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Zentrale Merkmale, an denen sich nach Abs. 1 Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen der Soldaten zu orientieren haben, sind Eignung, Befähigung und Leistung. Die soldatengesetzl. Auslegung dieser Begriffe hat sich wegen des Grds. der Einheitlichkeit des öff. Dienstrechts im Rahmen der Vorgaben zu bewegen, welche für die in Art. 33 Abs. 2 GG für den Ämterzugang allg. vorgegebenen Zugangskriterien maßgeblich sind. Weniger Anforderungen als in Art. 33 Abs. 2 GG festgelegt dürfen bei Ernennungs- und Verwendungsentscheidungen der Soldaten nicht gestellt werden. Wohl aber dürfen soldatenrechtl. gebotene zusätzliche Erfordernisse im Rahmen der Auswahl nach Abs. 1 verlangt werden, auch wenn sie verfassungsrechtl. nicht notwendig sind.[24]
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Die Begriffe Eignung, Befähigung und Leistung i.S.d. des Abs. 1 können zusammengefasst als Qualifikation für das in Rede stehende öff.-rechtl. Dienst- und Treueverhältnis[25] bezeichnet werden. Diese Qualifikation bezweckt alleinig die Gewährleistung funktionsfähiger Streitkräfte. Die Beachtung dieser Vorgaben wird auch hier als Leistungsprinzip bzw. Grds. der Bestenauslese umschrieben.[26] Str., aber praktisch wenig bedeutsam[27] ist das Verhältnis von Eignung, Befähigung und Leistung zueinander.[28] Der Sache nach wird ohnehin nur eine Berücksichtigung sämtlicher Kriterien dem geforderten Qualitätsanspruch gerecht.[29] In dieser Komm. wird die Eignung als das umfassende Qualifikationsmerkmal angesehen (Eignung im weiteren Sinne[30]), das die Merkmale Befähigung und Leistung als besonders hervorgehobene Teile der Eignung einschließt[31] und darüber hinaus die gesamte Persönlichkeit des Soldaten erfasst.[32]
Jede personelle militärische Auswahlentscheidung muss sich einerseits unmittelbar auf Eignung, Befähigung und Leistung stützen lassen, und darf andererseits infolge der gesetzlichen Normierung bestimmter Negativaspekte gerade nicht von den ausgeschlossenen Merkmalen des Abs. 1 beeinflusst sein. Das gilt nicht nur für den Fall, wenn sich trotz Vergleich von Eignung, Leistung und Befähigung kein Bewerbervorsprung ergibt (obwohl in diesem Fall grds. anderen Gesichtspunkten Bedeutung beigemessen werden darf),[33] sondern steht auch in unmittelbarer Konkurrenz bspw. zur Frauenförderung nach § 8 SGleiG.[34]
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Der Befähigung sind die für die dienstl. Verwendung wesentlichen, durch schulische, universitäre, berufliche oder sonstige Vor- oder Ausbildung, auch durch berufliche Tätigkeit erworbenen fachl. Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen zuzurechnen.[35] Erfasst werden allg. und fachl. Wissen (Anhaltspunkte hierfür sind insbes. Schul-, Lehrgangs- und sonstige Prüfungszeugnisse, z.B. das Ergebnis der Laufbahn- oder der beruflichen Abschlussprüfung) und die Fähigkeit, dieses in die dienstl. Verwendung einzubringen (diese Fähigkeit muss im Wege einer Prognose bewertet werden, wobei es zu Überschneidungen zwischen den Kriterien Befähigung und Eignung kommen kann). Nicht ohne Weiteres mit der Befähigung nach Art. 33 Abs. 2 GG und Abs. 1 gleichzusetzen ist die Laufbahnbefähigung (vgl. z.B. § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV). Diese betrifft nur das generelle Mindestanforderungsprofil, das der Soldat durch die Laufbahnprüfung förmlich nachweisen muss. Jene geht über die laufbahnbezogen geforderte fachl. Befähigung hinaus und umfasst zusätzliche Fähigkeiten oder Kenntnisse, die individuell erworben worden sind und die für die Anforderungen eines einzelnen Dienstpostens oder einer bestimmten Verwendung nützlich sein können (z.B. Fremdsprachenkenntnisse, berufspraktische Erfahrungen). Der Dienstherr ist grds. (es sei denn, es geht um den Zugang zu beruflichen Ausbildungsstätten nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, wo der Staat für eine bestimmte Ausbildung ein rechtl. oder tatsächliches Monopol besitzt[36], z.B. im staatl. Vorbereitungsdienst) berechtigt, ein über die laufbahnrechtl. vorgeschriebenen Anforderungen hinausgehendes Maß an Befähigung zu verlangen.[37] Es wäre z.B. erlaubt, für die Einstellung als SaZ für die Laufbahnen der Mannschaften trotz des in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SLV auf die Erfüllung der Vollzeitschulpflicht abgesenkten schulischen Bildungsstandes nur Soldaten mit Hauptschulabschluss zu berücksichtigen, wenn es die Bewerbungslage zulässt.
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Die (fachl.) Leistung beurteilt sich nach den an den dienstl. Anforderungen gemessenen Arbeitsergebnissen, der praktischen Arbeitsweise, dem Arbeits- und – soweit bewertbar – Führungsverhalten.[38] Sie ist aufgrund praktischer Tätigkeit und Bewährung in der mil. Verwendung (also in einer Rückschau) zu ermitteln. Sie hat deshalb i.d.R. für Berufsanfänger keine Bedeutung[39] und ist erst mit steigendem Dienstalter und längerer Verwendung in den SK beachtlich. Maßgeblich für die fachl. Leistung ist nicht die individuelle Anstrengung, sondern das objektive Arbeitsergebnis.[40] Auch wenn das Merkmal der fachl. Leistung vergangenheitsorientiert ist, spielt es insbes. bei Beförderungen eine wichtige Rolle. Dabei treten die bisherigen dienstl. Leistungen als Grundlage für die künftige Leistungserwartung in den Vordergrund. Es ist zu bewerten, ob der Soldat aufgrund seiner gezeigten Leistungen auch einer ihm zu übertragenden neuen, anspruchsvolleren Aufgabe gewachsen sein wird. Diese Prognose ist vorrangiger Anlass für die Ermittlung der bisherigen dienstl. Leistungen des Soldaten bei einer förderlichen Maßnahme. Der Belohnungseffekt im Hinblick auf erbrachte Leistungen tritt dem gegenüber in den Hintergrund; wichtiger ist das öff. Interesse an einer optimalen Stellenbesetzung. Die Stehzeit im Dienstgrad oder der Dienstgradgruppe stellt für sich genommen keinen leistungsbezogenen Aspekt dar, sondern darf allenfalls hilfsweise zur Leistungsbeurteilung bzw. Bewährungsprognose herangezogen werden.[41]
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Zur Eignung im engeren Sinne nach Art. 33 Abs. 2 GG von Bewerbern um Einstellung als Soldat oder nach Abs. 1 von zu ernennenden oder zu verwendenden Soldaten gehören alle sonstigen, die gesamte Persönlichkeit betreffenden Auswahlkriterien, die nicht bereits durch die Merkmale der Befähigung und der (fachl.) Leistung erfasst werden. Zu nennen sind hier vor allem körperliche, geistige und charakterliche Eigenschaften (vgl. § 37 Abs. 1 Nr. 3),[42] die darüber Aufschluss geben, ob und in welchem Maß ein Soldat den Anforderungen an die beabsichtigte oder gewünschte Verwendung gewachsen ist – zur Festlegung dieser Anforderungen steht dem Dienstherrn ein Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich zwar an typischen Merkmalen des Aufgabenbereiches zu orientieren hat, aber auch bestimmen kann, in welchem Maß er Einschränkungen i.S. e. sachgerechten Aufgabenerfüllung als noch oder nicht mehr hinnehmbar erachtet.[43] Daneben darf der Dienstherr auch Mindestforderungen allgemeiner Gültigkeit ausbuchstabieren, die sich aus dem gesetzlichen Pflichtenkanon der Soldaten ergeben (bspw. die Forderung nach einer grds. Bereitschaft zur Mobilität, gespeist aus der Forderung nach jederzeitigen Versetzbarkeit als Konkretisierung der Pflicht zum treuen Dienen nach § 7).[44]
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