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Eine Zusammenfassung der aktuellen Entwicklung der Straßburger Rechtsprechung bieten die Jahresberichte (Annual Reports) und die monatlich auf der Homepage des EGMR (www.echr.coe.int) unter der Rubrik Case-Law – Case-law Analysis bereitgestellten Rechtsprechungsübersichten (Case-Law Information Notes) und Presseberichte zu einzelnen Fällen (Press Releases), die über HUDOC abgerufen werden können.
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Die zwischen 1960 und 1995 ergangenen Urteile des EGMR sind in englischer und französischer Sprache in der amtlichen Sammlung (Publications of the European Court of Human Rights – Series A) erschienen. In den seit 1996 erschienenen Sammelbänden (Reports of Judgments and Decisions – ECHR) sind ausgewählte Urteile und Entscheidungen des Gerichtshofs enthalten (vgl. Rule 78).
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Regelmäßige und unregelmäßige Übersichten zur Rechtsprechung des EGMR erscheinen in der NStZ[37], in der ÖJZ[38] und bis 2008 im GYIL[39]. Einige Urteile und Entscheidungen – insbesondere die Deutschland betreffende Judikatur – sind zudem über die Internetseite des BMJV[40] und seit einiger Zeit auch unmittelbar über HUDOC in einer nichtamtlichen deutschen Übersetzung durch das BMJV zugänglich.[41]
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Ein Fundstellenverzeichnis der in deutschsprachigen Rechtszeitschriften veröffentlichten Urteile ist unter www.egmr.org (keine offizielle Seite des Gerichtshofs) eingestellt.
Teil 1 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte › A. Einführung › VI. Arbeitsbelastung des Gerichtshofs
VI. Arbeitsbelastung des Gerichtshofs
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Vor allem auf dem Gebiet des Strafverfahrensrechts hat der EGMR dank der zahlreichen, aus unterschiedlichen nationalen Strafverfahrensordnungen stammenden Individual-Beschwerden im Laufe der Jahre europäische Mindeststandards herausbilden können.[42] Diese positive Entwicklung ist auf das Verfahren der Individualbeschwerde (Art. 34 EMRK) zurückzuführen, dem inzwischen – über die primäre Gewährleistung eines individuellen Menschenrechtsschutzes hinaus – mittelbar auch eine objektive Rechtsschutzfunktion zukommt.
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Statistiken und Tätigkeitsberichte des EGMR aus den letzten Jahren sind ebenso beeindruckend wie besorgniserregend.[43]Im Vergleich zu den Vorjahren ist die Zahl der verkündeten Urteile (993)[44] im Jahr 2016 erstmals wieder gestiegen (2015: 823; 2014: 891; 2013: 916; 2012: 1.093; 2011: 1.157; 2010: 1.499; 2009: 1.625; 2008: 1.543; 2007: 1.503; 2006: 1.560; 2005: 1.105; 2004: 718; 2003: 703; 2002: 844; 2001: 888; 2000: 695; 1999: 177).
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36.579 Beschwerden wurden 2016 als unzulässig verworfen oder aus dem Register gestrichen (2015: 43.133; 2014: 83.675; 2013: 89.737; 2012: 86.201; 2011: 50.677; 2010: 38.576; 2009: 33.065; 2008: 30.163; 2007: 27.033; 2006: 28.159; 2005: 27.613; 2004: 20.350; 2003: 17.272; 2002: 17.868; 2001: 8989; 2000: 6776; 1999: 3520).
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Durch die hohe Rate an Unzulässigkeitserklärungen gelang es dem EGMR im Jahr 2012 erstmals, die Zahl der anhängigen Beschwerden abzubauen, um insgesamt 16 %. Die Zahl der anhängigen Individualbeschwerden lag am 31.12.2011 bei 151.600 Beschwerden, am 31.12.20012 nur noch bei 128.100 (gezählt werden nur diejenigen Beschwerden, die bereits einem Spruchkörper zugewiesen sind: vgl. auch: 2010: 139.650; 2009: 119.300; 2008: 97.330; 2007: 79.400; 2006: 66.500; 2005: 56.800).
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Nachdem die Zahl der anhängigen Beschwerden in den vergangenen Jahren weiter verringert werden konnte, stieg diese im Jahr 2016 wieder um fast 25 % im Vergleich zum Vorjahr: Am 31.12.2016 lagen rund 79.750 (31.12.2013: 99.900; 31.12.2014: 69.900; 31.12.2015: 64.850) Beschwerden an.[45] Konkret für Deutschland waren Ende 2016 insgesamt 213 Beschwerden anhängig (2015: 212).[46] Die Verringerung führte der EGMR-Präsident Dean Spielmann 2014 auf zusätzliche Finanzmittel sowie auf die Einrichtung einer speziellen Sektion aus Einzelrichtern zurück, die offensichtlich unzulässige Beschwerden herausfiltern.[47] Diese Methoden sollen nun auch auf sich wiederholende Fälle angewandt werden, die immerhin knapp die Hälfte der derzeitig anhängigen Beschwerden darstellen (geschätzt 30.500 der insgesamt 64.850).[48]
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Im Jahr 2016[49] haben den Gerichtshof 53.500 Individualbeschwerden erreicht, was ein Plus von 32 % gegenüber dem Vorjahr (2015: 40.550; 2014: 56.200) darstellt.[50] Insgesamt konnten 38.505 (2015: 45.574; 2014: 86.068) Beschwerden erledigt werden.[51] Damit konnten weniger Fälle erledigt werden, als neue hinzukamen, so dass die Zahl der anhängigen Beschwerden erstmalig wieder anstieg. Dies erklärt sich jedoch damit, dass in den vergangenen Jahren vor allem eine große Anzahl an Unzulässigkeitsentscheidungen ergangen ist. Nachdem dieser Rückstand weitgehend abgebaut ist, liegt der Fokus nunmehr verstärkt auf komplexeren und demnach zeitaufwändigeren Verfahren.[52] Allerdings fasst der Gerichtshof in den letzten Jahren auch verstärkt Verfahren, die ähnliche rechtliche Probleme betreffen, zur Entscheidung zusammen. Somit können, auch wenn die Zahl der Entscheidungen nicht weiter ansteigt wie bisher, mehr Beschwerden erledigt werden.[53]
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Speziell für Deutschland ergeben sich für das Jahr 2016 folgende Verfahrenszahlen: Insgesamt wurden 677 Beschwerden durch den EGMR erledigt (2015: 913). Davon wurden 658 (2015: 901) Beschwerden bereits im Vorfeld als unzulässig erklärt oder aus der Liste der anhängigen Verfahren gestrichen, nur in 19 Fällen (2015: 12) entschied der EGMR durch Urteil, wobei er nur in vier Fällen tatsächlich eine Verletzung der EMRK feststellte (Art. 3, 6 und 8 EMRK). 676 (2015: 789) Verfahren wurden darüber hinaus an Spruchkörper zur weiteren Überprüfung weitergeleitet.
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Insgesamt ergingen gegen die Bundesrepublik seit 1959 305 Urteile, wobei in 186 Fällen eine Gesetzesverletzung festgestellt wurde. Die Mehrzahl der Verletzungen (insgesamt 127 Fälle) betraf dabei Art. 6 EMRK (davon 102 Fälle in Bezug auf eine zu lange Verfahrensdauer), gefolgt von Verstößen gegen Art. 5 EMRK (29) und Art. 13 EMRK (24).
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Obwohl angestrebt wird, dass die Beschwerden innerhalb von drei Jahren erledigt werden, beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer derzeit immer noch zwischen