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Es kann vorkommen, dass der Verkäufer die Ware gar nicht bei sich hat, sondern ausgelagerte oder „rollende“, auf dem Antransport befindliche Ware verkauft hat. Denkbar ist auch, dass die verkaufte Ware direkt vom Lieferanten des Verkäufers an den Käufer verschickt werden soll.
Beispiel
V mit Geschäftssitz in Köln soll die Ware dem K nach Berlin (Ablieferungsort) versenden. Die Ware befindet sich im Lager des V in Kassel und wird von dort direkt per Kurier nach Berlin geschickt.
Wenn sich der Käufer mit einer Versendung von einem anderen Ort als dem Sitz des Verkäufers aus (Vereinbarung etwa: „Lieferung ab Lager Kassel“) einverstanden erklärt hat, haben die Parteien den Absendeort einvernehmlich festgelegt und damit einen speziellen Leistungsort i.S.d. § 269 Abs. 1 bestimmt. Die Gefahr geht dann bei Übergabe der Ware an die Transportperson am betreffenden Ort auf den Käufer über. In diesen Fällen fallen Absendeort und Leistungsort in Wahrheit gar nicht auseinander.
Hinweis
Denken Sie immer daran, dass sich der Leistungsort nach § 269 nur „im Zweifel“ am Sitz des Schuldners befindet. Er kann bei abweichender Festlegung auch ganz woanders liegen!
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Kommt § 447 aber auch dann zur Anwendung, wenn die Versendung von einem anderen Ort als dem Leistungsort erfolgt? Im Beispiel liegt dieser Fall vor, wenn K keine Kenntnis vom Lagerort der Ware hatte und nach der Vereinbarung davon ausgehen konnte, die Lieferung erfolge ab dem Sitz des Verkäufers in Köln.
Die h.M. hält § 447 nur für anwendbar, wenn der Leistungsort Ausgangspunkt der Versendung ist. Sie argumentiert, anderenfalls liege in der Versendung gerade keine dem Käufer ersparte Wegstrecke (= Abholung der Sache am Leistungsort) vor.[35] Schließlich hätte der Verkäufer ohne Versendungsvereinbarung die Ware ohnehin zu sich verschaffen müssen. Es erscheint unbillig, das Transportrisiko wegen des Versendungsverlangens nun vollständig auf den Käufer abwälzen zu können. Andere vertreten demgegenüber, § 447 müsse auch in diesen Fällen anwendbar sein, solange nur die Transportgefahr durch die Verschiedenheit von Leistungs- und Absendeort nicht erhöht werde.[36]
JURIQ-Klausurtipp
Beide Ansichten sind gut vertretbar. Für die Auffassung der h.M. spricht, dass sie den Anwendungsbereich des § 447 klarer eingrenzt und dass der Verkäufer den Leistungsort nicht eigenmächtig verlegen kann. Die Gegenauffassung muss sich vorhalten lassen, dass sie mit dem Kriterium der „Gefahrerhöhung“ keine verlässliche Eingrenzung des § 447 erreichen kann.
ee) Auslieferung an Transportperson
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Nach § 447 geht die Gefahr in dem Moment auf den Käufer über, in dem der Verkäufer „die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat.“
Eine „Auslieferung“ i.S.d. § 447 liegt in dem Moment vor, in dem der Verkäufer alles getan hat, um den erfolgreichen Transport an die Versandadresse zu bewirken:[37] Übergabe der ordnungsgemäß verpackten Ware an den Transporteur, Kennzeichnung der Versandadresse, Zahlung des Beförderungsentgelts, etc.
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Umstritten ist, ob auch eigene Mitarbeiter des Verkäufers bzw. dieser selber Transportperson i.S.d. § 447 sein kann. Dies hätte zur Folge, dass im Versendungskauf auch der eigene Transport mit Mitteln des Verkäufers den frühen Gefahrübergang nach § 447 herbeiführt.
Beispiel
Winzer W hat dem K 10 Kisten Riesling verkauft. K bittet ihn, den Wein an seinen Wohnort zu übersenden. W hat etliche Kunden zu beliefern, die in der Nähe des K wohnen. Er beauftragt deshalb seinen Angestellten A damit, den Transport durchzuführen. Die gesamte Ware geht infolge eines von A nicht verschuldeten Verkehrsunfalls unter. Der Unfallverursacher bleibt unbekannt. Muss K den vereinbarten Kaufpreis entrichten, obwohl er den Wein nicht erhält?
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Im Beispiel ist nun entscheidend, ob der Angestellte A eine „sonst zur Versendung bestimmte Person“ im Sinne des § 477 Abs. 1 ist: Dafür spricht auf den ersten Blick der Wortlaut der Norm, die keinerlei Einschränkung erhält. Zweifel ergeben sich allenfalls aus dem Zusammenhang mit den beispielhaft genannten Transportpersonen. Denn Spediteur und Frachtführer sind gegenüber dem Verkäufer eigenverantwortliche, selbstständige Dritte.
Die wohl h.M. wendet § 447 auf den Transport durch eigene Leute und sogar auch auf den Transport durch den Verkäufer persönlich an.[38] Der Verkäufer verdiene das mit dem frühen Gefahrübergang verbundene Privileg auch dann, wenn er den Versand selber übernehme. Schließlich dürfe er wegen seiner freiwilligen und häufig auch sicheren Vorgehensweise nicht benachteiligt werden. Außerdem bestehe kein wesentlicher Wertungsunterschied, da in allen Fällen entscheidend sei, dass der Verkäufer dem Käufer entgegenkomme und ihm die Abholung der Sache erspare.
Die Gegenansicht beruft sich auf den Wortlaut und darauf, die Rechtfertigung für den frühen Gefahrübergang sei vor allem in der Tatsache zu sehen, dass der Transport außerhalb des Herrschaftsbereichs des Verkäufers erfolge. Führe der Verkäufer den Transport selbst oder mit eigenen Leuten durch, sei die Sache aber weiterhin in seiner Obhut und seinem Herrschaftsbereich, so dass er des Schutzes durch § 447 nicht bedürfe.[39]
Je nachdem, welcher Ansicht man sich anschließt, hat W im Beispiel den Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen K gem. § 326 Abs. 1 S. 1 verloren oder nicht.
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Folgt man der h.M. muss man beim Transport durch eigene Leute großes Augenmerk auf die Frage richten, ob der Untergang/Verschlechterung wirklich „zufällig“, also vom Verkäufer nicht zu vertreten ist. Nehmen wir einmal an, im vorigen Beispiel sei der Unfall vom A verschuldet worden. Einer Zurechnung seines Verschuldens nach § 278 könnte entgegenstehen, dass der Verkäufer (W) zum Transport bei vereinbarter Schickschuld ja nicht verpflichtet ist und der A deshalb nicht „zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit“ i.S.d. § 278 tätig wird.
Doch ist allgemein anerkannt, dass § 278 auch dann Anwendung findet, wenn der Schuldner Dritte willentlich bei der Wahrung seiner Rücksichtspflichten i.S.d. § 241 Abs. 2 einschaltet.[40] Indem der Verkäufer sich für den Transport „auf eigene Faust“ entscheidet, erhält er ja keinen Freibrief, mit der verkauften Sache rücksichtslos verfahren zu können. Im Hinblick auf das Erfüllungsinteresse seines Käufers schuldet er gem. § 241 Abs. 2 jedes zumutbare Verhalten, das vorhersehbaren Gefahren für die von ihm transportierte Ware vermeidet. Aufgrund der selbst gewählten Obhut über die Sache auf dem Transportweg, ist der Verkäufer stärkeren Rücksichtspflichten ausgesetzt als im Fall des Transports durch fremde Personen, wo ihm Einwirkungsmöglichkeiten während des Transports fehlen. Wird die Pflicht zur Gefahrvermeidung durch einen Mitarbeiter auf dem Transport schuldhaft verletzt, muss V sich dies nach § 278 zurechnen lassen. Kommt es infolge des Verschuldens zu einem Untergang/einer Verschlechterung der Sache, liegt kein Zufall i.S.d. § 447 vor.[41]
Hinweis
Im Fall des Transports durch fremde Personen kommt eine dem Verkäufer nach § 278 zurechenbare Rücksichtspflichtverletzung während des Transports nicht in Betracht. § 278 ist zum einen deshalb nicht anwendbar, weil der Transporteur nicht im Leistungspflichtenkreis des Schuldners tätig wird (s.o.). Zum anderen schuldet der Verkäufer während des Transports durch fremde Personen mangels eigener Beteiligung kein besonderes Verhalten im Umgang mit der Sache. Auch insoweit können fremde Transportpersonen also keine Erfüllungsgehilfen des Verkäufers