2. Entwicklung sowie Kodifizierung des Völkerrechts
Besonders hervorzuheben ist die in Art. 13 Abs. 1 lit. a UN-Ch. verankerte Aufgabe der Generalversammlung, die fortschreitende Entwicklung des Völkerrechts sowie seine Kodifizierung zu begünstigen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedient sich die Generalversammlung der UN-Völkerrechtskommission (International Law Commission, ILC). Als Nebenorgan der Generalversammlung besteht diese aus 34 unabhängigen Völkerrechtsexperten und befasst sich vorwiegend mit Themen, die noch wenig normiert sind. Ihre Entwürfe in Form von Artikeln (draft articles) werden der Generalversammlung vorgelegt und dann oftmals von dieser den Mitgliedstaaten zur Zeichnung und Ratifikation empfohlen. So ist beispielsweise die Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK; Sart. II, Nr. 320) entstanden.
3. Verwirklichung der Menschenrechte
Weiterhin ist der Generalversammlung nach Art. 13 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 iVm. Art. 55 ff. UN-Ch. die Aufgabe übertragen, zur Verwirklichung der Menschenrechte beizutragen. Ein wesentlicher Meilenstein ihrer Arbeit im Bereich der Menschenrechte ist insbesondere die → Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948.
4. Generalversammlung und Friedenssicherung
Schließlich stellt Art. 11 Abs. 1 UN-Ch. klar, dass sich die Generalversammlung mit den „allgemeinen Grundsätzen der Zusammenarbeit zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit einschließlich der Grundsätze für die Abrüstung und Rüstungsregelung befassen“ und „in Bezug auf diese Grundsätze Empfehlungen an die Mitglieder oder den Sicherheitsrat oder an beide richten“ kann. Eine Ausnahme davon und von der oben beschriebenen umfassenden Zuständigkeit der Generalversammlung sieht Art. 12 UN-Ch. zugunsten einer primären, aber nicht ausschließlichen Zuständigkeit des UN-Sicherheitsrats für den Fall vor, dass dieser in einer Streitigkeit oder einer Situation die ihm zugewiesenen Aufgaben der Friedenssicherung wahrnimmt. In diesem Fall darf die Generalversammlung nach Art. 12 Abs. 1 UN-Ch. keine Empfehlungen mehr abgeben, es sei denn auf Ersuchen des UN-Sicherheitsrats. Die in Art. 12 Abs. 1 UN-Ch. enthaltene Formulierung der „Wahrnehmung der Aufgaben“ lässt dabei mehrere Interpretationen zu: Eine formale Sichtweise lässt es genügen, dass der UN-Sicherheitsrat die Streitigkeit oder Situation auf seine Agenda setzt. Demgegenüber überwiegt in der Praxis der Generalversammlung in Abweichung vom geltenden Text des Art. 12 UN-Ch. eine eher enge Sichtweise der Aufgabenwahrnehmung des Sicherheitsrates, wonach die Generalversammlung befugt ist, auch zu Gegenständen, die der Sicherheitsrat aktiv behandelt, Empfehlungen abzugeben. Proteste des UN-Sicherheitsrates gegen diese Praxis sind nicht bekannt geworden. Weiterhin hat die Generalversammlung in der → Uniting for Peace-Resolution die Ansicht vertreten, dass die Verhinderung von Beschlüssen des UN-Sicherheitsrats aufgrund des Vetorechts seiner ständigen Mitglieder als Nichtwahrnehmung seiner Aufgaben iSv. Art. 12 UN-Ch. anzusehen sei, mit der Folge, dass die darin enthaltene Sperrwirkung nicht eintrete.
IV. Organisationsrechtliche Aufgaben
Im organisationsinternen Bereich ist die Generalversammlung zusammen mit dem UN-Sicherheitsrat für die Aufnahme und den Ausschluss von Mitgliedern sowie die Suspendierung ihrer Rechte zuständig (Art. 4 – Art. 6 UN-Ch.). Weiterhin wählt die Generalversammlung die nichtständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (Art. 23 UN-Ch.), die Mitglieder des → Wirtschafts- und Sozialrats (Art. 61 UN-Ch.) und einen Teil der Mitglieder des Treuhandrates (Art. 86 UN-Ch.) sowie gemeinsam mit dem UN-Sicherheitsrat die Mitglieder des → IGH (Art. 8 IGH-Statut). Schließlich prüft und genehmigt die Generalversammlung nach Art. 17 Abs. 1 IGH-Statut den Haushaltsplan der UNO.
V. Rechtliche Bedeutung der Resolutionen der Generalversammlung
Die in Wahrnehmung der Aufgaben nach Art. 10 – Art. 14 UN-Ch. ergangenen Resolutionen der Generalversammlung haben als bloße „Empfehlungen“ für die Mitgliedstaaten keinen verbindlichen Charakter. Nichtsdestotrotz sind diese Resolutionen der Generalversammlung rechtlich nicht bedeutungslos, sofern sie eine entsprechende Rechtsüberzeugung dokumentieren. Demzufolge können sie durchaus, sofern die übrigen Entstehungsvoraussetzungen erfüllt sind, zur Entstehung von → Völkergewohnheitsrecht beitragen. (Zur rechtlichen Einordnung der Resolutionen der Generalversammlung vgl. → Uniting for Peace-Resolution).
VI. Organisatorische Struktur
Um die aus ihrer umfassenden Zuständigkeit fließenden vielfältigen Aufgaben zu bewältigen, hat die Generalversammlung auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2, Art. 22 UN-Ch. Nebenorgane in Form von sechs Hauptausschüssen eingesetzt. Diese Hauptausschüsse haben den Auftrag, die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu behandeln und die endgültige Entscheidung der Generalversammlung vorzubereiten. Es sind dies: der Ausschuss für Abrüstung und internationale Sicherheit (Erster Ausschuss); der Wirtschafts- und Finanzausschuss (Zweiter Ausschuss); der Ausschuss für soziale, humanitäre und kulturelle Fragen (Dritter Ausschuss); der Ausschuss für besondere politische Fragen und Entkolonialisierung (Vierter Ausschuss); der Verwaltungs- und Haushaltsausschuss (Fünfter Ausschuss) sowie der Rechtsausschuss (Sechster Ausschuss). Außerdem existieren zwei Ständige Ausschüsse in Form des Beratenden Ausschusses für Verwaltungs- und Haushaltsfragen und des Beitragsausschusses. Weiterhin gibt es zwei Verfahrensausschüsse: den Präsidialausschuss und den Mandatsprüfungsausschuss. Schließlich hat die Generalversammlung eine große Zahl sonstige Spezialorgane. Dazu zählen u. a. die UN-Völkerrechtskommission (ILC) und die Kommission für Internationales Handelsrecht (UNCITRAL).
G › Gewaltverbot, universelles (Burkhard Schöbener)
Gewaltverbot, universelles (Burkhard Schöbener)
2.Anwendung/Androhung von Gewalt
a)Beschränkung auf Waffengewalt