Da eine solche Bestimmung vom wesentlichen Grundgedanken des § 276 Abs. 1 abweicht, nach dem der Schuldner grundsätzlich nur Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat, stellt eine solche Klausel regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 dar.[3] Für die Verwendung der Klausel gegenüber einem Verbraucher gilt dies ausnahmslos. Bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer gilt dies im Prinzip ebenfalls, wobei hier Ausnahmen aufgrund besonders günstiger, die strenge Haftung ausgleichender Gesamtkonditionen in Betracht kommen.[4]
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IV. „Sonstiger Inhalt des Schuldverhältnisses“
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Schließlich kann sich nach § 276 Abs. 1 S. 1 eine verschuldensunabhängige Haftung auch aus dem „sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses“ ergeben. Beispielhaft nennt die Vorschrift die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos.
1. Garantieübernahme
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Bei der Garantie macht der Schuldner deutlich, in besonderer Weise für einen bestimmten Erfolg „mit seinem Namen“ einstehen zu wollen. In diesem Zusammenhang kommen insbesondere Eigenschaftszusicherungen in Betracht, bei denen ein Vertragspartner, z.B. der Verkäufer, für bestimmte Vorzüge des Leistungsgegenstandes wirbt.[5]
Eine Zusicherung im Sinn einer Garantie liegt vor, wenn der Verkäufer vertraglich die Gewähr für das Vorhandensein einer Beschaffenheit übernimmt und dabei seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit uneingeschränkt einstehen zu wollen.[6]
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Eine besondere Form sieht das Gesetz für die Garantieübernahme als solche nicht vor.
Beispiel
V verkauft dem K einen gebrauchten Pkw und teilt dem K mit, der Wagen habe „keine Unfallschäden“.
Die Frage, ob die Angabe „keine Unfallschäden“ lediglich als Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 S. 1) oder aber als Beschaffenheitsgarantie i.S.d. § 443 Abs. 1 zu werten ist, ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 zu entscheiden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass an eine Garantie einschneidende Rechtsfolgen geknüpft sind, wie sich aus der Haftungsverschärfung nach den Regeln der §§ 276 Abs. 1, 442 Abs. 1 S. 2 Var. 2, 444 Hs. 2 Var. 2 ergibt.
Handelt es sich bei dem Verkäufer um einen Gebrauchtwagenhändler, so ist die Interessenlage typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass der Käufer sich auf die besondere, ihm in aller Regel fehlende, Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt. Er wird daher zumindest bei Angaben auf seine ausdrückliche Nachfrage erkennbar darauf vertrauen, dass der Händler sich für seine Angaben zur Beschaffenheit des Fahrzeuges „stark macht", diese mithin „garantiert“.[7] Anders liegt es dann, wenn der Händler für die von ihm angegebenen Beschaffenheiten eine hinreichend deutliche Einschränkung zum Ausdruck bringt, indem er etwa darauf hinweist, dass er die Angaben nicht überprüft hat[8] (z.B. „laut Vorbesitzer keine Unfällschäden“[9]).
Auf den Kauf direkt vom Privatmann trifft die für den gewerblichen Verkauf maßgebliche Erwägung, dass der Käufer sich in der Regel auf die besondere Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt und in dessen Erklärungen daher die konkludente Übernahme einer Garantie sieht, nicht zu.[10] Insbesondere bei Angaben über technische Beschaffenheiten kann der Käufer beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs nicht davon ausgehen, der Verkäufer wolle für die Richtigkeit dieser Angabe unter allen Umständen einstehen und gegebenenfalls auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haften. Will der Käufer beim Gebrauchtwagenkauf unter Privatpersonen eine Garantie für Beschaffenheiten (z.B. Laufleistung, Unfallfreiheit) des Fahrzeugs haben, muss er sich diese regelmäßig ausdrücklich von dem Verkäufer geben lassen.[11] Von einer stillschweigenden Garantieübernahme kann beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs daher nur ausnahmsweise bei besonderen Umständen ausgegangen werden.
2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos
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Ferner kann es sein, dass ein Vertragspartner im Vertrag ein besonderes Beschaffungsrisiko übernommen hat.
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Regelmäßig ist mit der Vereinbarung einer Gattungsschuld, die nicht auf einen bestimmten Vorrat beschränkt wird, aus Sicht des Käufers zugleich die Übernahme des Risikos für die typischen Beschaffungshindernisse verbunden.[12] Schließlich erklärt der Lieferant mit dem Versprechen einer solchen Leistung konkludent, er könne die Ware beschaffen. Dies gilt umso mehr, wenn der Lieferant zugleich Hersteller der Ware ist. Wenn der Verkäufer das Beschaffungsrisiko nicht übernehmen will, muss er dies zum Ausdruck bringen. Dem dient die häufig verwendete Klausel „Selbstbelieferung vorbehalten“.
Hinweis
Nach überwiegender Ansicht bezieht sich dieses Beschaffungsrisiko nur auf das Risiko, die Leistung überhaupt und rechtzeitig erfüllen zu können. Für das Risiko einer Schlechtleistung ist hingegen nur bei einer zusätzlichen Beschaffenheitsgarantie verschuldensunabhängig einzustehen.[13]
Beispiel 1
Händler H importiert Ware aus Fernost. Am 1.3. verkauft er dem Einzelhändler K 5000 Fußbälle, die am 1.6. ausgeliefert werden sollen. Nun erfährt der H, dass sein chinesischer Lieferant die Produktion der Fußbälle eingestellt hat und er sich um einen neuen Lieferanten bemühen muss. Er wird erst am 30.4. mit einem anderen Lieferanten handelseinig, so dass sich der Auslieferungstermin um 1 Monat verschiebt. Die Leistungsverzögerung hat H zu vertreten, da er das Beschaffungsrisiko übernommen hat und Ausfälle einzelner Lieferanten zum typischen Risiko einer marktbezogenen Gattungsschuld gehören.
Beispiel 2
Anders läge es, wenn sich erst nach Vertragsschluss herausstellt, dass die Ausstattung der verkauften Fußbälle inländische Schutzrechte Dritter verletzt und die Fußbälle deshalb weder importiert noch in Deutschland weiter vertrieben werden dürfen.[14] Denn schließlich gehört die fehlende Vertriebsmöglichkeit der Fußbälle nicht zum Beschaffungsrisiko, sondern zum Risiko der Rechtsmängelfreiheit, die H nicht garantiert hat. Die Fußbälle hätten auch bei rechtzeitiger Beschaffung nicht vertrieben werden dürfen. Hier haftet H nur bei schuldhafter Unkenntnis.
Anmerkungen
Knütel NJW 1993, 900 f.
BGH