71
– | Eine geringfügige Verschlechterung der dienstl. Beurteilung gegenüber der vorherigen bedarf keiner Begr. durch Anführen konkreter Umstände in der Beurteilung selbst. Diese ist nicht deshalb rechtswidrig, weil der Soldat nicht frühzeitig auf eine sich abzeichnende geringfügige Verschlechterung hingewiesen worden ist.[212] Allerdings hat der Dienstherr bei der Eröffnung und Besprechung (§ 2 Abs. 10 Satz 1 SLV) dem Soldaten die Ergebnisse der dienstl. Beurteilung sowie einzelne Werturteile und ihre Grundlagen näher zu erläutern und plausibel zu machen.[213] |
72
– | Die Bewertung der Förderungswürdigkeit eines Soldaten (Entwicklungsprognose) durch den nächsthöheren, zur Beurteilung Stellung nehmenden Vorg.[214] ist ein eigenständiges Werturteil.[215] Es ist unter Zugrundelegung eines strengen Bewertungsmaßstabes zu gewinnen und darf weder schematisch aus der Summe noch aus dem arithmetischen Mittel der Einzelwertungsmerkmale gebildet werden.[216] Der Stellung nehmende Vorg. muss seine Einschätzung der Förderungswürdigkeit aus seiner Stellungnahme[217] zu der vom Erstbeurteiler abgegebenen Leistungs- und Eignungsbeurteilung des Soldaten entwickeln; sie muss den Leistungsstand und den Eignungsgrad des Beurteilten widerspiegeln. Damit ist nicht vereinbar, dass der nächsthöhere Vorg. die Förderungswürdigkeit auf eine Wertungsstufe festsetzt, die eine ganze Stufe von der Bewertung der Leistung, Eignung und Befähigung durch den Beurteilenden abweicht, der sich der nächsthöhere Vorg. angeschlossen hatte (Gebot der Widerspruchsfreiheit von Beurteilungen).[218] Bei im Wesentlichen gleichen Leistungsbewertungen ist es mit dem Grds. der Bestenauslese vereinbar, dem prognostischen Teil der dienstl. Beurteilungen, insbes. der Entwicklungsprognose des nächsthöheren Vorg., ausschlaggebendes Gewicht im Eignungsvergleich zuzumessen.[219] |
73
– | Die Änderung von Einzelmerkmals- und Eignungswertungen[220] ist nur dann ausreichend begründet, wenn der Stellung nehmende Vorg. plausibel und nachvollziehbar die Wertung des Erstbeurteilers, insbes. den von diesem angelegten Beurteilungsmaßstab, und ggf. dessen Eignungs- und Leistungsvergleich würdigt und zumindest in knapper Form zum Ausdruck bringt, ob, in welchem Umfang und aus welchem Grund er in seinem eigenen Eignungs- und Leistungsvergleich die Wertungen des Erstbeurteilers als nicht sachgerecht, als zu positiv oder zu krit. bewertet.[221] |
aa) Ernennung und Verwendung
74
Das Leistungsprinzip ist nach Abs. 1 anzuwenden auf Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen.
Nach der Rspr. der VG[222] dienen beamtenrechtl. Vorschriften über Personalauslese und Beförderung vornehmlich dem öff. Interesse an einer bestmöglichen Stellenbesetzung im öff. Dienst. Sie berücksichtigen daneben aber auch das berechtigte Interesse des Bewerbers an einem angemessenen beruflichen Fortkommen und begründen einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung der gesetzl. Vorschriften. Bei beamtenrechtl. Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch. Er gibt Bewerbern um ein öff. Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung – nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung – in die Bewerberauswahl. Die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind.
§ 3 Abs. 1 übernimmt die Grds. des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Für soldatenrechtl. Konkurrenzverhältnisse ist deshalb ein dem Beamtenrecht entspr. Bewerbungsverfahrensanspruch anerkannt.[223] Truppendienstl. mil. Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen stehen einer wehrdienstgerichtl. Kontrolle zugunsten der unterlegenen Bewerber offen. Solche von den Wehrdienstgerichten zu entscheidenden truppendienstl. Streitigkeiten (Konkurrentenklagen[224]) sind von der Rspr. zugelassen.[225]
Die Erweiterung der Reichweite des Leistungsgrds. über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen berücksichtigt, dass in der Praxis der Bw die Entscheidung über die höherwertige Verwendung die nachfolgende Entscheidung über eine der Dotierung des Dienstpostens entspr. Beförderung in ein höheres Statusamt wesentlich vorprägt. Deshalb ist ein Eignungs- und Leistungsvergleich am Maßstab von § 3 Abs. 1 nur dann vorzunehmen, wenn über die Bewerbung mehrerer Soldaten um eine für sie jew. höherwertige Verwendung zu entscheiden ist („Förderungsbewerber“). Ein Eignungs- und Leistungsvergleich ist nicht geboten, wenn der von einem Bewerber innegehabte und der von ihm angestrebte Dienstposten besoldungsmäßig gleich bewertet sind („Versetzungsbewerber“).[226]
Maßgeblich für die gerichtl. Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Anfechtung einer Auswahlentscheidung, die mit dem Verpflichtungsantrag verbunden wird, über die Besetzung des Dienstpostens neu zu entscheiden, der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung.[227]
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Der Begriff der Ernennung ist identisch mit dem in § 4 Abs. 1 verwendeten Terminus. Insoweit wird auf die Komm. zu § 4 Rn. 7 ff. verwiesen. Förderliche Maßnahmen im Wege von Ernennungen, bei denen der Leistungsgrds. des Abs. 1 (bei Bewerbern des Art. 33 Abs. 2 GG[228]) berücksichtigt werden muss, sind demnach insbes. die Begr. von Wehrdienstverhältnissen eines BS oder SaZ (Berufung, vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1)[229] und jede Beförderung (§ 4 Abs. 1 Nr. 3).[230]
76
Der Begriff der Verwendung ist nicht gesetzl. definiert. Das BVerwG[231] bezeichnet als „konkrete“[232] Verwendung „die Einweisung des Soldaten in einen bestimmten soldatischen Pflichtenkreis“ (besser wird hier von einem Aufgaben- oder Tätigkeitskreis gesprochen, da Pflichtenkreis auf den Pflichtenkatalog der §§ 7 ff. hindeutet, was nicht gemeint ist). Letztlich ist die soldatische Verwendung die auf die besonderen Bedürfnisse der SK zugeschnittene Variante zum beamtenrechtl. Begriff des Amtes im konkret-funktionellen Sinne[233], ohne mit diesem deckungsgleich zu sein.
77
Die Übertragung des vielschichtigen beamtenrechtl. Amtsbegriffs[234] auf den Bereich der Soldaten wäre mit der für die Einsatzfähigkeit der SK notwendigen personellen Flexibilität und der bei dienstl. Bedürfnis unerlässlichen Ausnutzung der vollen Verwendungsbreite eines Soldaten, gemessen an seiner Eignung und Befähigung, nicht zu vereinbaren. Deshalb gibt es nur in Teilen Überschneidungen mit dem Beamtenrecht:
78
Unter dem beamtenrechtl. Amt im statusrechtl. Sinne ist die Rechtsstellung des Beamten zu verstehen, die durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch die besoldungsrechtl. Einstufung und die Amtsbezeichnung