Dazu näher unten Rn 817.
RGZ 79, 359, 361.
Staudinger/Bittner, BGB (2014), § 266 Rn 36 ff.
BGHZ 73, 243, 247; Palandt/Grüneberg, BGB78, § 266 Rn 3; RGRK/Weber, § 420 Rn 11.
BeckOK/Lorenz, BGB51, § 266 Rn 4; MünchKomm/Krüger, BGB8, § 266 Rn 4.
Näher zu § 323 Abs. 5 unten Rn 527 ff und zu § 281 Abs. 1 S. 2 und 3 unten Rn 623 ff.
BeckOK/Lorenz, BGB51, § 266 Rn 11.
Jauernig/Stadler, BGB17, § 266 Rn 10.
Teil II Der Inhalt von Schuldverhältnissen › § 7 Die Verbindung von Leistungspflichten durch Zurückbehaltungsrechte
§ 7 Die Verbindung von Leistungspflichten durch Zurückbehaltungsrechte
Inhaltsverzeichnis
I. Das allgemeine Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 274)
II. Einrede des nicht erfüllten Vertrags (§§ 320, 322)
Teil II Der Inhalt von Schuldverhältnissen › § 7 Die Verbindung von Leistungspflichten durch Zurückbehaltungsrechte › I. Das allgemeine Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 274)
I. Das allgemeine Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 274)
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Fall 30:
A spielt mit seinen Freunden auf der Straße Fußball. Als B in seinem Auto vorbeifährt, übersieht ihn A und schießt den Ball gegen das Auto, wobei die hintere Heckscheibe zerbricht. B steigt aus seinem Auto aus und konfisziert den Ball. Auf Nachfrage des A weigert B sich, den Ball herauszugeben. Kann A von B Herausgabe des Balls verlangen? Lösung Rn 362
Fall 31:
V hat einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen K; der Anspruch verjährte am 1.2.2019. Am 1.1.2019 erlangte K seinerseits einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen V. Als K am 1.3.2019 den Kaufpreis von V fordert, hält dieser K die Einrede des § 273 Abs. 1 entgegen. Zu Recht?
1. Grundgedanke
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Das allgemeine Zurückbehaltungsrecht ist Ausdruck des aus § 242 fließenden Verbots unzulässiger Rechtsausübung[1] und beruht auf einem grundlegenden Gerechtigkeitsgedanken: Wenn zwei Personen wechselseitige und zusammenhängende Ansprüche gegeneinander haben, soll jeder zur Leistungsverweigerung berechtigt sein, so lange nicht auch der andere Teil leistet. Dieser Grundgedanke kommt vor allem in der zentralen Rechtsfolge des § 274 Abs. 1 zum Ausdruck: Wenn der Schuldner ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 geltend macht, wird er lediglich zur Leistung „Zug um Zug“ verurteilt. Dadurch kann der Schuldner mittelbar auch Erfüllungsdruck auf den Gläubiger ausüben.[2] Denn dieser erhält die ihm gebührende Leistung eben erst, wenn er selber leistet. Das Zurückbehaltungsrecht dient auch der Effizienz: Zusammengehöriges wird rechtlich zusammengeführt und im Prozess auch gemeinsam verhandelt. Das spart zusätzliche Kosten, minimiert den Zeitaufwand für die Klärung zusammengehöriger Ansprüche und wirkt natürlich auch außerhalb von Prozessen darauf hin, dass wechselseitige Ansprüche gemeinsam erledigt werden.
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§ 273 begründet ein allgemeines Zurückbehaltungsrecht, das grundsätzlich allen Ansprüchen gegenüber geltend gemacht werden kann – auch dinglichen[3], erbrechtlichen[4] und vermögensbezogenen familienrechtlichen Ansprüchen[5]. Teilweise sieht das Gesetz besondere Zurückbehaltungsrechte vor, die § 273 verdrängen. Beispiele sind § 358, § 1000 sowie §§ 369 ff HGB. Vor allem aber begründet § 320 eine Sonderregel für Ansprüche im Gegenseitigkeitsverhältnis und geht § 273 als lex specialis vor.[6]
2. Das Zurückbehaltungsrecht als Einrede
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Das allgemeine Zurückbehaltungsrecht des § 273 begründet eine Einrede, so wie beispielsweise auch § 214 für die Verjährung oder § 275 Abs. 2 und Abs. 3 für die Unzumutbarkeit der Leistungserbringung. Der Einredecharakter des § 273 ergibt sich schon aus der Rechtsfolgenanordnung des § 273 Abs. 1: Der Schuldner „kann die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird.“ Anders als Einwendungen werden Einreden vor Gericht nicht etwa schon dann berücksichtigt, wenn ihre Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Das bedeutet: Selbst, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 273 erfüllt sind, wird der Schuldner ohne Einschränkung zur Leistung verurteilt, wenn er das allgemeine Leistungsverweigerungsrecht nicht geltend macht. Sein eigener Anspruch – auf den er das Zurückbehaltungsrecht hätte stützen können – wird ihm dadurch freilich nicht genommen; er kann ihn gegebenenfalls in einem eigenen Prozess durchsetzen. Die Wirkungen des Zurückbehaltungsrechts treten aber nur ein, wenn die Einrede auch geltend gemacht wird; der Schuldner muss sich auf das Zurückbehaltungsrecht also berufen. Die Geltendmachung der Einrede kann im Prozess erfolgen, sie muss es aber nicht: Die Einrede kann auch außerhalb des Prozesses oder in seinem Vorfeld wirksam erhoben werden.
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Auch im Rahmen anderer Regelungen kommt es für § 273 auf die Erhebung der Einrede an: So kann der Schuldner den Schuldnerverzug