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• | Eher verbraucherstreng |
Das LG Düsseldorf[31] Urt. v. 13.7.2017 -Az. 9 S 37/16: „Feststellungsnachteile entstehen für dem VR regelmäßig allein dadurch, dass sich der VN unerlaubt von der Unfallstelle entfernt.“
Das LG Düsseldorf[32] Urt. v. 8.9.2017 – Az. 9 O 197/16 in ZfS 2018, 97f.: „Beruft sich ein VN darauf, er sei bei einer Fahrt in alkoholisiertem Zustand und einem unerlaubten Entfernen nach einem dadurch verursachten Unfall schuldunfähig gewesen, so muss er die Schuldunfähigkeit beweisen.“
Das LG Dortmund[33] Urt. v. 17.8.2017 – Az. 2 O 300/16 in ADAJUR-Newsletter Dok.Nr: 110615: „Die Unfallflucht führt für den Versicherer zu konkreten Feststellungsnachteilen, die ihm einen Kausalitätsgegennachweis nach E.6.2 AKB 2010, § 28 III VVG unmöglich machen. Wird das unerlaubte Entfernen vom Unfallort im Rahmen einer Fremdversicherung von der versicherten Person (hier: Leasingnehmer) begangen, gilt dasselbe.“
Das OLG Naumburg[34] mit Urt. v. 21.6.2012 – Az. 4 U 85/11- hat noch entschieden, dass wenn der Versicherungsnehmer entgegen seiner Aufklärungsobliegenheit aus E. 1.3 Satz 2 AKB 2008 unerlaubt den Unfallort verlasse, gehe dieses regelmäßig mit konkreten Feststellungsnachteilen für den Versicherer einher.
Das OLG Stuttgart[35] mit Urt. v. 16.10.2014 – Az. 7 U 121/14 verneint einen Vollkaskoanspruch, auch wenn der Fahrer sich nicht nach § 142 StGB wegen Unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht hat.
Das LG Heidelberg[36] bejaht im Ergebnis die Berechtigung des Regresses bei einem Körperschaden: „Denn nach ständiger Rechtsprechung begeht in der Regel eine besonders schwerwiegende vorsätzliche Obliegenheitsverletzung, wer sich von der Unfallstelle unerlaubt entfernt, obwohl er weiß, dass er einen Menschen verletzt hat.“
Das AG Wetter[37] mit Urt. v. 14.2.2012 – Az. 9 C 292/11 – bejahte den Regressanspruch der Versicherung trotz der Tatsache, dass der Unfall durch einen Zeugen beobachtet wurde und durch das Kennzeichen der Fahrer und die Haftpflichtversicherung ermittelt wurde.
Das AG Wesel[38] mit Urt. v. 11.4.2013 – Az. 5 C 372/12 – bejaht ebenfalls den Regressanspruch der Versicherung und formuliert immer noch, dass „das Verlassen der Unfallstelle stets eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit darstelle“.
Das AG Wiesloch[39] mit Urt. v. 15.8.2013 – Az. 2 C 67/13 bejaht den Regressanspruch der Versicherung in Höhe von 5.000,00 € wegen besonders schwerwiegenden Obliegenheitsverletzung, denn der Bekl. hat auch nachträglich nicht erforderlichen Feststellungen ermöglicht.
Das KG[40] Urt. v. 15.7.2014 – Az. 6 U 197/13 bejaht sogar eine Obliegenheitsverletzung trotz fehlender strafrechtlicher Verantwortlichkeit.
Das OLG Frankfurt/M.[41] hat mit Urt. v. 2.4.2015 – Az. 14 U 208/14 die Leistungsfreiheit des Kaskoversicherers wegen einer vorsätzlichen Aufklärungspflichtverletzung bestätigt und die Klage abgewiesen. Dass Kläger Stunden später bei der Geschädigten klingelte, entlastet ihn nicht.
Hinweis
Hat der/die Mandanten/in noch einen „Altvertrag“, ist von der Verteidigung das Urteil des BGH[42] vom 12.10.2011 zu beachten, wonach sich die Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber dem/der Mandanten/in bei unterbliebener Anpassung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen an das VVG 2008 gemäß Art. 1 Abs. 3 EGVVG wegen Unwirksamkeit nicht mehr auf die Verletzung vertraglicher Obliegenheiten berufen kann.
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Fraglich ist, wenn mehrere Obliegenheitsverletzungen bei dem/der Mandanten/in vorliegen, z.B.
• | Fahren unter Alkohol- oder Betäubungsmitteleinfluss, |
• | Fahren ohne Fahrerlaubnis, |
• | keine oder verspätete Schadenanzeige, |
• | falsche oder lückenhafte Angaben, |
• | Verschweigen des Fahrzeugführers, |
• | Wegfahren nach dem Unfall |
• | usw. |
Wie dann bzgl. der einzelnen Regressforderungen zu verfahren ist. Dabei ist insgesamt streitig, ob addiert, quotiert oder konsumiert[43] werden darf. Festgelegt auf die – für den Mandanten teurere – Addition hat sich der BGH[44] im Urteil vom 14.9.2005 jedoch für den in der Praxis nicht seltenen Fall, dass der Mandant zusätzlich zur Verkehrsunfallflucht z.B. den Tatbestand der §§ 315c oder 316 StGB verwirklicht hat:
Hinweis
BGH (Urt. v. 14.9.2005):„Verletzt der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit vor (hier: Trunkenheitsfahrt) und eine weitere nach Eintritt des Versicherungsfalles (hier: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort), können die Beträge, bis zu denen der Versicherer Leistungsfreiheit in Anspruch nehmen kann, addiert werden.
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Dem folgt das OLG Frankfurt/M.[45] im Urt. v. 27.12.2017 – Az. 10 U 218/16 und bejaht eine Addition der Höchst-Regressbeträge bei einer Obliegenheitsverletzung vor Eintritt des Versicherungsfalls (hier: Fahren ohne Fahrerlaubnis) und einer weiteren Obliegenheitsverletzung danach (hier: unerlaubtes Entfernen vom Unfallort).
Anmerkungen
Vgl. dazu ausführlich Staub „Der Regress der Kfz- Haftpflichtversicherung bei Verkehrsunfallflucht, ein Strategiehinweis mit Mustertexten“ DAR 2018, 5-12.
Der zulässige Höchstbetrag ergibt sich aus § 6 KfzPflVV.
Vgl. § 257c StPO.
Vgl. BVerfG NJW 1991, 1530 (1531); OLG Düsseldorf StV 2008, 13; LR-Beulke § 153a, Rn. 41.
Vgl. BVerfG NJW 1996, 3353 (3354).
Vgl. BGH NJW-RR 2005, 1024 (1025).
Praxistipp: