Wünsch dich ins Märchen-Wunderland. Martina Meier. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martina Meier
Издательство: Bookwire
Серия: Wünsch dich ins Märchen-Wunderland
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783990510452
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Meine Großmutter ist so menschenscheu, sie vertraut keinem!“, erklärte Mia.

      „Ich weiß. Das ist eine lange Geschichte. Ich kenne deine Großmutter auch sehr gut. Sie wurde in ihrem Leben einmal sehr enttäuscht und ist nicht darüber hinweggekommen!“

      Mia schluckte. Das hatte sie nicht gewusst.

      „Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis!“, flüsterte der Stern. „Dein Großvater ist damals aufgebrochen, um Geld zu verdienen und als reicher Mann zu deiner Großmutter zurückzukehren. Er fällte Bäume in einem entlegenen Wald und arbeitete bis spät in die Nacht. Als er sehr viel Geld zusammen hatte, machte er sich glücklich auf den Weg nach Hause. Doch am dritten Tag seiner Wanderung wurde er von Räubern überfallen, die ihm alles nahmen bis auf das Hemd, das er am Leibe trug. Dein Großvater hatte keine Kraft mehr und wollte nicht mit leeren Händen als Bettelmann nach Hause zurückkehren. Er schämte sich so sehr. Deshalb lief er weit fort und kam nie mehr zurück. Deine Großmutter weinte viele Tage lang, denn sie dachte, ihr Mann hätte sie verlassen und irgendwo mit einer anderen Frau ein neues Leben angefangen. Dann beschloss sie, deine Mutter alleine großzuziehen, und ihr Herz wurde zu Stein!“

      Mia lauschte angestrengt. Das war also der Grund, warum die Großmutter keinem Menschen traute. „Lieber Stern, wie kann ich Großmutters Herz wieder erweichen?“, fragte Mia. Ein kalter Luftzug wehte durch das Fenster und Mia schlotterte. Doch sie spürte, dass sie eine Antwort bekommen würde, und rührte sich nicht vom Fleck.

      „Du musst deinen Großvater finden und ihn nach Hause holen!“, antwortete der Stern.

      Mia erschrak. Wie sollte sie das schaffen? Sie war doch ein kleines Mädchen.

      „Folge mir in der nächsten Nacht. Komm zu diesem Fenster und ich führe dich zu deinem Großvater! Zieh dich warm an und hab Vertrauen!“ Mia nickte und schloss das Fenster. Eine kleine Wolke hatte sich vor den Stern geschoben. Schnell huschte Mia in ihr Bett. Einschlafen konnte sie noch lange nicht.

      Am nächsten Abend, nachdem die Großmutter sich schlafen gelegt hatte, zog Mia ihren dicken Wintermantel an und lief hinaus. Der Stern leuchtete hell über ihr und plötzlich war wieder sein Gesicht zu sehen.

      „Liebe Mia, bist du bereit für deine große Reise?“, fragte er freundlich. Mia nickte.

      „Vertraust du mir?“, fragte er weiter.

      Auch jetzt nickte das Mädchen.

      Der liebe Stern strahlte auf Mia hinab und sie spürte eine angenehme Wärme. Zwei große leuchtende Hände nahmen sie behutsam auf und Mia fühlte sich sehr geborgen. Dann flog sie wie auf einem fliegenden Teppich durch die Nacht. Der Wald unter ihr schlief unter seiner Schneedecke und die Hütte wurde kleiner und kleiner. Mia spürte den kalten Wind auf ihrem Gesicht, doch sie wusste, dass sie in Sicherheit war und dass ihr nichts passieren konnte. Ihr Stern war bei ihr. Er brachte sie zu ihrem Großvater.

      Der Flug dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Der Himmel färbte sich von Schwarz zu Blau und dann zu Rot Violett. Am Horizont leuchtete er gelb. Mia wusste, dass dort ihr Ziel lag.

      Der Stern brachte sie behutsam zurück zur Erde und sie hüpfte aus den schützenden Händen heraus. Neugierig sah sie sich um. Wo war sie hier gelandet? Sie stand vor einem alten Haus. War das das Haus des Großvaters? Es wurde langsam hell und der Stern verabschiedete sich.

      „Lieber Stern, geh nicht weg! Was soll ich jetzt tun?“, rief Mia mit zitternder Stimme.

      „Tu das, was dein Herz dir sagt!“, antwortete der Stern und verschwand hinter einer Wolke. Es war inzwischen hell geworden.

      Mia wusste sich keinen anderen Rat, als an die Tür zu klopfen. „Hoffentlich ist es nicht zu früh!“, dachte sie bei sich.

      Niemand öffnete. Doch dann hörte Mia Schritte, die immer näher kamen. Kurze Zeit später ging die Tür auf und ein alter Mann sah sie neugierig an.

      Jetzt wusste Mia nicht, was sie sagen sollte. Die Geschichte, die eben passiert war, würde ihr sowieso keiner glauben. Der alte Mann und Mia wussten nicht, was sie sagen sollten. Da dachte Mia an die letzten Worte des Sternes: „Tu das, was dein Herz dir sagt!“ Mia lächelte und dann umarmte sie den alten Mann. „Opa!“, flüsterte sie.

      Der alte Mann wusste nicht, wie ihm geschah. Doch dann traten Tränen in seine Augen und sein Herz wurde schwer. Er dachte an das Schreckliche, was vor vielen, vielen Jahren passiert war. Dann flüsterte er: „Ich bin so froh, dass du gekommen bist! Es wird höchste Zeit, dass ich deine Großmutter wiedersehe!“

      Mia nickte und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Dann spürte sie eine große Müdigkeit in sich aufsteigen.

      „Ich muss mich kurz hinlegen!“, sagte sie und der Großvater holte eine warme Decke und trug die kleine Mia auf sein altes Sofa vor dem Kamin.

      „Heute Nacht musst du dich warm anziehen. Dann warten wir auf den Stern. Er bringt uns nach Hause!“, flüsterte Mia, bevor sie einschlief.

      Der alte Mann nickte und holte seinen warmen Mantel. Er wusste, jetzt war alles gut.

      Dörte Müller: (geboren 1967) schreibt und illustriert Kinderbücher. Sie lebt mit ihrer Familie in Bonn und unterrichtet an einer Gesamtschule.

      *

      Die Sternenbeschwörerin

      Es war einmal in einer Zeit, in der noch gar nichts war – außer ein paar Ideen und wenigen Personen. Es war eine Zeit, in der noch alles möglich war. In dieser Zeit lebte ein Mädchen namens Ada. Ada war von unglaublicher Schönheit, doch das spielte keine Rolle, denn in jener Zeit wurden die Menschen nicht nach ihrem Aussehen bewertet, sondern nach den Dingen, für die sie sich begeisterten. Ada begeisterte sich für Musik und Literatur. Jeden Morgen begann sie mit Gesang, sie trällerte, wonach sie sich fühlte, summte die Töne, die sie in ihrem Herzen fühlte. Danach setzte sie sich an ihren Lieblingsplatz und las. Sie las und las, bis es Abend wurde. Dann begrüßte sie die Nacht mit weiterem Gesang und legte sich anschließend zum Schlafen nieder.

      So hätte Adas Leben harmonisch verlaufen können, doch leider gab es zu jener Zeit auch eine Fee. Die Fee war so fies, dass sie gar keinen Namen hatte, sondern von allen nur die fiese Fee genannt wurde. So namenlos, wie sie war, so groß war ihr Wille. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, sich das ganze Universum untertan zu machen. Vom Mond bis zu den Sternen und zurück. Jeden Tag übte sie fleißig neue Zaubersprüche und schrie Beschwörungen in den Himmel, damit die Sterne ihr gehorchten und ihren funkelnden Tanz nach den Wünschen der fiesen Fee ausrichteten.

      Jedoch waren die Sterne nicht gewillt, sich beherrschen zu lassen. Sie zogen unbeirrt ihre Bahnen und strahlten gegen die Beschwörungen der fiesen Fee an, als wollten sie sagen: „Schrei doch so viel, wie du willst. Wir bleiben unbeeindruckt.“

      Nur manchmal löste sich ein besonders schwacher Stern vom Himmel und fiel als Sternschnuppe ins schwarze Nichts des Universums hinab. Dann triumphierte die fiese Fee und veranstaltete ein Freudenfest, sie schwang ihren Zauberstab, hüpfte auf und ab und kreischte schaurige Melodien.

      Grundsätzlich bot das Land in jenen Tag genug Platz, dass Ada und die Fee ohne Schwierigkeiten nebeneinander leben konnten. Allerdings gab es diese Tage, an denen Ada sich durch das Verhalten der Fee gestört fühlte. Sie konnte sich nicht auf ihre Bücher konzentrieren, wenn die Fee wilde Verwünschungen ausstieß, und sie konnte nicht schlafen, wenn die Fee Freudengesänge durch die Nacht kreischte. Deshalb klappte Ada eines Tages seufzend ihr Buch zu und ging zu der Fee hinüber. Mit spitzem Fingerknöchel klopfte sie an deren Haustür.

      Die Fee öffnete überrascht.

      „Hallo“, sagte Ada. „Ich wohne nebenan und fühle mich durch den Lärm, den du veranstaltest, gestört. Ehrlich gesagt“, schob sie hinterher, weil sie das Gefühl hatte, dass es dann höflicher wäre. Was es natürlich nicht war.

      Jedenfalls fand die fiese Fee Adas Besuch extrem