Als prozessualer Antrag ist der Beweisermittlungsantrag in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen (§ 273 Abs. 1 StPO).[12] Über ihn wird nach Maßgabe von § 244 Abs. 2 StPO entschieden.[13] Da es zu seiner Ablehnung keines Beschlusses bedarf, weil § 244 Abs. 6 Satz 1 StPO nicht gilt[14], muss insoweit lediglich der Vorsitzende bekannt geben, weshalb er dem Ermittlungsantrag nicht folgt. Die Anrufung des Gerichts nach § 238 Abs. 2 StPO ist möglich.[15] Die verschiedentlich vertretene Auffassung, auch die Ablehnung eines Beweisermittlungsantrages bedürfe eines Gerichtsbeschlusses[16], überzeugt nicht, da § 244 Abs. 6 S. 1 StPO nur für den förmlichen Beweisantrag die Entscheidung durch Beschluss vorsieht und die StPO kein generelles, von der Normierung in konkreten Einzelvorschriften unabhängiges Prinzip enthält, wonach über prozessuale Anträge jedweder Art stets durch Beschluss entschieden werden muss.
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Das Beschlusserfordernis des § 244 Abs. 6 Satz 1 StPO greift jedoch, wenn ein Antrag zunächst als Beweisantrag gestellt wurde, das Gericht ihm aber nicht nachgehen will, weil es ihn als Beweisermittlungsantrag einstuft und zugleich glaubt, die Amtsaufklärungspflicht gebiete die Beweiserhebung nicht.[17] Wird ein Antrag zulässigerweise durch Entscheidung des Vorsitzenden abgelehnt, dann muss der Antragsteller aus der Begründung erfahren, weshalb das Gericht keinen Anlass zur Beweiserhebung sieht.[18]
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Wenn der Verteidiger einen Beweisantrag anbringen wollte, es aber in den Augen des Gerichts nur zu einer Beweisanregung, insbesondere also zu einem Beweisermittlungsantrag, gebracht hat, so darf er im Regelfall davon ausgehen, dass er einen Fehler gemacht hat. Dieser Fehler liegt typischerweise darin, dass es an der Bestimmtheit des Antrages mangelt (sei es hinsichtlich der bezeichneten Tatsache, sei es hinsichtlich des Beweismittels). Es ist deshalb sinnvoll, sich die Anforderungen an das Merkmal der „Bestimmtheit“, welche die Rechtsprechung formuliert hat, zu vergegenwärtigen. Dabei zeigt sich im Ganzen, dass jedenfalls die höchstrichterliche Rechtsprechung – von einigen neueren Entscheidungen abgesehen – durchaus nicht formal ist (s. dazu im Einzelnen unten Rn. 137 ff.).
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Nicht stets liegt in einem Beweisermittlungsantrag jedoch ein „verunglückter“ Beweisantrag. Zum Beweisermittlungsantrag als Mittel der Einflussnahme auf die Beweisaufnahme greift der Verteidiger gezielt dann, wenn er die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung durch das Gebrauchmachen von einem (mehr oder weniger) bestimmten Beweismittel geltend machen will, ohne dass es jedoch vertretbar wäre, sich ein erhofftes konkretes Beweisergebnis zu eigen zu machen. Im Offenbleiben des Beweisergebnisses liegt aber auch die Problematik aus der Sicht des Verteidigers: Die Pflicht zur strengen Einseitigkeit kann es verbieten, einen riskanten Beweisermittlungsantrag zu stellen. Andererseits gibt es Beweisthemen, bei denen es unseriös wäre, das gewünschte Ergebnis in Form einer Beweisbehauptung vorwegzunehmen. Beweisermittlungsanträge empfehlen sich – verallgemeinernd – immer dann, wenn weder Informationen noch Anhaltspunkte für eine entlastende Tatsache vorliegen, die Beweiserhebung jedoch eine solche zu Tage fördern kann, ohne dass der „negative“ Ausgang dem Mandanten schadet.
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Ein praktisch häufiges Beispiel hierfür dürfte ein Beweisermittlungsantrag zur Frage der Schuldfähigkeit sein:
Beispiel:
„Zur Klärung der Frage, ob sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt in einem psychischen Zustand befand, der die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB erfüllte, wird beantragt, einen forensisch psychiatrischen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zu beauftragen.“
Äußeres Erkennungszeichen des Beweisermittlungsantrages ist das Wörtchen „ob“ anstelle des beim Beweisantrag die Beweisbehauptung einleitenden Wortes „dass“[19]. Zwar grenzt in diesen Fällen die Unsicherheit über den Ausgang der Beweiserhebung den Beweisantrag vom Beweisermittlungsantrag ab. Das darf aber nicht zu dem Missverständnis führen, dass auch in den Fällen, in denen zwar der Antragsteller die Bestätigung einer bestimmten Beweisbehauptung für möglich hält, nicht aber das Gericht, die insoweit bestehende Unsicherheit über den Ausgang der Beweiserhebung als generelles Unterscheidungskriterium für die Abgrenzung zwischen Beweisantrag und Beweisermittlungsantrag herangezogen wird (s. dazu im Einzelnen unten Rn. 189 ff.).
Anmerkungen
BGH Urt. v. 11.9.2003 – 4 StR 139/03 = NStZ 2004, 690.
BGH JR 1951, 509.
OLG Koblenz VRS 49, 40.
OLG Saarbrücken VRS 49, 45. Vgl. auch BGH Beschl. v. 25.9.2012 – 1 StR 407/12, Rn. 23 (Antrag auf Vernehmung der in der Anklage aufgeführten, aber noch nicht vernommenen Zeugen, ohne Benennung eines Beweisthemas).
BGH Beschl. v. 17.7.2008 – 3 StR 250/08 = StV 2008, 567 = NStZ 2009, 51 (Antrag auf Aktenbeiziehung); vgl. auch BGH Beschl. v. 25.9.2012 – 1 StR 407/12, Rn. 25 (Antrag auf Verlesung der „entsprechenden Frachtpapiere“); BGH NStZ-RR 1998, 276 = StV 1999, 80; BGHSt 30, 131, 142; BGHSt 6, 128; vgl. aber auch Alsberg/Dallmeyer Rn. 208.
BGH Beschl. v. 2.10.2007 – 3 StR 373/07 = StV 2008, 59 = NStZ 2008, 109.
Vgl. BGH StV 1996, 581; Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rn. 25.
Vgl. BGH Urt. v. 17.7.2009 – 5 StR 394/08 (Rn. 12 ff., Benennung von ca. 170.000 Grundstückseigentümern als Zeugen; insoweit in BGHSt 54, 44, NJW 2009, 3173, StV 2009, 687 und NStZ 2009, 686 nicht abgedruckt).
Vgl. hierzu KK-Krehl § 244 Rn. 100 m.w.N.
KK-Herdegen 5. Aufl., § 244 Rn. 53; vgl. nunmehr KK-Krehl § 244 Rn 100.
LR-Becker § 244 Rn. 162; KK-Krehl § 244 Rn. 100.
KK-Krehl § 244 Rn. 100; Alsberg/Dallmeyer Rn. 214; LR-Becker § 244 Rn 178 und SK-StPO/Frister § 244 Rn. 95 sowie Eb. Schmidt Lehrkommentar zur StPO § 273 Rn. 7.
Vgl. zur Verpflichtung, überhaupt eine Entscheidung zu treffen: BGH Beschl. v.