Den Plan, den Meister in meinem Lehrberuf des Gas- und Wasserinstallateurs zu machen, habe ich nach einem Jahr Meisterschule über Bord geworfen. Ein Franchiseunternehmen schien so verlockend und einfach in der Umsetzung. Keine langwierigen Gründungsvorbereitungen, kein Kaltstart eines Unternehmens aus dem Nichts. Stattdessen direkt zum Start ein fertiges Unternehmenskonzept inklusive Vertriebsstruktur. War das nicht die ultimative Abkürzung, eine Ersparnis von drei Jahren harter Arbeit?
Kenntnisse in Betriebswirtschaft. Wozu das denn? Dafür gibt's schließlich Fachleute. So kam ein vorgefertigter Businessplan zum Einsatz. Prüfung der Zahlen, Daten, Fakten? Überflüssig! Verstehen des Zahlenwerks? Nicht möglich. Der Franchisegeber wird sich schon etwas dabei gedacht haben. Das Ergebnis war die erste Stufe nach Burch: die unbewusste Inkompetenz.
Blindes Vertrauen
Vertrauen kann eine große Stärke sein, aber eben auch eine Schwäche. Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten ist gut, zu viel Vertrauen bei existenziellen Entscheidungen kann gefährlich werden. Wenn es um Ihre Vision, Ihre Werte und Ihre Ziele geht, sollten Sie Ihr eigenes Konzept aufstellen und bestenfalls eigene Berater hinzuziehen.
In Bezug auf die Entscheidungsfindung hat sich auch die Walt-Disney-Methode sehr bewährt. Suchen Sie sich dafür drei Menschen Ihres Vertrauens: einen Visionär, einen Kritiker und einen, der realistisch und analytisch geprägt ist. Tragen Sie ihnen Ihre Idee in dieser Reihenfolge vor und bitten Sie um Feedback. Das kann Ihnen eine fundierte Entscheidungsgrundlage ermöglichen.
Ich war vom Konzept überzeugt, übernahm den Businessplan des Franchisegebers, kümmerte mich um die Finanzierung meines Vorhabens, suchte mir passende Mitarbeitende und eine Location als Niederlassung.
Am 5. Januar 1998 sind wir in einer für mich als Dreamteam empfundenen Konstellation gestartet: mein Bruder und zwei weitere Angestellte als Techniker, meine Mama im Büro, mein Stiefvater als Werkstattleiter und Disponent und ich als Inhaber. Da ich der erste Franchisenehmer in Deutschland war, hatte ich als Entrepreneur echte Pionierarbeit zu leisten, rüttelte mit meinem Team einen bestehenden Markt komplett auf und veränderte ihn nachhaltig. Unsere Arbeit war für die Kunden so innovativ, dass unsere Werkstattwagen zu Showrooms wurden. Erst als unsere Kunden mit eigenen Augen sahen, wie wir die Hydraulikschlauchleitungen vor Ort produzieren, haben sie uns geglaubt, dass wir genau dazu in der Lage waren. Um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen, boten wir zum Start viele Testaufträge an. Wir wollten in die Zukunft investieren und lieber dem Kunden schnell helfen, als direkt das große Geld zu verdienen.
Unser Vorteil: Die Wettbewerber fertigten die Schlauchleitungen in ihren Werkstätten nur als niedergelassene Händler. Mit unserem Vor-Ort-Service ergaben sich ganz neue Möglichkeiten – auch in der Marge. Unser konsequent gelebter Servicegedanke: Wenn Sie uns anrufen, läuft Ihre Maschine nach anderthalb Stunden wieder. Egal, um welche Uhrzeit. Egal, ob Sonntag ist oder Weihnachten. Wir reduzieren Stillstandzeiten auf das absolute Minimum. Das war unser Mission Statement. Auch wenn es zu dieser Zeit eher überheblich klang, in 96 Prozent aller Fälle konnten wir unser Versprechen halten. Das Unternehmen war konsequent darauf ausgerichtet. Heute arbeite ich dort nur noch fünf Stunden in der Woche.
Den Wert einer Unternehmung können Sie anhand des Mission Statements ableiten. Für mein Fünf-Stunden-Unternehmer-Programm, welches ich heute anbiete, lautet mein Mission Statement:
»Damit Unternehmerinnen und Unternehmer nur noch fünf Stunden die Woche arbeiten müssen!«
Was ist diese Mission wert?
Überlegen Sie einmal, welchen Stundensatz Sie für Ihre Tätigkeit aufrufen und wie viele Stunden Sie pro Woche arbeiten. Nehmen wir mal 100 Euro pro Stunde – das rechnet sich auch gut – und durchschnittlich 65 Stunden pro Woche. Jetzt beantworten Sie die Frage, wie viel Ihnen eine Stunde Ihrer Freizeit wert ist. Nehmen wir an, die Antwort lautet 250 Euro. Anhand dieser Zahlen können Sie Ihren Wert meines Fünf-Stunden-Unternehmer-Programms ausrechnen.
Unter der Annahme, dass mein Programm sein Ziel erreicht, werden Sie nach 18 Monaten tatsächlich nur noch fünf Stunden pro Woche arbeiten, ohne Ertrag einzubüßen. Rechnerisch hätten Sie dadurch also 60 Stunden Freizeit gewonnen. Bei 250 Euro pro Stunde ergibt das 15 000 Euro pro Woche. Davon ausgehend, dass Sie abzüglich Ihres Urlaubs und etwaiger Krankheitstage 40 Wochen im Jahr arbeiten, müsste Ihnen die gewonnene Freizeit folglich 600 000 Euro wert sein.
Und wenn ich weiter frage, wie viel Sie monatlich 18 Monate lang für Freizeit mit einem hypothetischen Gegenwert von 600 000 Euro pro Jahr zu zahlen bereit wären, könnte es sein, dass Sie die Summe von 2500 Euro nennen. Das wäre dann der Wert meines Mission Statements für Sie.
Um den Wert einer Unternehmung anhand meines Mission Statements zu ermitteln, muss ich jetzt noch die Kapazitätsfrage klären. Angenommen, ich könnte parallel zehn Kunden mit meinem Programm betreuen und allen wäre das Programm 2500 Euro im Monat wert, ergäbe das ein Umsatzpotenzial von 300 000 Euro pro Jahr. Damit habe ich aus meinem Mission Statement einen möglichen Unternehmenswert abgeleitet.
Welches Mission Statement haben Sie wirklich in Ihrem Unternehmen? Welche Kennzahl steckt dahinter? Ist Ihr Unternehmen konsequent darauf ausgerichtet? Sind die kontinuierlichen Verbesserungsprozesse auf dieses Ziel ausgerichtet? Haben Sie einmal versucht, aus Ihrem Mission Statement Ihren Unternehmenswert abzuleiten? Allein der Selbstwert-Effekt für Sie und Ihre Mitarbeitenden ist die Mühe wert!
Der Vorteil des Mission Statements unserer Werkstattwagen lag auf der Hand: absolute Fokussierung auf Schnelligkeit. Ein Vorteil, der in dieser Branche bis dahin nicht beachtet worden war, weshalb auch kein Wettbewerb am Markt existierte. Na klar! Das Nachziehen der Mitbewerber würde nicht lange auf sich warten lassen. Deswegen habe ich von Beginn an immer nach der Strategie des »First Mover« gehandelt und mich nicht um den Wettbewerb gekümmert. Natürlich musste ich mit vielen Beschwerden über unsere Preise umgehen lernen, denn wir waren mit Abstand die »Teuersten« – wobei die Kunden natürlich die Dienstleistung nicht mit in Betracht gezogen hatten. Erst später, nach vielen Schmerzen, Tränen und Verzweiflung unsererseits, wechselte unser Bild beim Kunden von »Wucher« hin zu »teuer, aber echt gut«.
Das gesamte Geschäft haben wir auf unser Serviceversprechen ausgerichtet und die logische Folge dieser Konsequenz war ein immens erfolgreiches erstes Jahr.
Wenn Sie ein Business betreiben, dann können Sie es so betreiben, wie es der ganze Markt bereits tut. Oder Sie machen es bewusst anders. Mit Ihren eigenen Werten und Ihrer eigenen Vision. Wichtig ist nur, dass Sie dabei konsequent in der Umsetzung sind. Mission Statement und die daraus resultierende Strategie folgen dann von selbst.
Konsequenz darf dabei selbstverständlich vielseitig sein. Die Ausrichtung auf Innovation und Serviceorientierung ist nur eine Möglichkeit. Eine andere Option wäre es, einen Fokus auf den Preis zu legen, beispielsweise mit dem Mission Statement »Geld zurück bei günstigerem Angebot« an den Markt zu gehen. Konsequentes Handeln bietet tausende Möglichkeiten. Welche haben Sie gewählt?
Ist Ihre Strategie lösungsorientiert? Worauf ist Ihr Unternehmen konsequent ausgerichtet?
So wäre es mit dem Erfolg wohl erst einmal weitergegangen, wenn nicht der Schlaganfall eines Mitarbeiters die Struktur des Unternehmens maßgeblich verändert hätte. Das Geschäft