Völkerrecht. Bernhard Kempen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bernhard Kempen
Издательство: Bookwire
Серия: Grundbegriffe des Rechts
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811441316
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       4.Internationale Übergangsverwaltungen

       5.Supranationale Organisationen

       IV. Rechtslage Deutschlands nach 1945

      Lit.:

      D. Blumenwitz, Der deutsche Inlandsbegriff im Lichte des Staats- und Völkerrechts, in: FS für H.-J. Schlochauer, 1981, 25; M. Kment, Grenzüberschreitendes Verwaltungshandeln, 2010; A. Verdross/B. Simma/R. Geiger, Territoriale Souveränität und Gebietshoheit, 1980.

      Unter der Gebietshoheit versteht man die ausschließliche Herrschaftsgewalt über ein Territorium. Sie ist abzugrenzen von der territorialen → Souveränität. Beide Begriffe verhalten sich zueinander wie das zivilrechtliche Begriffspaar Eigentum und Besitz: Der territorialen Souveränität als dem „Vollrecht“ entspricht dabei das Eigentum; nur der territoriale Souverän kann über das Gebiet verfügen. Der Gebietshoheit als der faktischen Innehabung der Herrschaftsgewalt entspricht hingegen der Besitz. Haben mehrere Staaten gemeinsam die territoriale Souveränität inne, spricht man von einem Kondominium, bei gemeinsamer Ausübung der Gebietshoheit von einem Koimperium.

      Im Regelfall sind territoriale Souveränität und Gebietshoheit deckungsgleich, können jedoch auch auseinanderfallen, etwa im Falle kriegerischer Besetzung (occupatio bellica) oder bei Verpachtung eines Gebiets an einen anderen → Staat. Dabei kann es sein, dass der Inhaber der territorialen Souveränität, z. B. durch einen zeitlich unbegrenzten Pachtvertrag, faktisch jegliche Einwirkungsmöglichkeiten auf ein bestimmtes Gebiet verloren hat. Auch wenn die territoriale Souveränität unter diesen Umständen auf ein nudum ius reduziert ist, bleibt das → Staatsgebiet doch völkerrechtlich dem jeweiligen Staat zugeordnet. Das wird daran deutlich, dass bei einvernehmlicher Aufhebung des Pachtvertrags die aus der territorialen Souveränität fließenden Rechte automatisch wieder aufleben. In diesem Sinne schlossen Panama und die USA 1903 zunächst einen unbefristeten Pachtvertrag über die Panama-Kanal-Zone (sog. Hay-Varilla-Vertrag), in dem den USA die volle Gebietshoheit über die Kanalzone eingeräumt wurde. 1977 wurde dieser Vertrag einvernehmlich durch den Panama Canal Treaty abgeändert, nach dem den USA nur noch einzelne Verwaltungsrechte zustanden, und zwar zeitlich begrenzt bis Ende 1999. Einer Rückübereignung des Gebiets von den USA an Panama bedurfte es weder 1977 noch 1999, vielmehr lebten Ende 1999 die Vollrechte Panamas hinsichtlich der Kanalzone ipso iure wieder auf.

      Die Gebietshoheit ist grds. eine ausschließliche, d. h. der die Gebietshoheit ausübende Staat kann jede andere staatliche Hoheitsgewalt von dem betreffenden Territorium verdrängen. Kraft der Gebietshoheit unterliegen nicht nur die eigenen Staatsangehörigen, sondern auch die auf dem betreffenden Territorium befindlichen Ausländer der Hoheitsgewalt des Gebietsstaates. Zwar unterstehen die fremden Staatsangehörigen über das Prinzip der Personalhoheit in begrenztem Umfang auch der Rechtsordnung ihres Heimatstaates. Aufgrund ihrer physischen Anwesenheit sind sie jedoch dem primären Zugriff des Gebietsstaates ausgesetzt. Die grds. umfassend angelegte Gebietshoheit kennt allerdings gewisse Einschränkungen, die sich teils aus dem allgemeinen Völkerrecht (→ Völkergewohnheitsrecht), teils aus dem → Völkervertragsrecht ergeben.

II. Einschränkungen kraft allgemeinen Völkerrechts

      Durch das Institut der Immunität wird die grds. unbegrenzte Befugnis des Gebietsstaates zur Regelung von Sachverhalten auf dem eigenen Gebiet begrenzt. Persönliche Immunität (Immunität ratione personae) genießen dabei in erster Linie fremde Staatsoberhäupter, Außenminister sowie Diplomaten (Art. 31 WÜD; Sart. II, Nr. 325), jeweils für die Dauer ihres Amtes. Funktionale Immunität (Immunität ratione materiae) kommt ehemaligen Staatsoberhäuptern, Außenministern und Diplomaten (Art. 39 Abs. 2 WÜD) sowie darüber hinaus amtierenden oder ehemaligen Konsuln (Art. 43, 53 Abs. 4 WÜK; Sart. II, Nr. 326) zu. Nach dem Grundsatz par in parem non habet imperium genießt darüber hinaus ein ausländischer Staat selbst Immunität für hoheitliches Handeln (acta iure imperii), nicht jedoch für privatwirtschaftliche Aktivitäten (acta iure gestionis). Über diese völkergewohnheitsrechtlich geltenden Immunitätsregeln kann ein Staat selbstverständlich durch Vertrag noch hinausgehen, etwa indem er auf seinem Territorium stationierten ausländischen Truppenverbänden Immunität gewährt.

      Wenngleich ein Staat kraft seiner Gebietshoheit grds. auch gegenüber Ausländern Hoheitsgewalt ausüben darf, sind Fremde dem Gebietsstaat doch nicht gänzlich schutzlos ausgeliefert. Vielmehr ist der Gebietsstaat über das gewohnheitsrechtlich geltende → Fremdenrecht verpflichtet, Ausländern einen gewissen Mindeststandard zu gewährleisten. Der Umfang des fremdenrechtlichen Mindeststandards ist allerdings nicht eindeutig gesichert. Jedenfalls zählen hierzu etwa das Recht auf Anerkennung als Rechtsperson, der Schutz vor Angriffen auf Leben, Freiheit und Würde oder der Zugang zur Gerichtsbarkeit. Über diesen basalen Schutz kann ein Staat wiederum auf vertraglicher Grundlage hinausgehen, so ist etwa die Stellung der mitgliedstaatlichen Angehörigen im Rahmen der EU gegenüber dem fremdenrechtlichen Mindeststandard deutlich angehoben.

      Einschränkungen unterliegt ein Staat bei der Ausübung seiner Gebietshoheit ferner durch die Regeln des völkerrechtlichen Nachbarschaftsrechts. Nach den insoweit maßgeblichen Grundsätzen guter Nachbarschaft ist ein Staat vor allem verpflichtet, von seinem Territorium ausgehende grenzüberschreitende Schädigungen (z. B. Umweltbeeinträchtigungen) zu unterlassen bzw. zu unterbinden sowie gemeinsame Ressourcen ausgewogen zu nutzen.

      Die vorstehend behandelten Einschränkungen der Gebietshoheit zeichnen sich dadurch aus, dass sie (bereits) im „Normalzustand“ gelten, wo territoriale Souveränität und Gebietshoheit in der Hand ein und desselben Staates liegen. Im Falle kriegerischer Besetzung (occupatio bellica) ist das anders, hier fallen territoriale Souveränität (des besetzten Staates) und Gebietshoheit (der Besatzungsmacht) auseinander. Gleichwohl unterliegt auch die Ausübung der Gebietshoheit durch die Besatzungsmacht gewohnheitsrechtlichen Grenzen, die in der Haager Landkriegsordnung ihren völkervertraglichen Niederschlag gefunden haben. Danach ist die Besatzungsmacht (lediglich) zur Wiederherstellung der öffentliche Ordnung und des öffentlichen Lebens berechtigt, und zwar grds. unter Beachtung der Landesgesetze (Art. 43 HLKO; Sart. II, Nr. 46). Die Ehre und die Rechte der Familie, das Leben der Bürger und das Privateigentum sowie die religiösen Überzeugungen und gottesdienstlichen Handlungen sollen geachtet werden (Art. 46 HLKO), Plünderungen sind verboten (Art. 47 HLKO). Weiter gehende Beschränkungen der Besatzungsgewalt im Verhältnis zur besetzten Bevölkerung enthält heute die IV. Genfer Konvention (Sart. II, Nr. 54).

III. Einschränkungen auf völkervertraglicher Grundlage

      Ebenso wie ein Staat einen Gebietsteil an