Auch bei der Vollstreckungsabwehrklage darf bei der Zulässigkeit nichts Überflüssiges geprüft werden! Erforderlich ist immer die präzise Prüfung der Statthaftigkeit der Klage. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis sollten in der Regel ebenfalls – allerdings in unproblematischen Fällen ganz knapp – geprüft werden. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen werden nur dann erwähnt, wenn hier Probleme liegen[9].
§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › II. Zulässigkeit › 1. Statthaftigkeit
1. Statthaftigkeit
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Die Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO ist statthaft, wenn der Kläger behauptet, dass ihm materiell-rechtliche Einwendungen gegen den dem Titel zugrunde liegenden Anspruch zustehen.
§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › II. Zulässigkeit › 2. Abgrenzungsprobleme
a) Abgrenzung zur Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO)
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In einigen Fällen kann insbesondere die Abgrenzung zur Erinnerung nach § 766 ZPO problematisch sein. Bei der Erinnerung richten sich die Einwendungen des Schuldners (oder eines Dritten) nur gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung (Rn. 484 ff).
Beispiel 16 (Abgrenzung von Einwendung und Vollstreckungshindernis):
Gläubiger G verkauft Schuldner S ein Reitpferd für 10 000 Euro. S bezahlt nicht. G erwirkt gegen S einen Zug-um-Zug-Titel auf Zahlung der 10 000 Euro gegen Übereignung des Pferds. G beauftragt die Gerichtsvollzieherin mit der Vollstreckung.
a) | Die Gerichtsvollzieherin hat das Pferd beim Vollstreckungsakt nicht dabei. |
b) | S will das Pferd gar nicht mehr haben. Aber er zeigt der Gerichtsvollzieherin eine von S und G unterschriebene Vollstreckungsvereinbarung, nach der G erst in einem Monat mit der Vollstreckung beginnen darf. |
Die Gerichtsvollzieherin vollstreckt gleichwohl. Wie kann S sich dagegen wehren?
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In Beispiel 16a ist offensichtlich die Art und Weise der Zwangsvollstreckung betroffen, also die Erinnerung nach § 766 ZPO statthaft. Denn die Gerichtsvollzieherin missachtet die besondere Vollstreckungsvoraussetzung der Zug-um-Zug-Verurteilung nach §§ 756, 765 ZPO. Die Gerichtsvollzieherin darf hier nur vollstrecken, wenn sie die Gegenleistung (Pferd) bei der Vollstreckung anbietet.
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In Beispiel 16b hingegen ist die Frage nicht so eindeutig zu beantworten. Zwischen den Parteien liegt eine sog. Vollstreckungsvereinbarung (dazu auch Rn. 494) vor. Solche Vereinbarungen sind zulässig[10]. Teilweise wird davon ausgegangen, dass der Gerichtsvollzieher eine solche Vereinbarung von sich aus beachten muss und dass daher ein formeller Fehler vorliegt, wenn er es nicht tut. Nach dieser Auffassung ist die Erinnerung iSd. § 766 ZPO statthaft (Rn. 486 ff), wenn die Gerichtsvollzieherin weiter vollstreckt, obwohl ihr die Vereinbarung vorliegt[11].
Es sprechen jedoch bessere Gründe gegen die Einordnung als formeller Fehler. Denkt man an den Grundsatz des formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahrens, wird man die Befugnis des Gerichtsvollziehers, eine solche Vereinbarung zu beachten, eher ablehnen müssen. Denn es geht ja nicht um die bloße Wahrnehmung eines klaren und einfachen Tatbestands, sondern letztlich darum, ein unter Umständen recht kompliziertes Dokument rechtlich richtig einzuordnen. Zudem ist zu beachten, dass die Vereinbarung faktisch dem titulierten Anspruch nachträglich einen anderen Inhalt gibt (etwa durch die Stundung des Anspruchs) und daher der Anspruch selbst und nicht die Art und Weise der Vollstreckung betroffen ist. Daher sind solche Vereinbarungen in der Regel nicht auf einer formellen, sondern auf einer materiellen Ebene einzuordnen. S hat hier eine Einwendung gegen den Anspruch – dieser ist nämlich zurzeit gestundet – somit ist die Klage nach § 767 ZPO statthaft.
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Die Abgrenzung zu § 766 ZPO ist auch dann problematisch, wenn der Schuldner bei der Zug-um-Zug-Vollstreckung nach §§ 756, 765 ZPO die Mangelhaftigkeit der Zug-um-Zug angebotenen Gegenleistung rügt[12]. Im Grundsatz kann diesbezüglich davon ausgegangen werden, dass der Einwand der Mangelhaftigkeit ein materiell-rechtlicher Einwand ist, den das Vollstreckungsorgan ohnehin nicht prüfen kann (Formalisierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens) und deshalb auch nur mit der Klage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden kann. Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn die notwendige Beschaffenheit der Gegenleistung „ohne weiteres und eindeutig“ aus dem Titel zu entnehmen ist. In diesem Fall ist das Vollstreckungsorgan zur Prüfung berechtigt und verpflichtet.
b) Abgrenzung zur Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)
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Die Klauselgegenklage und die Vollstreckungsabwehrklage können ausnahmsweise einen ähnlichen Gegenstand haben oder sogar nebeneinander eingreifen.
Beispiel 17 (Einwendung und Rechtsnachfolge):
Kläger K hat einen Titel gegen Schuldner S in Höhe von 10 000 Euro erstritten. K tritt die titulierte Forderung an den Gläubiger G ab. G möchte den Titel auf sich umschreiben lassen und beantragt daher die Erteilung einer qualifizierten Klausel nach § 727 ZPO. Er beginnt die Vollstreckung gegen S. Nun macht S geltend, dass er die Forderung gleich nach Erlass des Titels, schon vor der Abtretung, in voller Höhe beglichen habe.
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Wenn der Schuldner sich in Beispiel 17 nur gegen die Erteilung der Klausel wenden will, kann er dies nach § 768 ZPO wirksam tun. Da die Forderung zur Zeit der Abtretung nicht mehr existierte, kam es nämlich nicht zur Rechtsnachfolge, die Voraussetzungen des § 727 ZPO fehlten, § 768 ZPO ist also statthaft.
Aber S kann sich auch mit der Vollstreckungsabwehrklage wehren. Denn er hat eine materiell-rechtliche Einwendung (§ 362 BGB) gegen die Forderung. Will S beide Arten von Einwendungen erheben, kann er die Klagen nach §§ 768, 767 ZPO in objektiver Klagenhäufung miteinander verbinden (§ 260 ZPO).
Hinweis:
Abstrakt beschrieben liegt die Abgrenzung der beiden Klagen darin, dass sich der Schuldner bei der Klauselgegenklage, anders als bei der Vollstreckungsabwehrklage, nicht dagegen wehrt, dass der Anspruch so besteht, wie es im Titel ausgesprochen ist. Er bestreitet vielmehr nur den Eintritt der Bedingung (§ 726 ZPO) oder der Rechtsnachfolge (§§ 727 ff ZPO).
c) Abgrenzung zur Abänderungsklage (§ 323 ZPO)
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Mit der Abänderungsklage wird die Rechtskraft des Titels aufgrund veränderter Umstände durchbrochen. Sie ist statthaft, wenn es um Veränderungen von typischerweise wandelbaren Verhältnissen geht. Diese müssen ein quantitatives Element haben[13]. Eine Überschneidung mit dem Anwendungsbereich der Vollstreckungsabwehrklage besteht nicht.
§ 5 Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) › II. Zulässigkeit › 3. Zuständigkeit