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Hinter diesem gesetzgeberischen Projekt steckt eine eher bedenkliche Vorstellung von einer Kontinuität des Staats- und Beamtenverständnisses durch die Jahrhunderte. Statt etwa auf die alles andere als neue „Flucht des Staates“ in das Privatrecht[38] adäquat, d. h. durch Anpassung des Wirtschaftsstrafrechts zu reagieren, wird dem Strafrecht zugemutet, ein neo-liberal-geprägtes Verständnis des Zusammenspiels von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft zu transportieren und – inzwischen antizyklisch – gegen gewandelte volkswirtschaftliche Leitvorstellungen zu zementieren.
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In Wahrheit ist es nicht bei der Fortschreibung des inzwischen restriktiv wirkenden „Beamten im strafrechtlichen Sinn“ geblieben. Die verstärkte, wenn nicht zeitweise inflationär anmutende Nutzung privatrechtlicher Handlungsformen und privatrechtlicher Unternehmensstrukturen durch die öffentliche Hand hat nicht etwa zu einer entsprechenden auch strafrechtlichen Deregulierung, sondern – im Gegenteil – zu einer Erstreckung des Amtsträgerbegriffs auf Personen geführt, die kaum noch Ähnlichkeiten mit dem insbesondere vom Reichsgericht noch übernommenen Beamtenverständnis aufweisen und auch im Verhältnis zu den „Amtsträgern“ nach § 11 Abs. 1 Nr. 2a kaum noch Gemeinsamkeiten erkennen lassen.
a) Behörde
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Der Begriff der „Behörde“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2c ist – trotz der ins Leere gehenden Legaldefinition in § 11 Abs. 1 Nr. 7 – der einzige, vergleichsweise präzise fassbare Begriff der Amtsträgerdefinition(en). Unter „Behörde“ wird herkömmlich eine „in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln verstanden, die … dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates … tätig zu sein“.[39]
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Dieser „strafrechtliche“ Behördenbegriff ist damit erheblich enger als der in § 1 Abs. 4 VwVfG enthaltene,[40] leistet aber gleichwohl in restriktiver Hinsicht nichts, weil die „sonstige Stelle“[41] eine breitflächige Auffangfunktion erfüllt.[42] Demgemäß fallen Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts (z. B. Rundfunkanstalten) zwar nicht unter den Begriff der Behörde,[43] geraten aber in den Einzugsbereich der „sonstigen“ (behördengleichen) Stelle.[44] Abgesehen davon findet sich eine reichhaltige Kasuistik.[45]
b) Sonstige Stelle
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Folgt man dem Duktus des Wortlauts des § 11 Abs. 1 Nr. 2c, ist der zweite Ort, an dem eine Person zur „Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung“ „bestellt“ sein kann, die „sonstige Stelle“.
40
Nach den Gesetzesmaterialien[46], die nur dann als „wenig ergiebig“[47] erscheinen, wenn man die „sonstige Stelle“ gleichsam als Flügeltür zur Öffnung des Amtsträgerbegriffs einsetzen will, wird die „sonstige Stelle“ in § 11 Abs. 1 Nr. 2c genannt, um deutlich zu machen, dass neben Behörden auch Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie Behördenteile und „sonstige Stellen“, die zu öffentlichen Aufgaben berufen sind, wie etwa „Vereinigungen, Ausschüsse oder Beiräte, die bei der Ausführung von Gesetzen mitwirken“, unter diesen Begriff fallen sollen.[48]
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Bei all diesen „Stellen“ besteht schon auf Grund ihrer öffentlich-rechtlichen Struktur eine weitgehende Einbindung in die Verwaltungsstruktur. Personen, die „bei“ oder „im Auftrag“ solcher „Stellen“ tätig werden, sind während der Ausübung ihrer Tätigkeit für Außenstehende von „Beamten“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2a oder Behördenbediensteten i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c kaum bzw. gar nicht zu unterscheiden. Das gilt für den Vorstand einer öffentlich-rechtlich konstituierten (Landes-)Bank[49] ebenso wie z. B. für einen Rechtsanwalt (oder sonstigen Dritten), wenn er als Vorsitzender (oder Mitglied) einer staatlichen Prüfungskommission – etwa in einem juristischen Staatsexamen – tätig wird.[50]
42
Diese Sicht der „sonstigen Stelle“ ist zwanglos kompatibel mit dem (vorgeblichen) Ziel des Gesetzgebers, den zu § 359 a. F. entwickelten „strafrechtlichen Beamtenbegriff“ im neuen Recht lediglich festzuschreiben. Dann wäre „sonstiger“, d. h. nicht-beamteter Amtsträger in der Tat nur, wer „durch eine hierfür zuständige Stelle zu Dienstverrichtungen berufen“ ist, „die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind und staatlichen Zwecken dienen“.[51]
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Zu dem, was spätestens seit Ende der 90er Jahre, beginnend mit der Entscheidung des 2. Senats vom 19.12.1997[52] für fortwährend zunehmende Rechtsunsicherheit gesorgt hat, verhält sich weder die Gesetzesbegründung noch gibt es einschlägige Entscheidungen der sich immerhin seit mehr als 100 Jahren mit der Frage der Amtsträgereigenschaft beschäftigenden höchstrichterlichen Judikatur. Gemeint ist die seit 1997 für grundsätzlich möglich erachtete Einbeziehung von privatrechtlich organisierten Unternehmen (GmbH, AG etc.), die ausschließlich (oder anteilig) von der öffentlichen Hand (mit-)getragen werden, in den Kreis der „sonstigen Stellen“. Der BGH interpretiert das Merkmal der „sonstigen Stelle“ in Zusammenhang mit privatrechtlich organisierten Unternehmungen des Staates bzw. unter staatlicher Beteiligung anhand von Kriterien, denen – zu Recht – nachgesagt wird, dass sie sich nicht aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 2c und auch nicht aus der Gesetzessystematik oder aus Sinn und Zweck der Amtsträgerregelungen des Allgemeinen Teils in Verbindung mit dem (den) Schutzzweck(en) der §§ 331 ff. ergeben.[53]
44
So berechtigt dieser Einwand und alle sonstige Kritik an der Amtsträger-Rechtsprechung des BGH auch sein mögen,[54] diese Rechtsprechung gilt und ist daher aus der Perspektive der Strafverteidigung ernst zu nehmen.
45
Dies hat nicht zuletzt die Entwicklung in den letzten Jahren unter Beweis gestellt: Die Rechtsprechung lässt zwar aufgrund der Vagheit der von ihr verwendeten Kriterien durchaus Argumentationsspielraum; die Rechtsprechung hat jedoch in den meisten Fällen auch ein „Argument“ gefunden, „im Zweifel“ eine „sonstige Stelle“ zu entdecken.
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Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung[55] können grundsätzlich auch als juristische Personen des Privatrechts organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand „sonstige Stellen“ sein.[56] Allerdings ist dies „nicht bereits dann der Fall, wenn sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen. Hinzukommen müssen vielmehr weitere aussagekräftige Unterscheidungskriterien, um privates von staatlichem Handeln abzugrenzen“.[57]
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Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine Person „Amtsträger“ i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2c ist, kann daher nicht sein, ob sie in einem Unternehmen tätig ist, das Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, sondern ob die fragliche Person bei einer „sonstigen Stelle“ zur Wahrnehmung solcher Aufgaben bestellt ist.[58] Dass die „Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben“ nicht das maßgebliche Kriterium sein kann, ergibt sich im Übrigen schon daraus, dass fast alle (ehemals) „öffentlichen“ Aufgaben zur Disposition einer völligen, d. h. einer sog. „materiellen“ Privatisierung stehen.
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