Gegründet auf Studien vorangegangener Theorien über kommunikative Kompetenz (Savignon, 1972; Halliday, 1975; Widdowson, 1978) erstellen Canale und Swain ihr eigenes Modell für den Fremdsprachenunterricht sowie zur Überprüfung von Sprachkenntnissen. Dieses besteht aus drei Komponenten: grammatischer, soziolinguistischer und strategischer Kompetenz.
1 Grammatische Kompetenz ist die allgemeine Sprachbeherrschung und besteht aus lexikalischen, morphologischen, syntaktischen und phonologischen Fähigkeiten. Sie konzentriert sich auf das Wissen und die Fähigkeit, die literarische Bedeutung von Äußerungen richtig verstehen und formulieren zu können (Canale, 1983). Laut Canale & Swain (1980) bezieht sich diese Kompetenz jedoch nicht auf eine bestimmte grammatische Theorie.
2 Soziolinguistische Kompetenz betrifft soziokulturelles Wissen und umfasst die Fähigkeit, dieses in einer entsprechenden Situation korrekt anzuwenden. Hierzu zählen soziokulturelle Regeln, also die Art und Weise wie Äußerungen im Kontext der Situation angemessen ausgedrückt und verstanden werden (beispielsweise in Hinsicht auf Thema, Rolle der Teilnehmenden, Setting und Normen der Interaktion).
3 Strategische Kompetenz beinhaltet verbale und non-verbale Kommunikationsstrategien, welche Kommunikationsteilnehmende anwenden, um Schwierigkeiten aufgrund mangelnder Sprachkompetenz (grammatische Komponente) oder Störfaktoren wie Müdigkeit oder Nicht-Bekanntsein der Kommunikationsteilnehmenden (soziolinguistische Komponente, z.B. Verwendung der Höflichkeitsformen) zu kompensieren.
Canale (1983) hat dieses Modell später um eine zusätzliche Kompetenz erweitert:
1 Diskurskompetenz. Diese besteht aus Textkohäsion, sprich der Fähigkeit zum Gebrauch kohäsiver Mittel wie Pronomen, Präpositionen, Konjunktionen und dergleichen sowie aus Textkohärenz, welche die Fähigkeit umschreibt, Sprachformen und Bedeutungen so zusammenzusetzen, dass ein sinnvoller schriftlicher und mündlicher Text entsteht.
Nach der Auffassung von Canale und Swain (1980) müsste dieses Modell fundamentale Konsequenzen für den kommunikativen Fremdsprachenunterricht nach sich ziehen. Sie fordern einen Lehrplan, der sich auf allen Stufen des Fremdsprachenunterrichts auf den kommunikativen Ansatz bezieht und empfehlen den Gebrauch von kommunikativen Aufgaben im Unterricht, die so sinnvoll und authentisch wie möglich sind (Kost, 2004). Dies impliziert, dass die Lehrkraft selbst über hohe kommunikative Kompetenz verfügen und als Initiator_in für kommunikative Situationen im Unterricht agieren muss (Canale & Swain, 1980).
Das Modell kommunikativer Kompetenz, welches Canale und Swain 1980 veröffentlichten und selbst als theoretischen Referenzrahmen bezeichneten, beeinflusste alle nachfolgenden Veröffentlichungen und wird trotz einiger Kritik und vorgeschlagener Änderungen beziehungsweise Ergänzungen, auf die im Folgenden eingegangen wird, bis in die Gegenwart als Grundlage aller theoretischen Ausführungen zu kommunikativer Kompetenz anerkannt (Kost, 2004).
2.3.2 Savignons Hypothetisches Modell Kommunikativer Kompetenz
Basierend auf dem theoretischen Referenzrahmen von Canale und Swain entwickelte Savignon (1997) ein Modell, welches die Signifikanz von kulturellem Wissen für die kommunikative Kompetenz weiter hervorhob. Alle Elemente von Kommunikation, wie Thema, grammatische Formen und soziolinguistische Aspekte, so argumentierte sie, werden durch die Kultur, in der die Sprache benutzt werde, kreiert und geformt. Das hypothetische Modell, repräsentiert durch eine auf dem Kopf stehenden Pyramide, stellt alle vier Teilkompetenzen dar (Abbildung 1).
Die Komponenten Kommunikativer Kompetenz nach Savignon (1997, S. 49)
Anhand der Pyramide in Abbildung 1 ist zu erkennen, dass durch die Veränderung einer Kompetenz alle anderen Kompetenzen beeinflusst werden. Folglich führt Progression in einer Kompetenz zur Expansion der gesamten kommunikativen Kompetenz. Zudem stellt dieses Modell das Verhältnis der unterschiedlichen Teilkompetenzen zueinander in den anfänglichen Stadien des Sprachenlernens dar. Dabei sind die strategischen und soziolinguistischen Kompetenzen am Fuß der Pyramide repräsentiert, während die grammatischen und diskursiven Kompetenzen – dargestellt an der Pyramidenspitze – erst später eine Rolle spielen. Auf diese Weise möchte Savignon darauf hinweisen, dass die kommunikative Kompetenz der Fremdsprachenlernenden bereits erfasst werden kann, bevor sich die grammatische Kompetenz ausgebildet hat (Kost, 2004). Gemäß dieser Pyramidendarstellung können Lernende sich beispielsweise durch Gestik und Mimik oder mithilfe anderer paralinguistischer Mittel verständigen und die strategische und soziolinguistische Kompetenz nutzen (Kost, 2004). Mit ihrem Modell demonstriert Savignon (1997), dass die Bedeutung der strategischen Kompetenz stark vom Level der kommunikativen Kompetenz abhängt. Deshalb nimmt die strategische Kompetenz in ihrem Pyramidenmodell immer denselben Umfang ein, während die anderen Kompetenzen mit der Zeit expandieren (Kost, 2004). Savignon weist jedoch darauf hin, dass strategische Kompetenz in allen Stadien des Sprachenlernens einbezogen werden muss, da die Fähigkeit, in unbekannten Situationen kommunizieren zu können, immer signifikant bleibt (Savignon, 1997).
2.3.3 Celce-Murcia, Dörnyei und Thurells Pädagogisch Motiviertes Modell mit Inhaltsspezifikationen
Auch Celce-Murica, Dörnyei und Thurell (1995) bedienen sich des Theoretischen Referenzrahmens von Canale und Swain (1980), beziehungsweise des erweiterten Modells von Canale (1983), um ein eigenes, pädagogisch motiviertes Modell zur Umsetzung kommunikativer Kompetenz im Lehrplan darzulegen (Kost, 2004). Darin beschreiben sie für die einzelnen Komponenten der kommunikativen Kompetenz spezifische Inhalte, die Lehrkräften bei der Entwicklung von Lehrplänen und Materialien behilflich sein sollen (Kost, 2004). Das Modell präsentiert sich grafisch ebenfalls als eine Pyramide, die einen inneren Kreis umgibt und von einem äußeren Kreis umschlossen wird (Abbildung 2). Dabei stellt der innere Kreis die Diskurskompetenz dar, während an den drei Spitzen der Pyramide soziokulturelle Kompetenz, linguistische Kompetenz und Aktionskompetenz angesiedelt sind (Kost, 2004). Letztere ist eine Addition zum Modell von Canale und Swain (1980) und wird als Wissen von Sprachfunktionen sowie als Fähigkeit der Vermittlung und des Verstehens von kommunikativen Intentionen aufgrund der Durchführung und Interpretation von Sprechakten begriffen. Dabei räumen die drei Autoren ein, dass sich Sprachfunktionen nur sehr schwierig definieren oder präzise benennen lassen. Denn sie müssen entweder sehr allgemein oder zu spezifisch auf eine individuelle Situation passend formuliert werden. Außerdem bezieht sich die im Modell zusätzlich inkludierte Aktionskompetenz nur auf verbale Kommunikation (Kost, 2004). Um Sprachlehrkräften ein organisatorisches Konstrukt und einen praktischen Leitfaden für die Entwicklung von Material und Tests zu unterbreiten, erstellten Celce-Murcia et al. eine Liste über notwendiges Wissen diverser Sprachfunktionen, welche in zwischenmenschlichen Austausch, Information, Meinungen, Gefühle, Lenkungsversuche, Probleme und zukünftige Szenarien aufgegliedert sind. Nach Überzeugung von Celce-Murcia et al. (1995) stehen Aktionskompetenz, linguistische Kompetenz und soziokulturelle Kompetenz in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zur Diskurskompetenz, denn sie beeinflussen den Diskurs und werden ihrerseits wiederum von diesem beeinflusst. Der Kreis, der die Pyramide umschließt, stellt die strategische Kompetenz dar, also die Fähigkeit, die die Kommunikationsteilnehmenden benötigen, um Bedeutungsinhalte auszuhandeln und Defizite in den anderen Bereichen auszugleichen. In einer grafischen Darstellung führen Celce-Murcia et al. transparent vor, welche Änderungen sich durch die Weiterentwicklung von Canale und Swains Modell (1980) sowie Canales nachträglichem Modell (1983) für ihr Konzept ergeben: Grammatische