Werden die Unterlagen so erstellt, dass sie etwa nicht genehmigungsfähig oder nach § 633 BGB nicht mangelfrei sind, so kann der Bauherr gemäß den §§ 634, 635 und§ 637 BGB Nacherfüllung bzw. Nachbesserung verlangen oder durch einen Dritten den Mangel auf Kosten des Fachplaners beseitigen lassen. Der Fachplaner hat also das Recht, seine Nachweise rechtmäßig zu vervollständigen oder zu korrigieren. Soweit der Fachplaner die fällige Leistung nicht wie geschuldet erbringt, kann der Bauherr darüber hinaus gemäß den §§ 281 und 284 BGB Schadensersatz verlangen. Diese Haftungsregelung ist grundsätzlich immer vertragsbezogen. Sie erfasst sämtliche Leistungen aufgrund vertraglicher Vereinbarung unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Genehmigungsplanung, Bauausführung, Bauüberwachung oder eine Bescheinigung handelt.
Ein besonderes Augenmerk muss ebenfalls auf weitreichende Hinweis- und Aufklärungspflichten, beispielsweise auf etwaige Risiken, wirtschaftliche Schäden oder anstehende Gesetzesänderungen, gegenüber dem Bauherrn gelegt werden, auf welche er faktisch und naturgemäß Rechtsanspruch hat. Es ist also nachdrücklich davor zu warnen, Hinweis- und Aufklärungspflichten nicht als Gegenstand des Vertrages zu betrachten. Dazu erforderliche Erläuterungen sind in jedem Fall schriftlich festzulegen. Grundsätze diesbezüglich finden sich in der Rechtsprechung sowie in der Kommentarliteratur.
Für eine Einführung in die strafbaren Handlungen bzw. in die Grundlagen der Baugefährdung wird insbesondere auf § 319 Abs. 1 des StGB [9] verwiesen:
„(1) Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
1.3.8 Ordnungswidrigkeiten
Zu den Pflichtverletzungen gehören auch Ordnungswidrigkeiten nach Art. 79 Bay-BO, soweit sie nicht strafbare Handlungen im Sinne des StGB [9] sind. Wer sich nicht an bestimmte Vorschriften der BayBO oder aufgrund der BayBO erlassene Vorschriften hält, handelt ordnungswidrig. Im Folgenden sind die einzelnen Tatbestände im Hinblick auf die Unterlagen beschrieben. Generell handelt rechtswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig
• bautechnische Nachweise erstellt, bescheinigt oder bestätigt, ohne dazu berechtigt zu sein Abschn. 2.1.5,
• unrichtige Angaben macht oder unrichtige Pläne oder Unterlagen vorlegt Abschn. 2.2.1 (exemplarisch),
• unrichtige Angaben im Kriterienkatalog macht Abschn. 2.4.1,
• ohne Baugenehmigung, ohne Bescheinigungen I (Standsicherheits- und Brandschutznachweis) und ohne Baubeginnsanzeige mit der Bauausführung beginnt Abschn. 3.4,
• ohne die verlangte Bauzustandsanzeige Bauarbeiten durchführt Abschn. 3.4.4.3,
• Bauprodukte ohne Ü-Zeichen verwendet Abschn. 3.3,
• Bauarten ohne aBG oder ohne abP anwendet Abschn. 3.3,
• die erforderlichen Unterlagen, Ver- und Anwendbarkeitsnachweise und Leistungserklärungen für Bauprodukte/-arten nicht auf der Baustelle erbringt und bereithält Abschn. 3.4.4,
• ohne die Bescheinigungen II (Standsicherheit und Brandschutz) die Nutzung des Gebäudes aufnimmt Abschn. 4.7,
• ohne Bescheinigung des Bezirkskaminkehrermeisters Feuerstätten, Verbrennungsmotoren und Blockheizkraftwerke in Betrieb nimmt Abschn. 4.5.3,
• als Prüfsachverständiger unrichtige Bescheinigungen über die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Anforderungen ausstellt Abschn. 2.4.3 und 4.6.1.
Rechtswidrige Handlungen können sich auch aus anderen Rechtsvorschriften wie bereits oben dargelegt ergeben, die ebenfalls den Bezug auf in diesem Handbuch genannten Unterlagen oder Brandschutzanforderungen nehmen, wie etwa § 22 GaStellV [22], § 33 VkV [19], § 48 VStättV [21], § 14 BStättV [20], § 37 PrüfVBau [18] und § 3 SPrüfV [4].
Zur Vollständigkeit sei an dieser Stelle erwähnt, dass auch § 8 Bauproduktengesetz (BauPG) Bußgeldvorschriften zum europäischen Bauproduktenrecht enthält, insbesondere hinsichtlich der Leistungserklärung und der CE-Kennzeichnung nach Abschn. 3.3.5.5 welche durch den Hersteller im Sinne des Art. 21 BayBO zu erfolgen haben.
1.4 Zweck und Qualitätsmerkmale im Bestand
Die Dokumentation spielt in vielen Bereichen eine zentrale Rolle. Geeignet ist die Dokumentation bereits, wenn sie dienlich ist, den legalen Zweck zu erfüllen und dem Bauherrn die getroffenen Planungs-, Ausführungs- und Leistungsmaßnahmen vertragskonform dokumentiert. Sie muss zeitgemäß im Zuge von Bauphasen einge sammelt werden und ist unverzichtbare Grundlage zu den hier genannten Zwecken. Die vollständige Dokumentation leistet überdies einen wichtigen Beitrag zu einer effizienten Nutzung des Gebäudes und führt somit zu einer positiven Beeinflussung der gebäudebezogenen Kosten im Lebenszyklus. Diesem Thema wird in den nachfolgenden Abschnitten nachgegangen.
1.4.1 Dokumentation in Bestandsgebäuden
Die Dokumentation dient, wie bereits zuvor beschrieben, mehreren Zwecken. Zunächst sind die Unterlagen Voraussetzung für die Baugenehmigung, Bauausführung, Bauüberwachung und für die Aufnahme der Nutzung im Sinne des Art. 78 BayBO. Darüber hinaus sie sind nicht nur Prämisse für die Baufreigabe, sondern garantieren bei genehmigungskonformer Bauausführung bzw. Nutzung auch den späteren Bestandsschutz nach Art. 14 des Grundgesetzes [10], auch dann, wenn das Gebäude nicht mehr der aktuell geltenden BayBO entspricht. Die für die Beurteilung des Bestandsschutzes erforderlichen Angaben ergeben sich primär aus der Dokumentation. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass bei erheblichen Gefahren die Möglichkeit besteht, zusätzliche Anforderungen, die geeignet und erforderlich sind, auch an bestandsgeschützten Gebäuden zu stellen.
Der Bestandsschutz oder Schutz des Eigentums kann demzufolge insbesondere dann in zulässiger Weise eingeschränkt werden, wenn Leben und Gesundheit durch erhebliche/konkrete Gefahren im Sinne des Art. 54 BayBO bedroht sind, aber auch im Fall einer wesentlichen Änderung, die baurechtlich neu zu bewerten ist, kann durch bauaufsichtliche Eingriffsbefugnisse angeordnet werden, ein bestandsgeschütztes Gebäude an die geltende BayBO und die damit zusammenhängenden Rechtsverordnungen, Richtlinien und BayTB anzupassen.
Außer Acht dürfen ebenfalls die ausdrücklich vorgeschriebenen Betriebsvorschriften (Abschn. 5.2) nicht bleiben, wie etwa § 46 VStättV [21] oder § 13 BStättV [20], die uneingeschränkt für alle bestehenden Versammlungs- bzw. Beherbergungsstätten zum Schutz vor Gefahren gelten und somit notwendigerweise zur Anpassung führen bzw. den Bestandsschutz limitieren. Ferner muss berücksichtigt werden, dass die Prüfungen im Sinne der SPrüfV [4] (Abschn.