Beweisantragsrecht. Winfried Hassemer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Winfried Hassemer
Издательство: Bookwire
Серия: Praxis der Strafverteidigung
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783811448209
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      Wenn der Verteidiger einen Beweisantrag anbringen wollte, es aber in den Augen des Gerichts nur zu einer Beweisanregung, insbesondere also zu einem Beweisermittlungsantrag, gebracht hat, so darf er im Regelfall davon ausgehen, dass er einen Fehler gemacht hat. Dieser Fehler liegt typischerweise darin, dass es an der Bestimmtheit des Antrages mangelt (sei es hinsichtlich der bezeichneten Tatsache, sei es hinsichtlich des Beweismittels). Es ist deshalb sinnvoll, sich die Anforderungen an das Merkmal der „Bestimmtheit“, welche die Rechtsprechung formuliert hat, zu vergegenwärtigen. Dabei zeigt sich im Ganzen, dass jedenfalls die höchstrichterliche Rechtsprechung – von einigen neueren Entscheidungen abgesehen – durchaus nicht formal ist (s. dazu im Einzelnen unten Rn. 137 ff.).

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      Nicht stets liegt in einem Beweisermittlungsantrag jedoch ein „verunglückter“ Beweisantrag. Zum Beweisermittlungsantrag als Mittel der Einflussnahme auf die Beweisaufnahme greift der Verteidiger gezielt dann, wenn er die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung durch das Gebrauchmachen von einem (mehr oder weniger) bestimmten Beweismittel geltend machen will, ohne dass es jedoch vertretbar wäre, sich ein erhofftes konkretes Beweisergebnis zu eigen zu machen. Im Offenbleiben des Beweisergebnisses liegt aber auch die Problematik aus der Sicht des Verteidigers: Die Pflicht zur strengen Einseitigkeit kann es verbieten, einen riskanten Beweisermittlungsantrag zu stellen. Andererseits gibt es Beweisthemen, bei denen es unseriös wäre, das gewünschte Ergebnis in Form einer Beweisbehauptung vorwegzunehmen. Beweisermittlungsanträge empfehlen sich – verallgemeinernd – immer dann, wenn weder Informationen noch Anhaltspunkte für eine entlastende Tatsache vorliegen, die Beweiserhebung jedoch eine solche zu Tage fördern kann, ohne dass der „negative“ Ausgang dem Mandanten schadet.

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      Ein praktisch häufiges Beispiel hierfür dürfte ein Beweisermittlungsantrag zur Frage der Schuldfähigkeit sein:

      Beispiel:

      „Zur Klärung der Frage, ob sich der Angeklagte zum Tatzeitpunkt in einem psychischen Zustand befand, der die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB erfüllte, wird beantragt, einen forensisch psychiatrischen Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens zu beauftragen.“

      Anmerkungen

       [1]

      BGH Urt. v. 11.9.2003 – 4 StR 139/03 = NStZ 2004, 690.

       [2]

      BGH JR 1951, 509.

       [3]

      OLG Koblenz VRS 49, 40.

       [4]

      OLG Saarbrücken VRS 49, 45. Vgl. auch BGH Beschl. v. 25.9.2012 – 1 StR 407/12, Rn. 23 (Antrag auf Vernehmung der in der Anklage aufgeführten, aber noch nicht vernommenen Zeugen, ohne Benennung eines Beweisthemas).

       [5]

      BGH Beschl. v. 17.7.2008 – 3 StR 250/08 = StV 2008, 567 = NStZ 2009, 51 (Antrag auf Aktenbeiziehung); vgl. auch BGH Beschl. v. 25.9.2012 – 1 StR 407/12, Rn. 25 (Antrag auf Verlesung der „entsprechenden Frachtpapiere“); BGH NStZ-RR 1998, 276 = StV 1999, 80; BGHSt 30, 131, 142; BGHSt 6, 128; vgl. aber auch Alsberg/Dallmeyer Rn. 208.

       [6]

      BGH Beschl. v. 2.10.2007 – 3 StR 373/07 = StV 2008, 59 = NStZ 2008, 109.

       [7]

      Vgl. BGH StV 1996, 581; Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rn. 25.

       [8]

      Vgl. BGH Urt. v. 17.7.2009 – 5 StR 394/08 (Rn. 12 ff., Benennung von ca. 170.000 Grundstückseigentümern als Zeugen; insoweit in BGHSt 54, 44, NJW 2009, 3173, StV 2009, 687 und NStZ 2009, 686 nicht abgedruckt).

       [9]

      Vgl. hierzu KK-Krehl § 244 Rn. 100 m.w.N.

       [10]

      KK-Herdegen 5. Aufl., § 244 Rn. 53; vgl. nunmehr KK-Krehl § 244 Rn 100.

       [11]

      LR-Becker § 244 Rn. 162; KK-Krehl § 244 Rn. 100.

       [12]

      KK-Krehl § 244 Rn. 100; Alsberg/Dallmeyer Rn. 214; LR-Becker § 244 Rn 178 und SK-StPO/Frister § 244 Rn. 95 sowie Eb. Schmidt Lehrkommentar zur StPO § 273 Rn. 7.

       [13]

      Vgl. zur Verpflichtung, überhaupt eine Entscheidung zu treffen: BGH Beschl. v.