zu.[35] Lediglich vereinzelt fanden sich Ansätze, die solchen Untersuchungen bereits einen eigenständigen Ermittlungswert sowie einige Relevanz beimessen konnten.[36] In den Fokus von Fachwelt und Öffentlichkeit rückten Internal Investigations erst durch den sog. Siemens/ENEL-Fall,[37] wobei es hier vor allem die Frage der Verwertbarkeit von im Wege interner Ermittlung erlangten Informationen in einem Strafverfahren zu beantworten galt. Da Siemens-Aktien an US-Börsen gehandelt werden, unterfällt die Siemens AG den dortigen (strafrechtlichen) Regelungswerken – insbesondere dem Foreign Corrupt Practices Act (FCPA).[38] Für Siemens erschien es angesichts der deswegen drohenden Sanktionierung geradezu zwingend, sich gegenüber den US-amerikanischen Strafverfolgungsbehörden bzw. der SEC möglichst kooperativ zu verhalten und zu einer vollständigen Aufklärung des Sacherhalts durch umfassende interne Untersuchungen beizutragen.[39]
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Der Fall Siemens/ENEL erregte im deutschsprachigen Rechtsraum beachtliches Aufsehen.[40] Vor allem die Tatsache, dass den Beteiligten hierbei (zum Teil mit Erfolg im Bezug auf ihre Mitwirkungsbereitschaft) für eine vollständige, wahrheitsgemäße Aussage eine „Amnestie“ in Aussicht gestellt wurde,[41] ließen unternehmensinterne Ermittlungen dieser Art (insbesondere nach außen hin) als ein praktikables Mittel erscheinen, um existenzbedrohend hohe Sanktionen nach US-Recht[42] zu vermeiden.[43] Im Ergebnis fiel das Auge der Öffentlichkeit mit dem Siemens-Skandal auf denjenigen Teilbereich einer jeden Unternehmensführung, der sich eigentlich als „Corporate Responsibility“[44] oder – enger – „Corporate Governance“[45] bezeichnen lässt. Geschäftspartner und Kunden ebenso wie die Öffentlichkeit insgesamt schätzen es, wenn sich die Unternehmensleitung um normkonformes Verhalten innerhalb des Betriebs bemüht und auch repressiv die Einhaltung von Mindeststandards im Bezug auf die Lauterkeit der Geschäftstätigkeit im Ganzen sichert. Dieser Effekt kann dazu beitragen, einen durch negative Publicity erlittenen Image- und Reputationsverlust auszugleichen.[46]
c) Privatisierungstendenzen im Strafverfahren und Schaffung eines Unternehmensstrafrechts
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Zum Teil ist der „Boom“ unternehmensinterner Ermittlungen auch mit den aktuellen Privatisierungstendenzen im Strafverfahren zu erklären. Private Ermittlungen etablieren sich zunehmend auch im Ermittlungsverfahren nach dem deutschen Strafprozessrecht, etwa in Gestalt der Beiziehung privater Sachverständiger nach §§ 161a Abs. 1 S. 2 i.V.m. 73 Abs. 1 S. 1 StPO oder schlicht als eigene Ermittlungen des Beschuldigten, die dieser vornimmt, um zu seiner Entlastung beizutragen.[47] Allerdings lässt sich zugleich die Tendenz beobachten, dass zunehmend auch die Staatsanwaltschaften ihre eigene Ermittlungsaufgabe „privatisieren“.[48]
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Speziell im Bezug auf die hier in Rede stehenden Sachverhalte werden Unternehmen aufgefordert, eigene Nachforschungen zu betreiben und zu ermitteln,