Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz. Eva-Maria Kremer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Eva-Maria Kremer
Издательство: Bookwire
Серия: Heidelberger Kommentar
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811406292
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in der Randnummer 26 verwiesen.

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      Soll aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Verwaltungsgerichts zugunsten der öffentlichen Hand vollstreckt werden, setzt das keinen Leistungsbescheid der Gläubigerbehörde voraus (VG Bremen B 13.2.1998 – 2 KE 179/98, juris = NJW 1998, 2378). Denn der Kostenfestsetzungsbeschluss ist ein originärer und damit vorrangiger Leistungsbescheid des Gerichts.

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      Einen besonderen Leistungsbescheid gibt es in Bayern: Gemäß Art. 31 Abs. 3 S. 2 VwZVG ist die Androhung eines Zwangsgeldes ein Leistungsbescheid (VGH München B 15.6.2000 – 4 B 98.775, juris = NJW 2000, 3297; VGH München B 18.10.1993 – 24 B 93/92, juris = NVwZ-RR 1994, 548; BayObLG U 25.5.1999 – 2 Z RR 670/98, juris = NVwZ-RR 1999, 785).

      Bei der Regelung des Art. 31 Abs. 3 S. 2 VwZVG handelt es sich um einen aufschiebend bedingten Leistungsbescheid über eine Geldforderung. Sie entsteht und wird fällig, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind (VGH München B 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 , juris Rn. 13 ff. = NVwZ-RR 2002, 608 (609)):

Während des maßgeblichen Zeitraums bzw. zum maßgeblichen Zeitpunkt müssen alle Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sein. Die Vollstreckungsvoraussetzungen müssen nicht nur bei Ablauf der gemäß Art. 36 Abs. 1 S. 2 VwZVG bestimmten Frist, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann, sondern auch schon während des davorliegenden Zeitraumes bestehen.
Bei Ablauf der zumutbaren Erfüllungsfrist des Art. 36 Abs. 1 S. 2 VwZVG muss die Verpflichtung aus dem Grundverwaltungsakt noch nicht erfüllt sein. Damit ist nach Art. 31 Abs. 3 S. 3 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 VwZVG die Zwangsgeldforderung fällig.

      Hiernach ist die Androhung des Zwangsgeldes erst dann ein vollstreckbarer Leistungsbescheid, wenn beide Bedingungen eingetreten sind.

      Wird die Verpflichtung nicht innerhalb der in der Androhung bestimmten Frist erfüllt, so kann die Vollstreckungsbehörde nach Art. 37 Abs. 1 S. l VwZVG das angedrohte Zwangsmittel anwenden.

      Allerdings hat die Behörde vor der Beitreibung des Zwangsgeldes ein „Anwendungsermessen“ auszuüben (so VGH München B 20.12.2001 – 1 ZE 01.2820, juris = NVwZ-RR 2002, 809). Das bedeutet: Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG verlangt, dass die Rechte des Betroffenen bei der Ausübung des in Art. 37 Abs. 1 VwZVG eingeräumten Anwendungsermessens berücksichtigt werden.

      In der Regel wird es ermessensfehlerhaft sein, das Zwangsmittel bereits vor der Entscheidung des Gerichts über einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuwenden. Denn der Betroffene kann grundsätzlich beanspruchen, dass ein Zwangsmittel zumindest bis zur Entscheidung der ersten gerichtlichen Instanz nicht angewendet wird.

      Ferner müsste die Behörde während des anhängigen Antragsverfahrens mit einem „Hängebeschluss“ als Zwischenentscheidung des Gerichts rechnen (§ 6 Rn. 227). Eine Ausnahme kann etwa dann in Betracht kommen, wenn der Betroffene den Rechtsschutzantrag erst kurz vor Ablauf einer im Sinne von Art. 36 Abs. 1 S. 2 VwZVG zumutbaren Erfüllungsfrist gestellt hat.

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      Der Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde ist ebenfalls ein Leistungsbescheid im Sinne des § 3 Abs. 2 Buchst. a VwVG. Mit ihm ahndet die Behörde gemäß §§ 35, 46 Abs. 2, 65, 66 OWiG Verwaltungsunrecht. Ein Bußgeldbescheid ist vollstreckbar, wenn er rechtskräftig geworden ist (§ 89 OWiG). Er wird nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes oder nach den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften vollstreckt. Das bestimmt § 90 Abs. 1 OWiG. Für die Vollstreckung ist die Verwaltungsbehörde zuständig, die den Bußgeldbescheid erlassen hat (§ 92 OWiG).

      Ordnungswidrigkeiten gehören nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Bereich des Strafrechts. Denn die Gesetzgebungskompetenz „Strafrecht“ des Art. 74 Nr. 1 GG umfasst hiernach nicht nur das Strafrecht im herkömmlichen Sinne, sondern auch das Ordnungswidrigkeitenrecht (BVerfG B 16.7.1969 – 2 BvL 2/69, juris = BVerfGE 27, 18).

      Rechtshistorischer Rückblick: Die jetzt so bezeichneten Ordnungswidrigkeiten waren früher im Strafgesetzbuch als „Übertretungen“ enthalten und in den weggefallenen §§ 360 bis 370 StGB als Straftatbestände ausgewiesen. Das führte zu dem untragbaren Zustand, dass unzählige redliche Menschen „vorbestraft“ waren.

      Daraus ergibt sich, dass der Bußgeldbescheid kein Verwaltungsakt nach der Legaldefinition in § 35 VwVfG sein kann (umstritten, vgl. Engelhardt/App/Schlatmann, § 1 Rn. 6). Ein solcher Verwaltungsakt ist nämlich die rein wertneutrale Regelung eines Falles ohne Bezug zu einem etwaigen schuldhaften Verhalten des Betreffenden. Eingriffe und Zwangsmaßnahmen sind also von jeglicher Schuld unabhängig (§ 6 Rn. 266; § 9 Rn. 16 f.).

      Im Gegensatz dazu ist ein Fehlverhalten des Betreffenden die gesetzliche Grundlage eines Bußgeldbescheides (§ 1 OWiG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört zwar zum Wesen der Ordnungswidrigkeit, „dass der Schuldvorwurf die Sphäre des Ethischen nicht erreicht“ (BVerfG B 4.2.1959 – 1 BvR 197/53, juris = BVerfGE 9, 167, 171). Folglich ist das Verwaltungsunrecht nicht kriminell. Aber es ist doch Unrecht. Es enthält nämlich laut vorstehender Entscheidung des BVerfG einen „Schuldvorwurf“. Das ist der Unterschied zum Verwaltungsakt des § 35 S. 1 VwVfG im Bereich des allgemeinen Verwaltungsrechts.

      Rechtlich ist der Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde ein Justizverwaltungsakt spezialgesetzlicher Natur. Denn die Behörde erlässt ihn gemäß § 46 OWiG auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Aus § 71 Abs. 1 OWiG folgt, dass der Bußgeldbescheid den Rang eines Strafbefehls hat. Über seine Rechtmäßigkeit entscheidet nach § 23 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und § 68 OWiG das ordentliche Gericht. Diese Kompetenz liegt mithin nicht bei dem Verwaltungsgericht; für dieses Gericht gelten vielmehr die §§ 40 Abs. 1, 42, 68 ff. VwGO.

      Des Weiteren ist diese Rechtslage auch für den Fall von Bedeutung, dass der Vollstreckungsschuldner analog § 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 256 AO Einwendungen erheben sollte. – Insoweit wird auf die Erläuterungen in § 5 Rn. 20 Bezug genommen.

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      Ferner ist die Disziplinarentscheidung der Verwaltungsbehörde und des Verwaltungsgerichts über die Kürzung der Dienstbezüge des Beamten ein Leistungsbescheid im Sinne des § 3 Abs. 2 Buchst a. Hier besteht folgende Rechtslage:

      Gemäß § 33 BDG kann die Verwaltungsbehörde eine entsprechende Disziplinarverfügung erlassen. Sie ist ein Verwaltungsakt allgemeiner Art. Für die Vollstreckung aus diesem Leistungsbescheid finden die Regelungen des § 3 also unmittelbar Anwendung.

      Das Disziplinarrecht der Bundesländer entspricht allgemein dem Recht des Bundes (vgl. VGH Mannheim B 18.11.2009 – 16 S 1921/09, juris = NVwZ-RR 2010, 277).

      Anders ist es im Bereich der Disziplinargerichtsbarkeit. Zunächst kann das Verwaltungsgericht nach § 59 BDG einen Disziplinarbeschluss fassen. Sodann kann es gemäß