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Da der/die Mandant/in meist „Fahrerlaubnis“ und „Führerschein“ gleichsetzt, sollte man auch darüber belehren, dass nach Kenntnis des Gerichtsbeschlusses nicht mehr gefahren werden darf und der/die Mandant/in sich anderenfalls nach § 21 StVG strafbar macht, gleichgültig, ob man noch im Besitz des Führerscheins ist oder nicht. Es ist somit sinnvoll, in einem solchen Fall den Führerschein sofort bei der Polizei abzugeben und die Abgabe des Führerscheins nebst Zeitpunkt sich quittieren zu lassen.
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Wenn der/die Mandant/in nicht nach dem 1.4.1965 geboren ist, dürfte er in einem solchen Fall allerdings weiterhin mit einem „Mofa“ oder „Leichtmofa“ fahren, weil diese Fahrzeuge zu den fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen gehören. Zu beachten ist, dass Personen, die nach dem 1.4.1965 geboren sind, eine Prüfbescheinigung erwerben müssen, bevor sie ein Mofa fahren dürfen. Wer also eine Prüfbescheinigung benötigt und diese nicht vor dem Erwerb seiner – nunmehr vorläufig entzogenen – Fahrerlaubnis erworben hatte, darf kein Mofa fahren. Die Führerschein-Behörde kann auch später u. U. das Führen eines „Mofas“ oder eines Fahrrads untersagen.[1]
Anmerkungen
Vgl. hierzu u.a. OVG Bremen NZV 1990, 246 = NJW 1990, 2081 = VRS 79, 310; vgl. VG Koblenz Urt. v. 17.8.2012 – Az. 10 A 10284/12, NJW 2012, 3388.
Teil 1 Verteidigungsstrategien zur Vermeidung von Anklage und Verurteilung › III. Maßnahmen gegen einen Gerichtsbeschluss über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO
III. Maßnahmen gegen einen Gerichtsbeschluss über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 111a StPO
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Ist bereits ein gerichtlicher Beschluss gemäß § 111a StPO ergangen, so ist der richtige Rechtsbehelf die nicht fristgebundene einfache Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO. Nach § 306 StPO ist die Beschwerde, auch im Ermittlungsverfahren, bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
Hinweis
Ist bereits ein gerichtlicher Beschluss gemäß § 111a StPO ergangen und nach Erlass des Beschlusses haben sich neue Tatsachen ergeben (z.B. ein Entlastungszeuge hat ausgesagt oder das Sachverständigengutachten im Auftrag der Verteidigung liegt vor), so ist der Antrag auf Aufhebung des § 111a-Beschlusses und Herausgabe der Fahrerlaubnis der richtige Rechtsbehelf und erst anschließend wieder die Beschwerde zum Landgericht nach § 304 StPO.[1]
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Häufig sucht der/die Mandant/in die Verteidigung in der Erwartung auf, man sei in der Lage, innerhalb von wenigen Tagen mittels einer Beschwerde beim Landgericht die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis „rückgängig zu machen“. Keinesfalls sollte man ohne Akteneinsicht eine Beschwerde gegen den Beschluss nach § 111a StPO einlegen und begründen.
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Die Beschwerde gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist nach Auffassung des Autors sowieso nur in Ausnahmefällen sinnvoll (vgl. Rn 72 f.). Es soll natürlich nicht geleugnet werden, dass es Fälle gibt, in denen eine Beschwerde erfolgversprechend ist und zum gewünschten Ergebnis führen kann: Z.B bei eindeutig zu beantwortenden Rechtsfragen[2] oder es gelingt beispielsweise durch ein von der Verteidigung frühzeitig eingeholtes Sachverständigengutachten (vgl. hierzu näher unter Rn. 124 ff.) der Nachweis eines deutlich unter der „bedeutenden Fremdschadensgrenze“ (vgl. dazu näher unter Rn. 429 ff., insbes. Rn. 439) liegenden Schadens, obwohl die Polizei diesen höher geschätzt hatte, oder gelingt an Hand eines Unfallrekonstruktionsgutachtens (vgl. hierzu näher unter Rn. 124 ff.) der Nachweis, dass das Fahrzeug des Mandanten an dem Unfall nicht beteiligt gewesen sein kann, so sollte – nach erfolgter Akteneinsicht – auf jeden Fall die Beschwerde mit dem beigefügten Sachverständigengutachten durchgeführt werden, (vgl. aber Hinweis Rn. 67 zum Antrag auf Herausgabe des Führerscheins).
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Die Verteidigung sollte die Frage einer Beschwerde, immer gründlich auch im Hinblick auf die örtliche Praxis der zuständigen Beschwerdekammer abwägen und dem/der Mandanten/in die Gründe für sein eventuelles Abraten verdeutlichen. Überzeugende Argumente sind, dass
• | das Beschwerdegericht das übergeordnete Landgericht für das später für die Hauptsache zuständige Amtsgericht ist und eine erfolglose Beschwerde „ins Blaue“ hinein das Amtsgericht für die spätere Hauptverhandlung in seiner Auffassung von der Schuld des Mandant verfestigen kann (vgl. Rn. 72), |
• | weiter, dass nach einer erfolglosen Beschwerde kein weiterer Rechtsbehelf mehr möglich ist (vgl. aber Hinweis Rn. 67) |
• | und schließlich, dass die Dauer des Beschwerdeverfahrens den Zeitpunkt bis zur Hauptverhandlung verlängert. |
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Oftmals hilft anstelle der Beschwerde dem/der Mandanten/in die – ggf. ohne eine Einlassung – vorgetragene Anregung der Verteidigung – ggf. schon bei der Rücksendung der Strafakte – gegenüber der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen jetzt zügig abzuschließen und eine eventuell beabsichtigte Anklage zügig zu erheben, schneller wieder zu seinem Führerschein zu kommen, weil ein erfolgloses Beschwerdeverfahren lediglich Zeit (vgl. Rn. 68) kosten würde.
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Zur Abwendung einer erfolglose Beschwerdeentscheidung des Landgerichts kann und muss auch die Rücknahme der Beschwerde als strategische Entscheidung in Betracht gezogen werden, denn eine weitere Beschwerde nach § 311 StPO, um die ablehnende Beschwerdeentscheidung überprüfen zu lassen, ist nicht statthaft.
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Ein Grund, nach erfolgter Akteneinsicht von einer Beschwerde abzusehen, ist auch beispielsweise die Tatsache, dass in der Regel von der Verteidigung benannte Entlastungszeugen[3] erst in der Hauptverhandlung ausführlich darüber befragt werden können, was sie beobachtet haben bzw. Belastungszeugen können erst dann bzgl. der Glaubhaftigkeit ihrer Bekundungen und bzgl. der Glaubwürdigkeit ihrer Person befragt werden.
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