Denn einiges kehrt immer wieder, vieles der heutigen „modernen Erlebnispädagogik“ ist nur Altes im neuen Gewand und so kann man manche „Verfahrensweisen“, ganz im Sinne eines Wilhelm Diltheys, erst dann verstehen, wenn die historischen Bezüge und die wissenschaftstheoretischen Fundamente des „Phänomens Erlebnispädagogik“ aufgespürt werden.
Das Neue ist in der Tat nichts Anderes als die Wiederbelebung des Alten zum rechten Augenblick.10
1 Rehm (1996), S. 144.
2 Prinzipiell wird mit dem Begriff der Erlebnispädagogik das gesamte Spektrum der Möglichkeiten bezeichnet. Soll der Aspekt der Unheitlichkeit hervorgehoben werden, wird der Begriff unter Anführungszeichen gesetzt. Ebenso trifft dies auf andere in Anführungszeichen gesetzte Begriffe zu.
3 Kron (1999), S. 263. bzw. S. 248 – 290; vgl. dazu auch die Struktur der Pädagogik nach Dieter Lenzen in Gudjons (2003), S. 22 – 23 bzw. S. 30 – 68.
4 vgl. dazu Gudjons (2003), Kron (2001), Kron (1999), König, Zedler (2002) und Krüger (2002) als Referenzliteratur.
5 siehe auch http://www.uni-lueneburg.de/einricht/erlpaed/verlag_shop.htm#wegbereiter; Stand 06. November 2006. Die Reihe wird herausgegeben vom Verlag edition erlebnispädagogik.
6 Duden (1996), S. 490.
7 Ein kleiner Auszug: Neurolinguistisches Programmieren, Themenzentrierte Interaktion, Ansätze der (sozialen) Systemtheorie, Kognitivismus. Gestalttherapie, Entwicklungspsychologisches Modell von Piaget, Kohlberg, Erikson, soziologische Theorien von Parson und Mead, Gesellschaftstheorien von Beck (Risikogesellschaft) und Schulze (Erlebnisgesellschaft), Theorien der Personalentwicklung und Betriebswirtschaft, spirituelle Ansätze wie Schamanismus uvm.
8 vgl. Meier-Gantenbein (2000), S. 31. Meier-Gantenbein setzt den Beginn der „modernen Erlebnispädagogik“ bzw. den Anfang der Diskussion in der Fachliteratur konkret mit dem Jahr 1984 an. In anderen Publikationen wird „von einem Anfang in den 80ern“ gesprochen.
9 Dieses wissenschaftstheoretische Fundament schwingt zumindest in Form von „Haltungen, Ein- und Ansichten, Formulierungen und Leitbegriffen“ mit, ist allerdings oft nicht explizit ausgewiesen. Diese Bezüge herzustellen und nachzuweisen ist Aufgabe einer wissenschaftlichen Arbeit. Vgl. dazu Kron, Friedrich (1999).
10 Heckmair, Michl (2002), S. 267.
1. Ochsentour Definitionen und Grundwortschatz
In diesem Kapitel soll ein erster Überblick gegeben werden. Wie in der Einleitung schon ausführlich dargestellt, handelt es sich bei der Erlebnispädagogik um ein sehr heterogenes Gebilde und dementsprechend ist der Versuch, in einem Kapitel einen Überblick zu geben, schon zum Scheitern verurteilt. Allerdings ist es durchaus möglich, einen ersten Einblick zu gewähren. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen: Im ersten Abschnitt werden einige Definitionen vorgestellt, die in ihrer Gesamtheit eine Beschreibung der Erlebnispädagogik aus verschiedenen Blickwinkeln ergeben. Damit ist ein erster Überblick gewonnen. Im zweiten Abschnitt wird aus diesen Definitionen ein „Grundwortschatz“ generiert und somit werden relevante „Leitbegriffe“ erfasst. Im letzten Abschnitt wird noch kurz auf die Frage „Wissenschaft, Verfahren, Methode oder pädagogische Grundhaltung“ eingegangen.
1.1 Definitionen in der Erlebnispädagogik (Auswahl)
Definition ist der Prozess der inhaltlichen Klärung eines Begriffs durch Angaben seiner wesentlichen Merkmale.11
Da in der Erlebnispädagogik eine enorme Anzahl von Ansätzen und Theorien anzutreffen ist12, erscheint eine Annäherung an das Phänomen Erlebnispädagogik bzw. der verwendeten Begriffe über die im Laufe der Zeit veröffentlichten Definitionen sinnvoll. Dabei kann man allerdings nicht von einer gültigen Definition ausgehen, sondern auch hier ergibt sich ein heterogenes Bild. Dementsprechend werden in diesem Kapitel mehrere Definitionen angeführt und alle zusammen sollen einen ersten Eindruck über die „Erlebnispädagogik“ vermitteln. Die „Moderne Erlebnispädagogik“ kommt in den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern zur Anwendung: von der Sozialarbeit, der Erziehungshilfe über die (schulische) Erziehung bis hin zur betrieblichen Fort- und Weiterbildung. Dementsprechend spiegeln die Definitionen die speziellen Anforderungen dieser Arbeitsfelder wider.
Mit bereits vorliegenden Definitionen lassen sich (…) Zweige innerhalb der Erlebnispädagogik sinnvoll aufzeigen.13
Am größten ist die (begriffliche) Unterscheidung wohl zwischen dem Arbeitsfeld der „Sozialpädagogik“ und dem der „betrieblichen Fort- und Weiterbildung“: Im ersteren wird mehrheitlich der Ausdruck „Erlebnispädagogik“ verwendet, im zweiteren überwiegt die Bezeichnung von „Outdoor-Trainings“.14 Allerdings ist diese Trennung im Detail nicht aufrecht zu erhalten (vgl. dazu Abschnitt 11.4) und so gilt einfach: Die Realität liegt (zumeist) irgendwo dazwischen.
I. Definition nach Jörg Ziegenspeck:
Ein ganzheitlicher Ansatz kennzeichnet erlebnispädagogisch definierte bzw. begleitende Maßnahmen und Programme – „buten und binnen“ – allgemein:
Unmittelbares Lernen mit Herz, Hand und Verstand in Ernstsituationen und mit kreativen Problemlösungsansätzen und sozialem Aufforderungscharakter bilden den Anspruchsrahmen erzieherisch definierter, verantwortbarer und auf eine praktische Umsetzung ausgerichteter Überlegungen, die auf individuelle und gruppenbezogene Veränderungen von Haltungen und Wertmaßstäben ausgerichtet sind und durch sie veranlasst und begründet werden.15
II. Definition nach Annette Reiners:
Im Vordergrund soll das handlungsorientierte und soziale Lernen stehen.
Die Herausforderung soll vom Teilnehmer als subjektiv schwer, jedoch nicht unüberwindlich bzw. unlösbar gesehen werden. In dieser Situation der Grenzerkundung lernen die Teilnehmer ihre Fähigkeiten, die Eigenschaften und damit sich selbst besser kennen. (…)
Das Erleben