Nach dieser Entwicklung kam es bis zum Ende des Ost-West-KonfliktOst-West-Konflikts zu keinem zwischenstaatlichen Krieg zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn mehr. Der Konflikt verlagerte sich jedoch auf die gesellschaftliche Ebene (1. Ebene). Die PLO erklärte nach ihrer Vertreibung aus dem Libanon 1982 im Jahr 1987 ihre erste Intifada, die Erhebung des arabischen Volkes. 1988 wurde die Hamas gegründet.
Der Angola-KonfliktAngola-Konflikt
Der Angola-Konflikt begann zeitgleich mit der Verbreitung unabhängiger Staaten in Afrika um 1960. Die drei Konfliktebenen können auch hier die Konfliktdynamiken verdeutlichen.
Auf einer innerstaatlichen Ebene war Angola Teil einer Konfliktkonstellation von Staaten, in denen die schwarze Bevölkerungsmehrheit entweder durch europäische Kolonialregierungen regiert wurde (Angola, Mosambik) oder in denen die schwarze Bevölkerungsmehrheit von einer dominierenden Siedlergruppe regiert wurde, die den Rassismus institutionalisiert hatte (Südafrika, Namibia). Die kolonial regierten Staaten Angola und Mosambik schirmten die Apartheidstaaten geographisch vom Rest Schwarzafrikas ab.
Auf einer regionalen Ebene war Angola – zusammen mit Mosambik – einer der wenigen Staaten, die bis 1975 selbst keine Unabhängigkeit erlangten, aber innerhalb der Staatengruppe lagen, die von der Dekolonisationswelle in den 1960er Jahren erfasst wurden. In Angola selbst formierten sich deshalb drei Unabhängigkeitsbewegungen, die zunächst gemeinsam gegen Portugal kämpften: Die Nationale Befreiungsfront für Angola (FNLA), die Volksbewegung für die Befreiung Angolas (MPLA) und die Nationale Union für die totale Unabhängigkeit Angolas (UNITA). Die FNLA und die MPLA waren beide marxistisch orientiert. Nach dem Sturz der Regierung Portugals 1974 übernahm die MPLA 1975 die Macht in Angola. Danach brach der Wettbewerb um die Ausrichtung des neuen Staates aus. Daraufhin kam es zum Bürgerkrieg zwischen der FNLA, der MPLA und der UNITA und der innerstaatliche Krieg entwickelte sich zu einem Stellvertreterkrieg: Die MPLA wurde von der Sowjetunion und Kuba unterstützt (ein großer Teil der kubanischen Bevölkerung ist angolanischen Ursprungs), die FNLA durch den Kongo und die USA und die UNITA durch Südafrika.
Die sozialistische Ausrichtung Angolas (und Mosambiks, das ebenfalls 1975 unabhängig wurde) änderte die regionale Konfliktkonstellation in bedeutsamer Weise: Sie brachte Angola und Mosambik als schwarzafrikanische Staaten in Frontstellung zu Südafrika als auf einem institutionalisierten Rassismus in Form des Apartheidregimes beruhenden Staat. Die marxistisch orientierten Gruppierungen machten es sich zum Ziel ihrer Außenpolitik, auch das ApartheidregimeApartheidregime in Südafrika als größtes Symbol des Kolonialismus und Rassismus zu beseitigen. Dadurch weitete sich der Krieg auf das südliche Afrika aus.Ausweitung auf Südafrika
Apartheidregierung
Der Begriff der Apartheid stammt ursprünglich aus dem Afrikaans und bedeutet im Allgemeinen ,Trennung‘ beziehungsweise ,Gesondertheit‘. Als Apartheidregierung oder -regime wird heute die strikte Rassentrennung und die Unterdrückung der nicht-weißen Bevölkerung in Südafrika betitelt. Im Rahmen dieses Systems wurden systematisch diskriminierende Gesetze erlassen und damit die schwarze Mehrheitsbevölkerung einer kolonialistischen und ausbeutenden Regierungspolitik der weißen Minderheitsbevölkerung ausgesetzt.
Das Ende der Apartheid-Politik in Südafrika fiel 1991 mit dem Zerfall der SowjetunionAuflösung Sowjetunion zusammen, was zunächst das Ende des Kriegs im südlichen Afrika ermöglichte. Diese Konstellation bedeutete jedoch noch nicht das Ende des Kriegs in Angola. Es kam wiederum zu einem Bürgerkrieg, der erst 2002 beendet wurde. Angola zeigt damit sehr anschaulich das komplexe Zusammenspiel zwischen den Effekten der Dekolonisation, der Ost-West-Konkurrenz und dem Zerfall der SowjetunionAuflösung Sowjetunion, die den Krieg beeinflusst haben. Angola ist mit über 40 Jahren Bürgerkrieg allerdings extrem in Bezug auf die Länge des Kriegs.
Angolakonflikt: Apartheidregime und Bruch mit der alten Ordnung auf drei Ebenen
1 Auf einer ersten Ebene stehen sich die Parteien FNLA, die PMLA und UNITA in einem innerstaatlichen Konflikt gegenüber.
2 Auf einer zweiten, regionalen Ebene geht es um den Kampf zwischen schwarzafrikanischen Staaten und dem „weißen ImperialismusImperialismus“ in Namibia, Rhodesien und Südafrika.
3 Auf einer dritten Ebene stellen die Unabhängigkeit Angolas und Mosambiks und die Machtübernahme durch kommunistische Regierungen einen „Dammbruch“ im südlichen Afrika für die westlich orientierten Staaten dar. Mit Angola und Mosambik verstärkt sich die Präsenz sozialistischer Staaten im südlichen Afrika. Das südliche Afrika wird Bestandteil der globalen Machtkonkurrenz.
Die Verbreitung autoritärer StaatenAutoritarismus in der Dritten Welt
Die Dekolonisation von Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika hatte indessen nicht den Effekt, dass diese Staatengruppe sich zu stabilen demokratischen Staaten entwickelte.Dekolonisation und innerstaatliche Entwicklung In vielen Staaten führte der Abzug der Kolonialmacht unmittelbar in den Bürgerkrieg, weil innerstaatliche politische Gruppierungen um die Nachfolge in der politischen Herrschaftsausübung konkurrierten und Kolonialmächte auf einflussreiche innerstaatliche Gruppen Einfluss nahmen, um ein Ergebnis in ihrem Sinne herbeizuführen. Obwohl einige Staaten Erfahrungen mit demokratischen Systemen machten, beispielsweise Indien, Malaysia, Sri Lanka, die Philippinen oder auch Nigeria als größter afrikanischer Staat, etablierte sich in keinem der neuen Staaten langfristig ein demokratisches, pluralistisches System. Stattdessen wurden politische Regierungsumstürze und die Einparteienherrschaft zur Norm, die oftmals durch das Militär politisch abgestützt wurdeVerbreitung autoritärer Einparteienregierungen.
Dieser Trend hatte zwei Ursachen. Beide stehen in einem Zusammenhang mit zentralen entwicklungspolitischen Leitbildern, die in Bezug auf die sogenannten Entwicklungsländer existierten: Viele Staaten orientierten sich an einem sozialistischen Entwicklungsmodell. Die Sowjetunion mit ihrem Schwerpunkt auf zentralstaatlicher Planung und kapitalintensiver Industrialisierung in großem Maßstab galt zu Beginn der 1950er Jahre aufgrund ihres hohen Wirtschaftswachstums als Erfolgsmodell unter internationalen Entwicklungsorganisationen und den Entwicklungsländern, das viele Regierungen folglich übernahmen (Bruton 1998). Afrikanische Eliten fanden davon abgesehen die „sozialistische, die Ordnungsaufgabe des Staates und eine ‚wissenschaftliche‘ Gesellschaftsplanung betonende Visionen genuin attraktiv.“ (Jansen/Osterhammel 2013: 105) Schließlich übte die kommunistische Ideologie mit den Ideen der Befreiung von Unterdrückung eine starke Anziehungskraft aus.
In westlich orientierten Staaten war dieses Phänomen das Ergebnis der politischen Entscheidung für eine militärisch angeleitete Entwicklungsstrategie. Diese zielte darauf ab, sowohl kommunistische Bewegungen innerstaatlich einzudämmen als auch die als entwicklungshemmend empfundenen traditionellen Gesellschaftsstrukturen zu modernisieren (Simpson 2008). Sowohl Clan-, Cliquen- und ethnische als auch religiöse Organisationsformen anderer Kulturen und Zivilisationen galten aufgrund ihres anti-modernen und nicht-säkularen Charakters als modernisierungshinderlich. Gleichzeitig galt das Militär als Bollwerk gegen kommunistische und islamistische Bewegungen. Westliche Entwicklungsorganisationen und Regierungen sahen in der Stärkung des Militärs mit seiner hierarchischen Entscheidungsstruktur und einem bürokratischen Apparat eine dem westlichen Staat durchaus Unterscheidung von Militär- und Entwicklungsdiktaturenvergleichbare Organisation, aus der staatliche Strukturen herauswachsen hätten können. Die meisten Staaten entwickelten sich folglich entweder zu autoritär regierten Militärdiktaturen – wobei die politische Einmischung des Militärs variierte – oder Entwicklungsdiktaturen, das waren die durch Einheitsparteien regierten Staaten. In beiden Staatengruppen waren die Bürger- und Freiheitsrechte eingeschränkt. Dies führte zu wechselseitiger Kritik der Bündnissysteme aneinander und gab Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International Auftrieb, die die Menschenrechtslage in beiden Lagern gleichermaßen kritisierten (vgl. Einheit 12).
Merke
DekolonisationDekolonisation